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Die gelehrige Schuelerin

Die gelehrige Schuelerin

Titel: Die gelehrige Schuelerin
Autoren: Ira Miller
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hatte. Vielleicht ein wenig besser in der Charakterisierung der Darsteller, eine etwas bessere Aufnahmetechnik – aber wollte nicht auch Solomon Gomorrah die Entwicklung seines Charakter schildern? – Das meiste war eine Aneinanderreihung von Sex, so als hätte der Regisseur ständig folgende Anweisungen erteilt: »Okay, die Frontalposition haben wir jetzt im Kasten, nun lasst uns die Rückenlage durchgehen, wie wär’s mit ein bisschen Fellatio …«
    Die Vorstellung war für ein paar Zuschauer (hauptsächlich biedere Stadtleute oder einfaches Volk vom Land) verblüffend. Vermutlich hatten sie einen
wirklichen
Film mit Handlung und allem erwartet, und jetzt passierte nichts weiter als eine geballte Ladung Sex. Viele waren gespannt oder verlegen. Man hörte ständige nervöse Bewegungen, Beine, die übereinander geschlagen wurden, Füße, die über den Boden rutschten, wenn die Zungen, Mösen, Schwänze, Finger auf der Leinwand sich wild, schnell und heftig bewegten. Einige gingen hinaus.
    Weil der Film eiskalt von einer knallharten Sexszene zur anderen hinüberwechselte, wurden die Zuschauer, die geblieben waren, zwangsläufig zu Voyeuren. Einige fühlten sich unbehaglich. Sie spürten irgendwie, dass dies hier im Vergleich zu den Filmen, in die sie sonst ungeniert hineingingen, etwas Anrüchiges hatte, wollten aber insgeheim doch noch mehr davon sehen (besonders die Männer). Ich hörte, wie ein Mann in den Fünfzigern zu seiner Frau sagte: »Das ist einfach ekelerregend, mein Liebling!« Aber er gehörte nicht zu denen, die früh hinausgegangen waren. Zu Hause im Bett würde er sicher mit aufgefrischter Potenz antreten.
    Ich überließ mich der Macht der laufenden Bilder, lehnte mich tief in den Sitz zurück und glaubte den Typen auf der Leinwand. Ich wollte einfach, dass ihr Sex real wäre. In meiner Hose wuchs eine ausgedehnte Erektion – Schwanz drückte schmerzhaft gegen den Reißverschluss. Und als eine Frau sich das Kleid über den Kopf zog und die Kamera eine Totale ihres wunderschönen nackten Körpers einfing, schwarze Schamhaare gegen weiche, weiße Haut schimmerten und sie begann, den Mann vor ihr anzubetteln, dass er sie ficken möge, wäre ich am liebsten hineingesprungen und hätte es für ihn getan. Ich hatte keine andere Wahl, als mit der Hand unter den Regenmantel zu schlüpfen und den Reißverschluss aufzuziehen. Aber ich konnte die Hand nicht bewegen. Warum nicht? In den anderen Kinos hatte ich es doch auch gemacht. Ich konnte es so unauffällig erledigen, dass mein Kopf und Körper sich kaum bewegten. Ich war schon so erregt, dass ich vermutlich bei der ersten Berührung mit den Fingern kommen würde. Warum also nicht? Ich würde das Kino sowieso vor allen anderen verlassen. Die Bilder verführten mich, es zu tun. Mein Schwanz schrie nach Befriedigung. Warum nicht? Dann war ich eben in Gesellschaft von
Normalbürgern
! Sie hatten genau wie ich bezahlt, um eingelassen zu werden. Warum nicht? Ich war ein verschrobenes Arschloch. Ich hatte keine Integrität mehr. Als menschliches Wesen unter aller Sau, eine Sau, die sich in der eigenen Scheiße suhlte. Eindeutig ein Schwanz, der vom Schwanz an der Nase herumgeführt wurde. Endlich alt genug geworden, mein eigenes Geld zu verdienen, meine eigenen Entscheidungen zu fällen, vollständig selbst dafür verantwortlich zu: sein, ob ich gewann oder verlor. Zum ersten Mal allein draußen in einer Welt, die mir befahl, Karriere zu machen, eine Frau zu haben, ein
Mann
zu sein, und was war geschehen? Ich scheiterte … hundertprozentig, vollkommen, unbezweifelfickbar. Aber warum nicht?
    Meine linke Hand wanderte endlich zum Reißverschluss, ballte sich zur Faust und schlug kräftig auf Penis und Hoden.
    Es war ein Kampf, diese Schmerzen durchzuhalten. Zwei stechende Messer fuhren mir durch die Nieren. Ich griff nach der Rückenlehne vor mir, um nicht umzukippen. Dann holte ich sechsmal tief Luft. Es gelang mir, auf die Füße zu kommen und durch den Gang zu humpeln. Ich musste weg von hier. Ich musste mich irgendwo allein vergraben. Als ich zum Ausgang kam, wechselte die Szene von Innen- zu Außenaufnahmen. Das plötzlich erscheinende helle Licht erleuchtete die Gesichter der Zuschauer in den ersten Reihen. Ich sah Annie in der Mitte des Kinos sitzen. Neben ihr ein Junge, den ich vom Basketballteam der Schule her kannte. Auf der Leinwand sah man zwei Frauen in der Wüste, die sich gegenseitig leckten, während zwei Pferde daneben ihr Frühstück
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