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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)
Autoren: Susanne Pilastro
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Zeit verschwenden
und fragte ohne Umschweife: „Wir haben gehört, der Heerführer lebe mit einer
Frau zusammen. Könnt Ihr das bestätigen?“
    Der Soldat sah beide schräg von der Seite an. „Die
Frau? Ja, die ist aber nicht mehr da. Die ist schon seit ein paar Tagen
verschwunden.“
    „Kennt Ihr ihren Namen?“, wollte Wang Anshi
wissen.
    „Sie wurde uns nicht vorgestellt.“ Der Soldat
deutete in Richtung Ärztequartier. „Aber die Ärzte kennen sie“, fuhr er fort.
    „Vielen Dank.“ Wang Anshi deutete eine leichte Verbeugung
an und wandte sich sofort in die angezeigte Richtung.
    Die Ärzte nannten ihnen den Namen, den sie
kannten: Shao-Ma.
    Wang Anshi war im höchsten Grade erleichtert, doch
der Kriegsminister warf ein, das beweise gar nichts.
     
    „Sie kommen!“, rief ein Späher. Es war schon spät
in der Nacht, als die Soldaten nach und nach zurückkehrten. Manche waren
vollkommen erschöpft, manche schienen eine schier unglaubliche Energiequelle in
sich zu tragen und waren kaum zu beruhigen vor Euphorie. Das Lager war eine
groteske Mischung aus gesunden, leicht, aber auch teilweise schwer verletzten
Männern, die dennoch Kraft genug besaßen, ihren Triumph zu feiern – lautstark
und feuchtfröhlich. Wang Anshi hastete immer wieder aus dem Zelt und wollte Bao
entgegen gehen. Doch der war unter den einzelnen Wellen von Heimkehrern nicht
zu finden.
    „Wo ist euer Anführer?“, fragte er eins ums andere
Mal, doch niemand hatte Bao gesehen oder etwas von ihm gehört. Die oberen
Offiziere wussten ebenfalls nichts; oder wollen – so kam es Wang Anshi vor –
nichts sagen.
    „Was, wenn er auf dem Schlachtfeld liegt?“, fragte
er schließlich in Richtung Kriegsminister.
    „Wir werden warten“, erklärte der zuversichtlich.
„Wo ist Euer Vertrauen, das Ihr all die Jahre in diesen Mann gesteckt habt? So
einfach verpufft?“ Es klang ein wenig hämisch und war wohl auch beabsichtigt.
     
    Wang Anshi sah erwartungsvoll in die Ferne. Es
waren seit diesem ersten Sieg gegen Xia schon zwei Tage vergangen. Der
Kriegsminister hatte sich mit den Ersten Offizieren zusammen gesetzt, um das
weitere Vorgehen zu besprechen. Doch die Männer vermissten Bao und taten sich
mit dem abrupten Führungswechsel schwer. Am Abend des fünften Tages schließlich
näherte sich ein Mann, der neben seinem Pferd herlief. Als die Soldaten nach
und nach ihren Anführer erkannten, ging ein Johlen durch das Lager, das auch
dem Letzten bewusst machte, wer gerade heimkehrte. Doch kaum sahen sie das
Bündel auf dem Rücken des Pferdes, verstummten alle, bildeten eine Gasse und
ließen den Mann, den so viele verehrten, mit gesenkten Blick an sich vorbeiziehen.
    „Wieso geht er?“, fragte der Kriegsminister.
    Wang Anshi kniff die Augen zusammen, um schärfer
sehen zu können. „Das Pferd trägt einen Sack.“
    „Das ist kein Sack. Das ist ein Mensch.“ Der Kriegsminister
sah ihn skeptisch von der Seite an. „Ich hoffe, es ist nicht das, wonach wir
suchen.“
    Das hoffte er auch, behielt diesen Gedanken aber
lieber für sich. Er wollte schon auf Bao zueilen, doch etwas an dessen
Körperhaltung ließ ihn stehenbleiben.
    Die beiden Reiter kamen vor ihm und dem Kriegsminister
zum Stehen, saßen ab und Bao hob den leblosen Körper vom Pferd.
    Der Kriegsminister trat nach vorne und richtete
seine Worte an den Heerführer.
    Bao nahm kaum wahr, was der Mann von sich gab.
Entfernt hörte er etwas von Anschuldigungen, die es zu beweisen galt, während
er Min-Taos Körper in sein Zelt brachte. Wang Anshi und der Kriegsminister
folgten ihm und redeten auf ihn ein.
    Bao verstand nichts von alledem, doch als der
Kanzler nach Min-Tao griff, packte er dessen Arm und hielt ihn umklammert fest.
„Ihr werdet sie nicht anfassen. Bei allem, was mir geblieben ist, werde ich
Euch töten, wenn Ihr sie auch nur berührt!“
    Der Kriegsminister machte daraufhin eine Handbewegung
und Angehörige der kaiserlichen Wache kamen herein, packten Bao und hielten ihn
fest. Er selbst nahm den Umhang und legte Min-Taos schönes und sauberes Gesicht
frei.
    Wang Anshi hielt die Luft an. Tatsächlich. Sie war
es.
    Der Kriegsminister setzte zu einer weiteren
Ansprache an, informierte Wang Anshi ohne Umschweife, dass er mit sofortiger
Wirkung seines Amtes enthoben war, und stellte ihn unter Arrest.
    Bao wurde ebenfalls abgeführt.
    Ketùn wurde vorsichtshalber auch festgesetzt und
verbrachte die Nacht gefesselt neben Bao.
    „Sie werden mich hinrichten“, stellte Bao
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