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Die Geliebte des Malers

Die Geliebte des Malers

Titel: Die Geliebte des Malers
Autoren: Nora Roberts
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geschäftsmäßig zu bleiben.
    »Colin«, unterbrach er sie und richtete weiter ihr Haar. »Oder einfach nur Sullivan, wenn Sie möchten.«
    »Dann Colin«, entschied sie ergeben. »Ich hatte gestern Abend wirklich keine Ahnung, wer Sie waren. Das ist mir erst klar geworden, als ich vor der Galerie stand.« Sie rutschte auf ihrem Sitz ein wenig zur Seite. Es war ein seltsames Gefühl, dass er so nah stand. »Natürlich ist es schmeichelhaft, dass Sie mich malen wollen, aber ich würde gerne wissen, was von mir erwartet wird und …«
    »Sie sollen zwanzig Minuten lang eine gewisse Stellung einnehmen und sich nicht rühren«, erklärte er und schob mit kritischem Blick ihr Haar erst über ihre Schulter zurück, zog es dann wieder nach vorn. Seine Finger streiften dabei ihre Haut, doch er schien es nicht zu bemerken. Auch nicht das Stirnrunzeln, das zwischen Cassidys Brauen erschien. »Von Ihnen wird erwartet, dass Sie Anweisungen befolgen und still sind, bis ich Ihnen etwas anderes sage. Des Weiteren erwarte ich von Ihnen, dass Sie pünktlich zu den Sitzungen auftauchen. Und ich will nichts davon hören, dass Sie früher gehen müssen, weil Sie eine Verabredung mit Ihrem Freund haben.«
    »Ich war pünktlich auf die Minute«, entgegnete sie sofort und warf trotzig den Kopf zurück, sodass sie das Arrangement zerstörte, das er gerade mit ihrem Haar geschaffen hatte. »Sie haben nichts davon gesagt, dass ich zur Hintertür kommen soll. Ich musste erst suchen, bevor ich den richtigen Eingang fand.«
    »Also auch intelligent«, brummte er trocken. »Ihre Augen verdunkeln sich, wenn Ihr irisches Temperament aufflammt, wissen Sie das? Wer hat Sie eigentlich Cassidy genannt?«
    »Es ist der Familienname meiner Mutter«, erklärte sie kurz angebunden.
    »Früher kannte ich einige Cassidys in Irland.« Er hob ihre Hände an und begutachtete sie genau.
    »Ich kenne die Familie meiner Mutter nicht.« Es war ein verstörendes Gefühl, dass er ihre Hände hielt. »Meine Mutter starb bei meiner Geburt.«
    »Ich verstehe.« Colin drehte ihre Hände, sodass die Handflächen nach oben zeigten. »Sie haben schmale Hände, feine Knochen. Und Ihr Vater?«
    »Seine Familie stammt aus Devon. Er ist vor vier Jahren gestorben. Aber ich verstehe nicht ganz, was das alles hiermit zu tun haben soll.«
    »Es hat sogar sehr viel mit dem hier zu tun.« Sein Blick lag jetzt auf ihrem Gesicht, aber ihre Hände ließ er nicht los. »Augen und Haar haben Sie von der Familie Ihrer Mutter geerbt, Ihr Hauttyp und die Knochenstruktur stammt von Ihrer Familie väterlicherseits. Das Gesicht, das Sie haben, ist voller Widersprüche, Cassidy St. John. Und somit genau das, was ich brauche. In Ihrem Haar muss es mindestens ein Dutzend Farbnuancen geben. Sehr klug von Ihnen, dass Sie es nicht zu bändigen versuchen. Die Farbe Ihrer Augen, dieses Violett, geht noch einen Schritt weiter als das typische keltische Blau. Form und Stellung verleihen ihnen etwas Exotisches, und gleichzeitig wirken sie so verträumt. Aber die Knochenstruktur ist ganz britische Aristokratie. Wobei Ihr Mund die Balance wieder umkippen lässt und von einer Leidenschaft spricht, die man bei dem hellen Porzellanteint gar nicht vermuten sollte. Makellose, zarte Haut, nur ein Hauch Rosa unter dem Elfenbein. Sie sind nicht durchs Leben gegangen, ohne ein paar Mauern erstürmen zu müssen, dennoch umgibt Sie eine spürbare Aura von Unschuld, ja eine gewisse Naivität. Für das Bild, das ich malen will, brauche ich ganz bestimmte Qualitäten in meinem Modell. Sie besitzen sie.« Er verstummte und neigte den Kopf leicht zur Seite. »Beantwortet das Ihre Fragen? Ist Ihre Neugier befriedigt?«
    Sie starrte ihn an, fast benommen, und versuchte sich so zu sehen, wie er sie beschrieben hatte. Sollte ihr ethnisches Erbe ihr Aussehen tatsächlich derart stark beeinflussen? »Da bin ich mir noch nicht so sicher«, murmelte sie. Sie seufzte, als ihre Blicke sich trafen. »Aber ich muss gestehen, ich bin eitel genug, um von Colin Sullivan gemalt werden zu wollen – und abgebrannt genug, um den Job zu brauchen.« Sie lächelte. »Wenn Sie mich gemalt haben, bin ich dann unsterblich? Das wollte ich nämlich schon immer sein.«
    Colin lachte. Es war ein Laut, der frei und lebendig durch den Raum hallte. Er drückte ihre Hände und führte sie dann überraschend an seinen Mund, um die Lippen darauf zu pressen. »Sie sind genau die Richtige für mich, Cass.«
    Cassidy versuchte sich noch an einer stammelnden
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