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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken
Autoren: Giles Foden
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Hotel von diesen Giganten der Meteorologie zu hören - und noch seltsamer, wenn man dabei in einer Hand ein Glas Whisky und in der anderen einen Vierer-Flush hielt.
    Während wir sprachen, trank ich mehr und mehr. Ich gewann ein paarmal. Ebenso Krick, der sein großes Gesicht nach vorne lehnte, wenn er den Pot einsammelte. Holzman gewann nur einmal. Während die Karten gegeben, gemischt und als Stapel hingelegt wurden, wirbelte der Rauch unserer Zigaretten und Zigarren an der Eichentäfelung hinauf, die mit Bildern von Sportszenen und trübsinnigen Hochlandrindern geschmückt war. Wie gut ich ihr finsteres Starren kennenlernen sollte.
    Krick erzählte beim Spielen noch weitere Anekdoten. »Göring wollte von Kärmän zurück nach Europa locken, damit er den Wetterdienst der Luftwaffe leitete«, sagte er.
    »Von Kärmän lehnte ab und schickte Göring einfach nur eine Zeichnung seines jüdischen Profils.« Wir lachten alle. Es war ein Meteorologenwitz, denn ein »Profil« ist auch ein meteorologischer Fachausdruck.
    Während Krick erzählte, verstand ich langsam, dass die Anekdoten Ablenkmanöver waren. Die Geschichten sollten die Konzentration seiner Gegner stören - und es funktionierte. Immer wenn er etwas aus seinem Leben erzählte oder eine seiner Lieblingstheorien erläuterte, nahm er uns Geld ab.
    Seine Ablenkungsgeschichten gingen weiter. Die beiden hatten sich am Caltech kennengelernt. Dann heuerte Krick bei einer Fluggesellschaft an, wie auch Holzman, der Chefmeteorologe bei American Airlines wurde. Sie fingen an, Geschichten aus der Flugindustrie auszutauschen.
    »Bei diesem ersten Job haben die mir häufig Ärger gemacht«, sagte Krick und blätterte seine Karten einzeln auf den Tisch. Ein Paar Zweien - und dann noch einmal das Gleiche. Ein Vierling gegen mein Full House, und schon wieder sammelte er unser Geld ein. »Die hatten damals noch nie etwas von Wetterfronten gehört, und sie hassten es, wenn ich sie auf den Karten einzeichnete. Die Piloten hatten auf jeden Fall mehr davon. So konnten sie sehen, aus welcher Richtung sie Probleme kriegen würden. Berechenbar wie ein kitschiger Film.«
    »Irv hat in Hollywood gearbeitet«, fügte Holzman hinzu. »Er war der Wetterprophet für
Vom Winde verweht.«
    Krick grinste und stapelte unser Geld fein säuberlich vor sich auf. »Ich habe die Nacht ausgesucht, in der sie Atlanta angezündet haben. Dafür brauchten wir klaren Himmel.«
    »Und einmal hat er Bogart Tipps zum Wetter für die Ensenada-Regatta gegeben«, sagte Holzman.
    »Da habe ich Mist gebaut. Bogie hat es nicht mal nach Mexiko geschafft. Er ist die ganze Zeit in amerikanischen Gewässern geblieben. Totale Flaute.«
    Holzman lachte. »Machst du damit weiter, wenn der Krieg vorbei ist, Irv?«
    »Wahrscheinlich nicht. Bevor sie mich einberufen haben, habe ich Wettervorhersagen für die Zitrusfrüchteindustrie gemacht. Wahrscheinlich mache ich damit weiter. Da liegt das richtige Geld.«
    »Kommerzielle Meteorologie«, nickte Holzman.
    »Flugzeugüberführungen sind auch gut«, fügte Krick hinzu. »Wenn vierzig Flugzeuge von A nach B fliegen, darf nichts falsch laufen. Eine meiner ersten Aufgaben in der Air Force in diesem Krieg war, Tage auszusuchen, an denen unsere Jungs sicher über den Atlantik fliegen konnten.«
    »Tage mit möglichst geringer Turbulenz?«, fragte ich.
    »Nein, nein«, erwiderte Krick. »An so einem Tag würden unsere Freunde von der Luftwaffe nur darauf warten. Wir brauchten gerade genug Turbulenz.« Er holte eine Zigarette unter dem Tisch hervor und blies als Einleitung für die nächste Geschichte einen fast perfekten Rauchring über meinen Kopf ...
    Ich habe es immer als schicksalhaft wahrgenommen, dass ich diese beiden am Beginn meines Berufslebens kennenlernte. Nach dem Krieg verfolgte ich interessiert ihre Karrieren von meinem Elfenbeinturm in Cambridge aus und traf gelegentlich einen von beiden auf Reisen nach Amerika. Sie wurden so etwas wie Alter Egos für mich und standen für all die Möglichkeiten, die ich aufgab, als ich mich für den Rückzug ins akademische Leben entschloss.
    Später im Krieg arbeitete Holzman an der Wettervorhersage für die Atombombe in Los Alamos. Er blieb seine ganze Karriere hindurch bei der US Air Force und wurde später General und Kommandeur des USAF Research Laboratory. Den gesamten Kalten Krieg über war er an fast jeder wichtigen Forschungsphase der Raketen- und Raumfahrttechnik beteiligt. Seine Sicherheitsstufe war unglaublich hoch,
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