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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny
Autoren: Alexandre Dumas
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Stadthause bist du mir unnütz, Weber«, sagte die Königin; »aber anderswo kannst du mir sehr nützlich sein. In den Tuilerien, lieber Weber, in den Tuilerien! Dort erwartet uns niemand, und wenn du uns nicht vorauseilst, finden wir weder ein Bett, noch ein Zimmer, noch ein Stück Brot.«
    »Das ist eine vortreffliche Idee, Madame«, sagte der König.
    Marie Antoinette hatte deutsch gesprochen; der König, der wohl deutsch verstand, aber nicht sprach, antwortete in englischer Sprache.
    Das Volk hörte wohl die instinktmäßig verabscheute Sprache, aber verstand sie nicht. Am den Wagen entstand ein lautes Murren, das in Gebrüll auszuarten drohte, als sich das Truppenkarree vor dem Wagen der Königin öffnete und hinter demselben wieder schloß.
    Bailly erwartete den König und die Königin am Fuße eines in der Eile errichteten Throns. Er richtete einige Worte an sie, und der König antwortete ihm mit den Worten: »Ich kehre immer mit Freude und Vertrauen zu den Bewohnern meiner guten Stadt Paris zurück.«
    Dann nahm das Königspaar auf dem in Eile hergerichteten Thron Platz, um die Anreden der Stadtverordneten zu hören.
    Weber besichtigte unterdessen die Gemächer in den Tuilerien und wählte die von der Gräfin von Lamark bewohnten Appartements.
    Gegen zehn hörte man den Wagen Ihrer Majestäten vorfahren.
    Alles war zum Empfange bereit, und Weber eilte dem hohen Herrscherpaare entgegen.
    Der König, die Königin, Madame Royale, der Dauphin, Madame Elisabeth und Andrea traten ein.
    Der König sah sich unruhig nach allen Seiten um, als er aber in den Salon trat, bemerkte er durch eine halb offene Tür das in der Galerie aufgetragene Souper.
    »Ah! Weber weiß immer Rat zu schaffen«, sagte er freudig überrascht. »Madame, sagen Sie ihm, daß ich sehr zufrieden mit ihm bin.«
    Sobald die Kinder gegessen hatten, bat Marie Antoinette den König, sich in ihr Zimmer begeben zu dürfen.
    »Sehr gern, Madame,« sagte der König, »denn Sie müssen ermüdet sein ...«
    Die Königin verließ, ohne zu antworten, mit ihren beiden Kindern den Speisesaal. Als sie in ihrem Zimmer war, atmete sie befreit auf. Keine ihrer Frauen war ihr gefolgt; sie sah sich nach einem Sofa oder einem großen Armsessel um, denn sie wollte die beiden Kinder in ihr Bett legen. Der kleine Dauphin schlief schon. Kaum hatte der arme Knabe seinen Hunger gestillt, war er eingeschlafen.
    Madame Royale war noch wach, und wenn es hätte sein müssen, würde sie die ganze Nacht nicht geschlafen haben.
    Die Königin trat an eine Tür; sie wollte öffnen, aber ein leises Geräusch im Nebenzimmer hielt sie zurück; sie horchte und hörte einen Seufzer; sie sah durch das Schlüsselloch die Gräfin von Charny, die auf einer Fußbank kniete und betete.
    Dieser Tür gegenüber war eine andere. Die Königin öffnete sie, und befand sich in einem behaglich warmen und von einer Nachtlampe beleuchteten Zimmer. Zu ihrer freudigen Überraschung bemerkte sie zwei schneeweiße, frisch überzogene Betten; hier legte sie ihre beiden Kinder schlafen und ging in ihr Zimmer zurück.
    Vier Wachskerzen brannten auf dem Tische, der mit einem roten Teppich belegt war.
    Die Königin starrte vor sich nieder und ihr Blick faßte nichts als den roten Teppich zu ihren Füßen.
    Zwei- oder dreimal schüttelte sie gedankenlos den Kopf. Der blutige Widerschein der Lichter machte einen seltsamen Eindruck auf sie; es war ihr, als ob sich ihre Augen mit Blut füllten; ihre Schläfe pochten fieberisch.
    Alle Ereignisse ihres Lebens zogen wie Nebelbilder vor ihrem geistigen Auge vorüber.
    Sie erinnerte sich plötzlich, daß sie einmal das Haus des Barons von Faverney besucht und daselbst den berüchtigten Cagliostro, der einen so furchtbaren Einfluß auf ihr Geschick gehabt, zum ersten Male gesehen hatte. Der Unhold hatte ihr auf ihr Bitten etwas Ungeheuerliches in einer Flasche gezeigt, eine Todesmaschine, die man noch nie gesehen hatte, und am Fuße dieser Maschine ein vom Rumpfe getrenntes Haupt, das kein anderes war, als das ihrige ... Vor ihren Augen sah sie einen roten Nebel aufsteigen.
    Erstaunt bemerkte die Königin, daß es in dem Zimmer dunkler zu werden begann, sie blickte zu dem vierarmigen Kandelaber auf. Eine der vier Wachskerzen war ohne eine äußere Veranlassung erloschen.
    Sie erschrak. Die Kerze rauchte noch, und dieses Erlöschen ließ sich durch nichts erklären.
    Während sie den Kandelaber anstarrte, schien es ihr, als ob die der erloschenen zunächst befindliche
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