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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06
Autoren: Douglass Sara
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schreckliche Weise dahinsiechte.
Warum ließen die Götter ihn nicht sterben? Warum
nicht?
    Tiefste, schwärzeste Nacht herrschte. Die dichten Wolken verbargen die silberne Scheibe des Mondes, der hoch
oben über den Himmel zog. Im Lager war längst Ruhe
eingekehrt. Gelegentlich stampfte ein Pferd. Hier und da
unterhielten sich leise die letzten Unentwegten. Wächter
lachten miteinander, und irgendwo klirrte Eisen an Eisen.
    Dann war es ruhig und Belial konnte kaum noch die
Augen offenhalten. Plötzlich schnaubte ein Roß und wieherte. Der Leutnant wollte schon aufspringen, als es wieder still wurde. Draußen setzte leichter Schneefall ein,
und der Offizier wickelte sich fester in seinen Umhang.
Jetzt das Zelt zu verlassen und sich eine Decke zu besorgen, dazu fühlte er sich viel zu müde.
    Im Zelt herrschte ebenfalls Ruhe. Belial hoffte, daß es
Axis irgendwie gelungen sein würde, seinem Leiden
durch Schlaf oder Ohnmacht zu entfliehen.
    Er wurde wieder aus seinem Schlummer geweckt, als
etwas Weiches über seine Hand strich.
Der Leutnant schüttelte sie schlaftrunken, aber das
Weiche berührte sie weiter, und so öffnete er unwillig die
Augen.
Auf seinem Handrücken lag eine Mondwildblume,
festgehalten von einer Schneeflocke.
Belial blinzelte, weil er glaubte, noch zu träumen, aber
die Blüte verschwand nicht. Verwirrt nahm er sie in die
Hand und sog ihren Duft ein. Die Blume besaß einen
eigenartigen Duft, und in seinem Kopf drehte sich alles.
Draußen bellte ein Hund, beruhigte sich aber bald
wieder.
Einen Moment später richtete sich der Leutnant auf.
Sie hielten im Lager keine Hunde. Hatte etwa ein Streuner seinen Weg zu ihnen gefunden, ein bedauernswertes
Wesen, das das Eis von Aldeni irgendwie überlebt hatte?
Er schaute aus dem Zelt und fragte sich, ob er nachsehen
solle … und eine rauhe Zunge leckte über seine Wange.
»Was zum …« entfuhr es ihm, und schon fiel er auf
den Rücken, weil der Riesenhund ihn einfach umwarf
und ihm dann freudig mit seiner Zunge über das ganze
Gesicht fuhr.
Sicarius!
»Bei der Mutter!« rief der Leutnant, und vor Erleichterung kamen ihm die Tränen. »Aschure!«
»Gut geraten«, lachte die junge Frau, und der Offizier
sprang auf seine Füße. Die Zauberin stand auf der anderen Seite des Feuers, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und ihre Gesichtszüge wurden weich, als sie ihn
betrachtete.
Belial blickte sie gebannt an. Er hatte die junge Frau
immer für außerordentlich schön gehalten, doch nun erschien sie ihm noch bezaubernder als je zuvor. Der Offizier erinnerte sich daran, wie sie in Sigholt eingetroffen
war und er ihr vom Pferd geholfen hatte. Damals schon
hatte er sie als starke Persönlichkeit empfunden. Doch
heute ging eine Aura von reiner Macht und Größe von ihr
aus.
Ohne sich lange zu besinnen, kam Belial aus dem Zelt,
lief um das Feuer herum und nahm sie in die Arme.
Aschure erwiderte seine Umarmung, spürte seinen tiefen Kummer und erinnerte sich, wie es ihr bei früheren
Gelegenheiten geholfen hatte, von ihm festgehalten und
getröstet zu werden. »Ganz ruhig«, murmelte darum die
junge Frau und strich ihm wie einem Kind über das Haar
und küßte ihn auf die Wange. »Jetzt bin ich ja hier. Alles
kommt wieder in Ordnung.«
»Ach, Aschure«, stammelte er. »Aschure …« Und
konnte seinen Tränen keinen Einhalt gebieten.
Lange standen sie so da. Die Zauberergöttin wiegte ihn
in den Armen, damit er sich wieder faßte. Bald kamen
auch ihr die Tränen, denn wenn der Leutnant schon so
furchtbar verzweifelt war, wagte sie sich gar nicht vorzustellen, wie schlimm es um ihren Liebsten stehen mußte.
Schließlich sah sie ihn an. »Berichtet mir alles.«
Und langsam, aber stetig brach alles aus ihm heraus.
Aschure hielt ihn die ganze Zeit über fest. Auch wenn
ihre Augen und ihre Miene nach außen hin ruhig blieben,
spürte er doch am festen Druck ihrer Hände, wie sehr
sein Bericht sie entsetzte. Als er alles gesagt hatte, drückte sie ihn wieder an sich, streichelte zart seine Wange
und starrte auf einen Lichtschimmer in der Ferne.
»Ich danke Euch, Belial«, flüsterte sie, »für alles, was
Ihr für ihn getan habt.«
»Aschure, könnt Ihr ihm helfen, den Tod zu finden?
Liebt Ihr ihn genug, um das für ihn zu tun?«
»Ich liebe ihn noch viel mehr. Und ich werde tun, was
ich tun muß.«
    Axis lag reglos in seiner immerwährenden Nacht und
wunderte sich darüber, daß der Schmerz ihm ein so stetiger und treuer
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