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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut
Autoren: Jane Feather
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alles, was ich noch für dich tun kann, Portia«, krächzte er und drückte ihre Finger mit unerwarteter Kraft. Dann öffnete sich seine Hand und entglitt ihr wie von der Anstrengung überwältigt.
    Eine Stunde darauf starb Jack Worth, Halbbruder von Cato, Marquis of Granville, wie er gelebt hatte, im Brandyrausch und ohne einen Penny.
    Portia drückte ihrem Vater die Augen zu. »Ich muss ihn begraben.«
    »Der Boden ist steinhart«, erklärte die Alte wenig hilfreich.
    Portias Lippen wurden schmal. »Ich schaffe das schon.«
    »Du hast kein Geld für eine Beerdigung.«
    »Ich werde selbst das Grab ausheben und ihn begraben.«
    Die Alte zuckte die Schultern. Da der Mann und seine Tochter seit einem knappen Monat bei ihr hausten, hatte sie sich ein Bild vom Charakter des Mädchens machen können und wusste, dass es sich nicht leicht unterkriegen ließ.
    Portia drehte und wendete das versiegelte Pergament in ihrer Hand. Sie hatte kein Geld für die Beförderung mit der Post und kannte niemanden, der ihr aushelfen konnte. Sie wusste gar nicht, ob die Post zwischen Edinburgh und York noch befördert wurde, da jenseits der schottischen Grenze ein Bürgerkrieg tobte. Andererseits konnte sie den letzten Wunsch ihres Vaters nicht einfach ignorieren. Er wollte, dass dieser Brief an seinen Halbbruder gelangte, also musste sie einen Weg finden.
    Und was sollte sie dann tun? Sie blickte sich in der kahlen Hütte um. Hier konnte sie den Winter über bleiben. In der Kneipe ließ sich etwas verdienen, und die Alte würde sie nicht vor die Tür setzen, solange sie für den Strohsack und eine tägliche Schüssel Haferbrei bezahlen konnte. Da sie nun Jacks Trunksucht nicht mehr finanzieren musste, würde sie vielleicht sogar etwas sparen können. Im Frühling würde sie weiterziehen. Irgendwohin.
    Aber zuerst musste sie ihren Vater beerdigen.
    »Mylord … Mylord … Verzeihung, Mylord …«
    Cato, Marquis of Granville, blickte auf, als hof von Castle Granville hinter sich die keuchende, abgehackte Stimme hörte.
    »Nun?« Er zog eine Braue hoch, als der Junge, der vor Atemlosigkeit kein Wort herausbrachte, ihm stumm ein versiegeltes Pergament übergab und dann die erfrorenen Hände zum Schutz gegen den kalten Januarwind von den Lammermuir Hills unter die Achseln steckte.
    Cato nahm das Schreiben entgegen. Die Handschrift, ein zerzogenes, von kraftloser Hand zu Papier gebrachtes Gekritzel, war ihm unbekannt.
    Er drehte das Pergament um und atmete scharf ein, als sein Blick auf das Siegel seines Halbbruders fiel. »Heute Morgen werde ich doch nicht ausreiten, Jebediah.«
    »Sehr wohl, Mylord.« Der Stallbursche ergriff das Pferd am Zaum und führte es zu seiner Box.
    »He, Junge.« Der Marquis hielt inne, um sich nach dem wartenden Boten umzudrehen. Die Nase des jungen Mannes war rot vor Kälte, sein Atemhauch hing in der kalten Luft vor ihm. »Du kommst von der Post in York?«
    Der junge nickte eifrig.
    »Ich wusste gar nicht, dass noch Post zugestellt wird.«
    »Sie kommt nicht immer durch, aber der Bote, der den Sack brachte, bekam von Lord Leven freies Geleit, als dieser die Grenze überschritt.«
    Cato nickt ernst und verständnisvoll. »Ehe du dich auf den Rückweg machst, gehe in die Küche. Dort wird man sich um dich kümmern.«
    Der Marquis überquerte den inneren Burghof zum großen Burgfried, in dem die Familie residierte. Von den Feldern jenseits des Burggrabens ertönten Trompetenstöße, gefolgt von Trommelwirbeln und den lauten Befehlen eines Ausbilders. Die Marschtritte der Truppe wurden vom Schnee auf dem Exerzierplatz – einst ein friedliches Getreidefeld – gedämpft.
    Der Marquis betrat die Burg durch eine schmale Pforte. Pechfackeln flackerten in ihren Halterungen und warfen ihr Licht auf die uralten Mauern und die massiven Steinplatten, die den Boden deckten. Die Tapisserien an den Wänden der großen Halle vermochten nicht den militärischen, abweisenden Eindruck des Burgfrieds zu mildern, der jahrhundertelang den Familien des Hauses Granville Schutz geboten hatte, sei es vor Marodeuren und Wegelagerern, die an der Grenze zwischen Schottland und England ihr Unwesen trieben, oder vor zügellos hausendem Kriegsvolk, das seit den Tagen der normannischen Eroberung immer wieder das Land heimsuchte.
    Als er die Halle über eine Steintreppe verließ, änderte sich die Atmosphäre. Alles wirkte plötzlich wohnlicher und einladender. Die Fenster waren vergrößert und verglast worden, um Licht und Luft einzulassen,
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