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Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin
Autoren: Eric Walz
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Eures Gemahls ist, würdet Ihr ihn darauf ansprechen, und er würde Euch verstoßen, und dann würde ich um Euch werben. Aber dann kam es noch besser, als ich dachte.«
    Wir umkreisten einander noch immer.
    Â»Ich bin froh, dass Arnulf tot ist«, sagte er. »Und ich bin froh, dass er durch Eure Hand starb. Ich mache mir nicht vor, dass Ihr ihn meinetwegen getötet habt, und ich täusche mich auch nicht darüber, inwieweit Ihr meine Gefühle erwidert. Was mir aber eine kleine Genugtuung verschafft, ist die Tatsache, dass Ihr ihn bald nach meinem Besuch bei Euch umgebracht habt, als ich Euch erzählte, dass Hugo Arnulfs Sohn war.«
    Â»Habt Ihr gelogen?«
    Â»Jedes Wort entsprach der Wahrheit, die ich viel zu lange zurückgehalten habe.«
    Â»Arnulf starb nicht wegen dieser Liebschaft, die vor einem halben Leben gewesen war.«
    Â»Ich weiß. Aber vielleicht doch ein klein wenig. Ihr werdet Euch nie sicher sein.«
    Â»Eure Gefühle, Gerold, basieren auf Rache, das ist Euch hoffentlich klar.«
    Â»Rache?« Er schrie es fast. »Rache?«
    Er stürmte auf mich zu, ergriff meine Handgelenke und presste mich mit der Kraft seines Körpers gegen die Wand. Wir waren uns so nah, dass unsere Nasen sich beinahe berührten. Meine Arme waren durch seine gebunden.
    Â»Ihr wagt es, von Rache zu sprechen nach allem, was ich Euch erzählt habe?«
    Â»Arnulf schlief mit Eurer Frau, und seither begehrt Ihr Arnulfs Frau.«
    Â»Sie schlief nicht nur mit Arnulf, damit Ihr’s wisst. Sie
hatte fünf, acht, zwölf, ich weiß nicht wie viele Buhlen. Ich hätte sie verstoßen können.«
    Â»Warum habt Ihr’s nicht getan?«
    Â»Weil ich es vorzog, die Augen davor zu verschließen. Soll ich Euch erklären, was es für einen Mann bedeutet, wenn er die Frau des Ehebruchs bezichtigt?«
    Â»Soll ich Euch erklären, was es für eine Frau bedeutet, dem Ehebruch des Mannes hilflos zuzusehen«, entgegnete ich. »Das ist schmerzhaft.«
    Â»So ist es«, stieß er hervor. Er sprach jetzt schnell und kraftvoll. »Was ich durchmachte, ist nicht schmerzhafter und nicht weniger schmerzhaft als das, was Ihr durchgemacht habt. Hätte ich meine Frau verstoßen, hätte man sich darüber lustig gemacht, dass ich mir Hörner habe aufsetzen lassen. Ich wäre fortan geringer geschätzt worden, und die Legitimität meiner Kinder wäre in Zweifel gezogen worden. Meine Frau hat nicht freiwillig auf dem Totenbett ein Geständnis abgelegt. Ich habe es aus ihr herausgeholt. Ihr seht, mein Leid stand dem Euren in nichts nach. Und soll ich Euch noch etwas verraten? Ich wünschte, ich hätte meine Frau umgebracht. In Gedanken habe ich es manchmal getan. Auch darin gleichen wir uns, Ermengard, nur mit dem Unterschied, dass Ihr etwas gewagt habt, wovor ich zurückscheute. Ihr seid großartig. Ich liebe Euch dieser Tat wegen nur noch mehr.«
    Ich spürte sein Ringen mit sich selbst, mir einen Kuss zu geben. Er wollte nichts mehr als das, nur das eine noch, dass ich es ebenfalls wollte. Sogar dieser wilde Gerold, der ganz anders war als der sanfte Gerold, den ich bisher gekannt hatte, war nicht für die Gewalt geschaffen. Er nahm sich nichts, was nicht genommen zu werden wünschte.

    Â»Du und ich«, sagte er. »Wir sind füreinander geschaffen.«
    Â»Ich bin erst seit wenigen Stunden Witwe«, erwiderte ich.
    Â»Eine Schwarze Witwe.«
    Â»Dennoch eine Witwe. Ich bin dir verbunden - im wahrsten Sinne des Wortes -, dass du mir diesen großen Dienst erweist, mich nicht zu verraten. Aber es war ein schwieriger Tag, und ich wünsche jetzt allein zu sein.«
    Â»Wir haben noch nicht zu Ende gesprochen.«
    Â»Was heißt das?«
    Â»Dass ich meine Hilfe an eine Bedingung knüpfen muss.«
    Â»Sollte ich mich derart in dir geirrt haben? Strebst du tatsächlich nach solch gemeinem Gewinn?«
    Er lächelte.
    Â»Keine Sorge, das habe ich mit der Bedingung nicht gemeint.«

57
    JETZT, ACHTZEHN STUNDEN später, geht die Sonne auf. Sie ist weiß und vollkommen, mit klaren Konturen, erfrischend und von trügerischer Kraft. Es ist der Weihnachtsmorgen, ich bin allein. Ich hoffe, Gerlindis kommt zur Tür herein und umarmt mich mit all ihrer Jugend und Frische. Seit Gerold fort ist, habe ich ununterbrochen geschrieben, ohne den Raum zu verlassen. Es war wie ein Fieber, das ausgeschwitzt werden
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