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Die gelehrige Schuelerin

Die gelehrige Schuelerin

Titel: Die gelehrige Schuelerin
Autoren: Ira Miller
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ungetümen Wellen, röhrte wie eine Waschmaschine, sammelte seine Kraft wieder und stürzte sich von neuem auf den Strand. Eine ungeheure Woge gab sich den Anschein, als bräche der Ozean mit letzter Kraft, dem letzten Atemzug über den Sand, rollte dann langsam aus, machtvoll wie ein großer starker Strom, der die Erde mit sich reißt.
    »Ich wusste nicht, dass du zum ersten Mal hier bist«, sagte Annie.
    Ich drehte mich um und lief an der Brandung entlang. Ich musste mich einfach eine Weile lang allein mit dem Meer fühlen dürfen. Mit jedem Schritt schoss mir eine Erinnerung durch den Kopf:
    Mein Sommer in der Karibik, Jones Beach mit dem endlosen, weißen Sandstrand und der Unmenge von Menschen, die mich zu erdrücken drohten, so dass ich mich als Kind winzig gefühlt hatte. Es gab auch andere Strände, bebaut mit Sonnenschutzarkaden und Erfrischungskiosks. Wenn ich dort bei den Wettbewerben einen Preis gewann, war er für mich doppelt wertvoll, weil
ich
ihn errungen hatte (noch heute besaß ich eines der Taschenmesser). Ich erinnerte mich noch an die Höhepunkte, wenn der große, breitschultrige Mann, dessen Atem nach verspeisten Hot Dogs roch, in seine fettig schmutzige Lederschürze griff und uns die Siegermünzen austeilte.
    Als ich fünf oder sechs Jahre alt war, hatten meine Eltern mich mit nach Atlantic City genommen. Die Landungsstege, die Leute, die mit Signalflaggen auf ihren Posten saßen, die riesigen Hunde und Autoscooter, der meilenweite Holzsteg, all das hatte mich sehr beeindruckt. Einige Leute spazierten, andere fuhren Rad auf dem befestigten Sandweg. Meine Eltern hatten sich große englische Rennräder gemietet, und ich strampelte verzweifelt auf meinem Kinderrad, um mit ihnen Schritt zu halten, wütend, dass ich immer noch die Stützräder benutzen musste.
    »Wo rennst du hin?«, rief Annie zwanzig Meter hinter mir. Sie rannte, um mich noch einzuholen.
    »Entschuldigung«, rief ich zurück. Ich wartete auf sie und beobachtete fasziniert die Pazifikbrandung, die mich magisch anzog. Die Sonne strahlte hell durch dunkelblaue, kontrastreiche Wolkenberge.
    »Ich hatte dich vergessen.«
    Ich wandte mich ab, um noch ein Stück weiterzulaufen. Annie folgte mir. Unsere Schuhe hinterließen tiefe Fußabdrücke im Sand. Wir kletterten über Felsen, und bald waren unsere Hosenbeine bis an die Knie nassgespritzt.
    Ich kehrte aus meinen Erinnerungen in die Gegenwart zurück.
    Annie hatte die Distanz gespürt und gewusst, dass ich mich ihr entzogen hatte. Sie hatte weniger Einfluss auf mich und änderte deswegen ihre Haltung. Jetzt lag es an ihr, mich zu erforschen. Ich fühlte mich dabei wohler.
    »Lass uns eine Pause machen«, sagte sie.
    Ich ließ mich in den Sand fallen und achtete nicht darauf, dass meine Jeans nass wurden. Jetzt, wo ich nicht mehr lief, war der Wind, der vom Wasser herüberwehte, trotz der Sonnenstrahlen kalt.
    »Was bewirkt das Wasser in dir?«, fragte Annie lächelnd.
    »Es macht mich wieder jung. Ein bisschen wenigstens. Jeder ist heute schon so unsicher in Bezug auf sein Alter, dass man sich mit fünfundzwanzig schon wie ein alter Nostalgiker fühlt. Es verändert auch meinen Körper. Meine Haut fühlt sich im Gesicht viel rauer an. Wenn ich nicht draußen arbeite, verliere ich leicht meine Kondition. Früher konnte ich stundenlang rennen.
    Das Meer macht mich auch ein bisschen schrullig. Wie einer, der versucht in die Brandung zu laufen und immer wieder zurückgeworfen wird, werde ich ständig zurückgestoßen und kann deshalb nicht älter werden …«
    »So poetisch, Mr. Lester?« Annie lächelte.
    Ich ignorierte ihren Sarkasmus.
    Ich legte mich flach auf den Boden und streckte Arme und Beine aus. Meine Haare wühlten sich in den Sand. Ich schloss die Augen. Es war ein herrliches Gefühl, sich von der Brandung wegtragen zu lassen. Auf keinen Fall würde ich mit ihr schlafen. Wirklich. Meine Fantasie war mit mir durchgegangen. Das hier
war
eine Exkursion mit einer meiner Schülerinnen.
    Doch plötzlich setzte sie sich auf meine Brust. Ihre Beine knieten an jeder Seite und nagelten meine Arme fest. Ich hatte das Gefühl, gerade im Ringkampf besiegt worden zu sein. Träumte ich das alles nur? Ich hatte keine Lust, die Augen zu öffnen.
    Ein zarter Geruch wehte ganz nah an mein Gesicht. Einen winzigen Augenblick, bevor ihre Lippen mich berührten, spürte ich die Wärme auf ihrem Mund. Sie legte all ihre Leidenschaft in den langen Kuss. Ihre Beine ließen mir keinen Freiraum. Ich lag
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