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Die goldene Galeere

Die goldene Galeere

Titel: Die goldene Galeere
Autoren: Ernst Vlcek
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aber nach diesem tiefen Fall stand sie fest auf ihren Beinen.
    Wenn du einen Feind nicht schlagen kannst, verbünde dich mit ihm! Von wem stammten diese Worte? Von Hauptmann Zohmer Felzt, der sie in hündischer Ergebenheit angebetet hatte und seine Seele für einen sechs Jahre dauernden Sinnenrausch an ihrer Seite gegeben hätte? Schon möglich. Er hatte jedenfalls danach gehandelt, als er sich mit den Caer verbündete, um sie für sich zu haben. Sie hatte ihn mit einem tödlichen Schwertstreich dafür belohnt.
    Jetzt wäre ihr einer wie Felzt gelegen gekommen, um ihn auf Mythor zu hetzen. Wie sie Mythor nur hasste! Er konnte nicht der sein, für den sie ihn gehalten hatte. Mythors Handlungsweise war eines Sohnes des Kometen unwürdig.
    Der Sturm und die Gischt hatten eine kühlende Wirkung. Sie vertrieben die Hitze aus ihrem Kopf, und ein Gedanke schlich sich in ihren Geist, den sie schnell wieder von sich wies. Sie redete sich ein, dass sie nicht wankelmütig werden durfte. Was Mythor getan hatte, war unverzeihlich. Diese Schmach durfte sie nicht auf sich sitzen lassen. Ihm gehörte ihr ganzer Hass. Er musste für seinen Verrat bezahlen.
    Nyala sah eine Wasserwand geradewegs auf sich zukommen. Der rollende Wasserberg war fast so hoch wie der Schiffsmast. Im nächsten Moment war die Flutwelle heran, erschütterte das Schiff und schwemmte sie mit sich fort. Sie rang vergeblich nach Luft und schluckte Wasser. Ihre Hände fanden keinen Halt.
    Da griff ein starker Arm nach ihr und hielt sie fest. Als die Wassermassen zurückfluteten, erkannte sie in ihrem Retter einen der Seelenlosen. Sie wollte schreien, doch dann merkte sie, dass von ihrem unheimlichen Retter nichts Unheilvolles ausging. Sie empfand es fast als beruhigend, dass er sie am Arm festhielt. Der seltsame Recke hatte für sie auf einmal etwas Beruhigendes an sich.
    Sie spürte, wie durch ihn ein Ruck ging und er sie mit sich sicher über die Schiffsplanken führte, wie diese auch wankten und erschüttert wurden. Das Heulen des Sturmes übertönte gnädigerweise alle von ihm ausgehenden Geräusche. Er war ein stummer und sicherer Lotse durch die tobenden Elemente.
    Und da stand Prinz Nigomir. Breitbeinig und mit flatternder Mähne. Er hielt die beiden Flügelklappen offen und gab so den Zugang in den Bauch des Schiffes frei. Dabei hatte er das Gesicht abgewandt.
    Nyala wehrte sich in plötzlich aufkeimender Angst gegen den Griff ihres Führers, und der Seelenlose folgte sofort ihrem Zug und hielt an. Wie konnte der Sklave einer dämonischen Macht nur so einfühlsam sein und auf ihre leiseste Regung eingehen?
    Das nahm ihr die Angst vor dem, was im Schiffsbauch auf sie wartete. Sie ließ sich ohne Widerstreben zu der Öffnung geleiten und stieg dann aus eigener Kraft die Leiter hinab.
    Sie war nun fest entschlossen und voller Rachepläne gegen Mythor.
    Wenn du einen Gegner nicht bezwingen kannst, verbünde dich mit seinem Feind!
    *
    Mythor konnte sich nicht erklären, woher die Müdigkeit kam, die seinen Kopf so schwer machte, dass er ihn schließlich nicht mehr halten konnte. Wie im Traum verfolgten ihn die ganze Zeit über wildes Sturmgeheul und Meeresrauschen, und die schwankenden Bewegungen seiner Umgebung hielten ihn in einem Dämmerzustand, in dem ihm alles wie zwischen Traum und Wirklichkeit erschien.
    Als das Toben sich legte, schreckte er aus diesem unnatürlichen Schlummer hoch.
    Tageslicht fiel durch das Bullauge. Herzog Krude lag wie tot da, und von ihm ging die Kälte eines Eisbergs aus. Mythor fühlte sich selbst wie zu Eis erstarrt.
    Nyala!
    Der Gedanke an sie ließ ihn aufspringen. Mit einem einzigen Blick stellte er fest, dass die beiden oberen Kojen leer waren.
    »Nyala!«
    Mit ihrem Namen auf den Lippen stürzte er aus der Kajüte. Er machte einige Schritte auf Deck, bevor er stehenblieb. Zuallererst fiel ihm die unheimliche Stille auf. Prinz Nigomirs sechs Mannen waren über das ganze Schiff verstreut und zu bewegungslosen Statuen erstarrt. Nigomir selbst war nicht zu sehen.
    Die See war ruhig; von ferne war das Kreischen eines weißen Vogels zu hören, der majestätisch seine Kreise zog. Und dort war Land. Keine vier Steinwürfe an Steuerbord erstreckte sich eine flache Landzunge in die See, und dahinter erhob sich ein Streifen Grün.
    Endlich am Ziel. Sie waren gerettet!
    »Nyala!«
    Der Ruf verhallte wirkungslos. Die Seelenlosen standen stumm und reglos. Mythor fasste die Klappe ins Auge, die über den Zugang zum Laderaum geschlossen
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