Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
Gespräch mit mir aus, und ich vermute, dass sie die Konkubine eines Beamten ist.
    Â 
    Was für eine Pfalz! Auf den ersten Blick die unbedeutendste zwischen Tiber, Seine und Elbe. Verglichen mit Konstanz ist Aachen ein Vogelnest. Vierzig, fünfzig Hütten entlang einer unzureichend befestigten Straße, das ist alles. Kein Markt. Keine Mauer. Keine Kirche. Nur ein Gutshof, den der König zu einer dauerhaften Residenz auszubauen entschlossen ist. Aachen soll das Zentrum des Reiches werden, ein zweites Konstantinopel. Die Bedeutung der Pfalz liegt somit in der Zukunft. Die Bauarbeiten sind seit zwei Jahren im Gange, und es wird zu Arnulfs wichtigsten Aufgaben gehören, sie voranzutreiben. Nach fast drei Dekaden der Feldzüge und Reisen bekommen Arnulf und ich unser erstes, festes Zuhause. Das ist mir tausendmal mehr wert als der Titel, den ich trage.

    Â 
    In unserer ersten Nacht im neuen Heim überschüttet Arnulf mich mit Aufmerksamkeit und vielen Küssen, und am Tag darauf stürzt er sich in seine Arbeit. Ich bekomme ihn tage- und nächtelang kaum zu sehen. Er muss die schönsten Steine und die besten Baumeister besorgen. All die Steinmetze, Handwerker, Maurer, Maler, Bildhauer und Gießer müssen irgendwo untergebracht werden.
    Eines Abends bringt Arnulf den Zeichenentwurf für die zukünftige Königsresidenz mit, und zum ersten Mal verstehe ich, wie groß das sein wird, was hier entstehen soll. Fasziniert beuge ich mich über das Pergament, Arnulf lässt es mich studieren, während er im Raum auf und ab geht. Und dann höre ich Arnulfs Fingerknöchel knacken und weiß, dass er Schlimmes mit sich herumträgt und mir gleich unterbreiten wird.
    Â 
    Â»Du wirst sie überhaupt nicht bemerken, Ermengard. Sie wird sich von dir fernhalten. Selbstverständlich wohnt sie nicht bei uns, sondern in einem Häuschen - dem kleinen Haus oben am Weg. Ich werde nie von ihr sprechen, und du wirst niemals von ihr sprechen müssen.««
    Arnulfs Tonfall ist verständnisheischend und entschuldigend. Er darf nach Recht und Gesetz eine Konkubine haben, ohne mich zu fragen oder auch nur zu verständigen, doch er zieht es vor, es sich schwer zu machen, vielleicht weil er weiß, dass er es mir schwer macht. Er quält sich, windet sich.
    Sogar in dieser Situation denke ich zuerst an ihn, bevor ich an mich denke.
    Â»Wie heißt sie?«

    Â»Emma.««
    Â»Sie ist die Frau, die auf dem Weg nach Aachen im Gefolge war, nicht wahr?«
    Â»Ich habe sie in Konstanz kennengelernt.«
    Ich sage leise: »Sie ist sehr schön.«
    Â»Kümmere dich nicht um sie. Sie wird nichts zwischen uns ändern. Lass uns jetzt über etwas anderes reden, ja?«
    Â»Wirst du mit ihr...? Wirst du sie...?«
    Â»Ich werde eine Kebsehe mit ihr eingehen.««
    Ich schlucke, aber mein Mund ist trocken. »Eine Konkubinenehe. Doch wozu?«
    Â»Nur aus dem einen Grund, weil sie ein Kind von mir trägt. Ich möchte die Möglichkeit haben, es anzuerkennen.«
    Â»Ich verstehe.« Auch darin, dass er sich Konkubinen nimmt, eifert er nun also dem König nach. Ich versuche, Arnulf zu hassen, doch ich spüre, wie unsagbar zehrend es ist, jemanden zu hassen, den man liebt. Es würde mir nicht lange gelingen, also gebe ich es sogleich auf. Alles, was ich an Schlechtem fühle, richtet sich gegen Emma - und gegen mich selbst.
    Ich beuge mich über das Pergament, über die Striche und Zahlen, die künftige Burgpfalz. Ein Areal von 300 Acker im Quadrat, eingefasst von einer Mauer, mit vier Toren versehen; eine sechzig Schritt lange Aula als Thronsaal; eine einhundertfünfundzwanzig Schritt lange Galerie als Verbindung zur Basilika, gleichsam die Verbindung von weltlicher Herrschaft zu Gottes Allmacht; die Basilika ein achteckiger Kuppelraum; überall Marmor und Bronze, Gold und Silber; zahlreiche Nebengebäude für die Archive, den Kronschatz, die
Leibwache und die Beamten; in einem alles überragenden Turm schließlich der Wohntrakt für die königliche Familie sowie für die Getreuesten, zu denen wohl auch Arnulf und ich gehören. Wenn die Arbeiten in ungefähr zehn Jahren abgeschlossen sein werden, sind Arnulf und ich, so Gott will, während der Abwesenheit des Königs Herr und Herrin eines Palastes. Mir ist übel. Mein Leben endet hier und jetzt, so kommt es mir vor.
    Arnulf machte sein Versprechen wahr. Er hielt Emma
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher