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Die Glasfresser

Titel: Die Glasfresser
Autoren: Giorgio Vasta
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1978, der Augenblick, in dem es endgültig endet, erreicht wird, weiß ich: Was nun bleibt, ist das Gefühl von Schmerz.
    Wie ein Nachttier nähere ich mich dem Körper des kreolischen Mädchens, gebe dabei acht, dass ich mir das Blut nicht von den Fingern wische.
    Der Fußboden unter den Handflächen ist kühl.
    Der Körper des kreolischen Mädchens ist still. Das Weiße in den Augen ist nicht mehr da. Sie ist eingeschlafen. Das Weiße, das Licht ihres Körpers, die Tiefe der Organe. Der Atem. Die kreolische Haut. Das Wort kreolisch, das schaffen und nähren bedeutet. Das Wort, das die Stille schafft, das sie nährt.
    Ich nähere mich und beuge mich über sie.
    Die Schulter, die Aushöhlung am Hals. Der Unterarm, die Hand im Schoß - auf dem Handrücken der kleine helle Fleck. Und die Hand halb geöffnet. Auf dem kleinen Ballen, unter dem Daumen, ein weiterer Fleck: dunkel, Blut, von dem sie nichts weiß; auf dem Fußboden die Scherben der Kugel aus Glas.
    Ich bin jetzt einen Millimeter von ihrer Hand entfernt: In diesem Spalt zwischen meiner Wahrnehmung und ihrer Existenz konzentriere ich die Vorstellung dessen, was ich verloren habe.

    Dann, als ich nach so langer Zeit etwas erreiche, das Quelle und Mündung ist, nehme ich zum ersten Mal ihren Geruch wahr. Braun, erdig, kräftig und ewig. Die nicht schwindende Vision.
    In einem Atemzug inhaliere ich ihr Leben.
    Ich richte mich wieder auf und bleibe so, auf den Fersen sitzend, beschaue die Welt, die fügsam in ihrem Körper versinkt.
    Die Welt und der Himmel.
    Jedes Bedürfnis, jedes Verlangen und jede Angst, in den leichten Modulationen des Atems.
    Ich sehe mich um. Die Konturen der Möbel im Dunkel fast verschwunden, die Dinge, das Übrige. Auch der Regen hat aufgehört.
    Einen Meter von mir entfernt leuchtet auf dem Fußboden etwas in einem feinen hellen Schein. Ich krieche über die Fliesen, strecke mich und nehme dieses winzige Licht in die Hände. Durch das Leuchten erkenne ich den leicht zusammengekauerten Körper, die Arme bereits zum Segen ausgebreitet, ein kleiner Nimbus aus Plastik, hinten am Kopf festgeklebt.
    Und ich stelle mir eine Krippe vor.
    Die Krippe der Biologie, gemacht aus dem Sternendunkel, das die weibliche Höhle erfüllt, und aus der zertrümmerten Sternenmaterie im männlichen Sperma, das sich, wenn es in die Höhle eindringt, in diesem schwarzen Dunkel auflöst und einen weißen Schwarm bildet, einen leuchtenden Sternenschweif, und im Körper und im Kosmos, in jedem sanften Aufflammen, gebiert es die Nacht - und jedes Kind ist Nacht und Aufflammen und Verwirrung, inkarnierte Zeit, und die Generationen beugen sich seit Jahrtausenden über den Körper der Zeit und betrachten ihn und imaginieren ihn und verehren sein von den Sternen bewehrtes Dunkel und stellen sich vor, dass in den Dingen, neben dem endlosen Impuls fortzubestehen, ein Ende ist, und daher mischen sie in die Zeit die Sprache und die Zerstörung der Körper, und im Dunkel schaffen sie die Worte und lösen sie auf, und die Lichter vergehen.
    In der Stille dieser letzten Minute, zusammengekauert vor dem zusammengekauerten Körper meiner Liebe, meiner nicht erinnerten,
meiner realen und erdachten Liebe, meiner kreolischen, erschaffenen Liebe, höre ich das künftige Dröhnen der Materie, die in mir und in ihr die Sterne mit den Knochen mischt, das Blut mit dem Licht, höre den Lärm der endlosen Verwandlung von Materie in Schmerz und von Schmerz in Zeit.
    Und erst jetzt, da im Werden unserer Nacht die Sterne im Dunkel explodieren, beginnt am Ende der Worte das Weinen.

Glossar
    Ågren, Janet schwedische Schauspielerin; vgl. Baronessa di Carini.
     
    Agus, Gianni Schauspieler und Showmaster. In Italien dem breiten Fernsehpublikum als Darsteller des Chefs von Fracchia (vgl. dort) vertraut.
     
    Alan Ford monatlich erscheinender Comic um den Geheimagenten Alan Ford, eine von Max Bunker (Luciano Secchi) und Magnus (Roberto Raviola) geschaffene Figur; satirisch angelegt, zum Teil surreal; weitere Personen des Comics sind Bob Rock und Conte Oliver.
     
    Almanacco del giorno dopo Der Almanach des nächsten Tages ging in Rai Uno von Montag bis Samstag um 19.45 Uhr auf Sendung. Nach Informationen über die astronomischen Daten und den Heiligen des Tages folgten wechselnde Rubriken zu Themen wie Kochen, Pflanzen und Blumen, Aus dem Leben der Tiere u. Ä. Bekannt in ganz Italien war die Titelmelodie der Sendung, Chanson Balladée, komponiert von Antonino Riccardo Luciani, zu der sich ein
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