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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut
Autoren: Jane Feather
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davon, dass er öffentlich Partei für das Parlament ergriffen hätte.
    Doch der Zeitpunkt des offenen Bekenntnisses rückte immer näher, und mit jedem Tag bereitete er sich von neuem darauf vor.
    Mit ungeduldigem Kopfschütteln drehte Cato dem Fenster den Rücken und griff wieder zu Jacks Brief.
    Er hatte Jacks Tochter nur einmal gesehen, bei seiner Hochzeit, an dem Tag, als Strafford am Tower Hill enthauptet wurde. Seine Erinnerung an das Mädchen war undeutlich: dünn, unordentlich, sommersprossig, rothaarig, dazu Jacks Augen, grüne Katzenaugen, die ebenso spöttisch funkelten wie die ihres Vaters. Und ihr Ton ist ebenso unverschämt, fiel ihm ein. Er verzog voller Abscheu die Lippen.
    Im Moment hatte er andere Sorgen als ein verlassenes Kind ohne Familie und Vermögen. Wieder zerknüllte er den Brief in der Hand, bereit, ihn ins Feuer zu werfen. Doch abermals hielt er inne. Er konnte die auf dem Sterbebett geäußerte letzte Bitte seines Bruders nicht einfach übergehen. Der letzte Wunsch eines Verstorbenen war eine moralische Verpflichtung. So ungelegen es ihm auch kam, er musste etwas für das Mädchen tun.
    Er verließ das Turmzimmer und ging den Gang entlang zum Speisezimmer, wo er Frau und Tochter beim Frühstück antraf. Schon beim Eintreten hatte er das sichere Gefühl, dass die Atmosphäre gespannt war.
    Diana sah bei seinem Eintreten auf. Ihr Mund war etwas fester als sonst ihre schönen braunen Augen zuckten, ihre sorgsam gezupften Augenbrauen hoben sich gereizt. Doch beim Anblick ihres Gemahls wich jede Spur von Missmut aus ihren Zügen, als würde eine Kreideschrift von einer Schiefertafel gelöscht.
    Olivia, die den Blick ihrer dunklen Augen abwandte, schob ihren Stuhl zurück und knickste, um sich wieder hinzusetzen.
    »G-guten Morgen, Sir.«
    »Guten Morgen, Olivia.« Cato fragte sich stirnrunzelnd, was wohl der Grund der Spannung zwischen seiner Frau und ihrer Stieftochter sein mochte. Olivia begegnete Diana stets nur mit steifer, fast wortloser Höflichkeit, obwohl er den Eindruck hatte, dass Diana nur das Beste des Kindes im Auge hatte.
    »Mylord, es ist nicht Eure Gewohnheit, das Frühstück mit uns einzunehmen«, sagte Diana leichthin, doch war ein gewisser Unmut herauszuhören.
    Olivia hatte sich oft gefragt, ob ihr Vater spürte, wie unzufrieden Diana mit ihrem Leben im frostigen Norden war, eingeschlossen in einer Festung, weit entfernt von den verfeinerten Lustbarkeiten des Hofes. Die von Seufzern begleiteten Reminiszenzen seiner Frau, in denen sie der vergangenen Pracht des Hoflebens nachweinte und ein schlechtes Gewissen bekundete, weil sie in diesen schweren Zeiten nicht an der Seite der Königin sein konnte, nahm er nicht zur Kenntnis. Auch schien er geflissentlich ihre gelegentlichen Bemerkungen zu überhören, in denen sie hervorhob, dass der Marquis of Granville sich dem König und dessen Ratgebern unentbehrlich machen könnte, wenn er in klarer Erkenntnis seiner Pflicht dem Monarchen nach Oxford folgen würde, wohin der Hof sich seit Kriegsbeginn zurückgezogen hatte.
    Aber es gibt so vieles, das er nicht wahrnimmt, dachte Olivia bekümmert, obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, was er getan hätte, wenn ihm zu Ohren gekommen wäre, was sich zwischen seiner Tochter und ihrer Stiefmutter abspielte.
    »Ich wollte ausreiten, Madam, doch brachte mir ein Bote aus Edinburgh die Nachricht vom Tod meines Halbbruders.« Cato saß auf dem reichverzierten Armstuhl am Kopf der Tafel und griff nach dem Bierhumpen, der wie durch ein Wunder plötzlich vor ihm stand. Nachdem er getrunken hatte, häufte er Fleischscheiben auf seinen Teller und bestrich ein Gerstenbrot dick mit Butter.
    Olivia überlief der Schauer einer Vorahnung, so dass sie ihr übliches abweisendes Schweigen mit einem kleinen Wortschwall brach. »Ist d-das Portias Vater?«
    »Meine liebe Olivia, wenn du tief durchatmen würdest, wie ich dir unzählige Male riet, könntest du deine unglückliche Schwäche sicher ablegen«, sagte Diana mit liebreizendem Lächeln. »Man findet nur schwer einen Mann, wenn man nicht deutlich sprechen kann.« Sie tätschelte Olivias Hand.
    Olivia zog ihre Hand brüsk zurück und versteckte sie in ihrem Schoß, um mit zusammengepressten Lippen auf ihren Teller zu starren. Jedes Bedürfnis, sich zu äußern, war ihr vergangen.
    »Das Schreiben meines Bruders betraf Portia«, sagte Cato.
    Olivia blickte auf. jetzt konnte sie unmöglich Gleichgültigkeit heucheln. Cato fuhr gelassen fort: »Es war
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