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Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Glut des Bösen: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Anette Huesmann
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Aprilgewitter der vergangenen Nacht hatte dieFluten der Nahe aufgewühlt. Braune Wassermassen wälzten sich in den klar wirkenden Rhein und hinterließen dort ein wolkiges Muster, das an einen stürmischen Herbsthimmel erinnerte.
    Emma fröstelte. Der Anblick von so viel Wasser machte sie nervös. Sie näherte sich der verzogenen Holztür des Torhauses am nördlichsten Punkt des Klosters. Der Eingang befand sich in einem im Vergleich zum Rest der Anlage niedrigen Gebäude. Ein uniformierter Beamter mit spitz aufgezwirbeltem Schnurrbart und verschränkten Armen stand davor und musterte sie schweigend. Emma machte ein paar Fotos und ging dann weiter auf einen schmalen Spazierweg, der an einer kleinen Kapelle vorbei unterhalb der östlichen Klostermauer verlief.

2. Kapitel
     
     
    Einige von ihnen verkehren gern und in menschlicher Weise mit den Frauen, weil sie kräftige Gefäße und heftig brennendes Mark besitzen. Trotzdem hassen sie die Frauen.
     
    »
Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum. Benedicta tu in mulieribus, et benedictus fructus ventris tui, Jesus.
«
    Schwester Lioba sprach das Gebet halblaut, so hatte sie das Gefühl, Gott könne ihre Worte genauso hören wie sie selber.
    Trotzdem fiel es ihr diesmal schwer, mit den Gedanken dabei zu bleiben. Sie war erst gestern in ihr neues Amt als Äbtissin eingesetzt worden. Und schon heute wurde ihr eine schwere Bürde auferlegt.
    Wie hätte ihre Vorgängerin gehandelt, Hildegard von Bingen? Sie war noch einige Jahre jünger gewesen, als sie die Leitung ihres Konvents übernahm. In ihrem 39. Lebensjahr war Hildegards Lehrerin und Mentorin, Jutta von Sponheim, gestorben. Im selben Jahr, 1136, wurde sie zur Magistra gewählt. Das allein war schon eine schwere Aufgabe. Damals wie heute.
    Doch Schwester Lioba musste nun, nur einen Tag nach ihrer Weihe, mit dem Tod einer Freundin fertig werden, die sie in ihrem eigenen Kloster ermordet aufgefunden hatte.
    Ein leises Klopfen unterbrach ihre Gedanken. Schwester Lioba beendete den Rosenkranz.
    »
O clemens, o pia, o dulcis Virgo Maria.
«
    Ihre Knie schmerzten, als sie sich von ihrer schmalen Gebetbank hochdrückte. Ob Hildegard von Bingen sich auch so alt gefühlt hatte, als sie zur Oberin gewählt worden war? Kaum denkbar. Sie hatte erst Jahre später begonnen, ihre berühmten Werke zu schreiben.
    »Ehrwürdige Mutter, ich bedaure es sehr, Sie stören zu müssen, aber Kommissar Grieser möchte Sie sprechen.«
    Schwester Beatrix blieb neben der Tür stehen. Ihr Schleier saß leicht schief, und ihre Stirn war in sorgenvolle Falten gelegt. Schwester Lioba fuhr mit beiden Händen über ihr Habit und vergewisserte sich, dass sie dem Polizisten in Würde gegenübertreten konnte. Dann nickte sie Schwester Beatrix zu.
    Schwester Lioba trat an ihren Schreibtisch, den sie von ihrer Vorgängerin übernommen hatte. Es war ein schweres Stück mit Metallfüßen und dunkel beschichteter Holzfaserplatte. Sie setzte sich auf den noch ungewohnten Platz dahinter.
    Schwester Beatrix führte den Kommissar herein und ließ sie mit einem Nicken allein. Schwester Lioba blickte ihm ruhig entgegen. Grieser hatte sich ihr vor zehn Minuten als Kriminalhauptkommissar von der Zentralen Kriminalinspektion der Kripo Mainz vorgestellt. Er war vielleicht Anfang dreißig, mit dunklen Haaren, moderner Kurzhaarfrisur und einem angenehmen Gesicht. Er hielt ein schwarzes Notizbuch in seinen Händen und wirkte sehr entschieden. Eigentlich hatte sie sich den ersten Besucher, den sie im Arbeitszimmer der Äbtissin empfangen würde, anders vorgestellt.
    »Es tut mir leid wegen vorhin«, begann er. Der Kommissarwirkte bekümmert. Schwester Lioba lächelte beruhigend. Früher begegneten die Menschen dem Habit mit Ehrfurcht, heute ließen sich viele davon verunsichern.
    »Sie konnten ja nicht wissen, dass ich Miriam Schürmann gut gekannt habe«, erwiderte sie.
    Grieser setzte sich auf den Besucherstuhl ihr gegenüber und startete erneut das Aufnahmegerät. Der Fund heute Morgen in der Kirche hatte Schwester Lioba sehr erschüttert. Fast wäre sie in Tränen ausgebrochen, als sie die Tote identifizieren musste. Als dann der Kommissar in ihrem Büro aufgetaucht war, um weitere Einzelheiten zu erfahren, da kämpfte sie sehr um ihre Fassung. Er hatte ihr eine Pause gegönnt, damit sie sich wieder fangen konnte. Sie fragte sich, ob er anderen Zeugen auch diese Besorgnis angedeihen ließ.
    »Wir sind vor zwanzig Jahren in dieselbe Klasse gegangen«, fuhr sie
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