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Die gelehrige Schuelerin

Die gelehrige Schuelerin

Titel: Die gelehrige Schuelerin
Autoren: Ira Miller
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Einzelheiten sind doch gerade das Wichtigste, Arnie.«
    Ich hörte ihr zu.
    »Ich hatte immer geglaubt, dass Tom nur ein dummer Typ wäre, viel Muskeln, wenig Hirn. Als wir dann zusammen wegfuhren, dachte ich, er würde sich wohl an mich heranmachen, damit er bei seinen Freunden im Team mit mir angeben könne. Wir haben aber nur miteinander getrunken und die ganze Zeit über die Schule gequatscht. Er erzählte mir, dass er fürchterliche Angst vor dem Abschlussexamen hätte, dass er überhaupt keinen Bock hätte, aufs College zu gehen, dass er sich überhaupt in gar nichts auskennen würde, außer Basketball. Ich war ziemlich high, aber ich glaube, ich verstand, was er meinte. Aber wir waren doch nur eine Nacht zusammen in der Stadt. Überhaupt keine Verpflichtungen oder Versprechungen. Warum hätte ich dir also davon erzählen sollen? Aber dann wurden die Dinge zwischen dir und mir immer komplizierter – der Sex, unsere
Fantasien,
wie wir uns in der Schule zueinander verhielten, das Konzert, meine ungewohnte Kälte im Bett. Ich war plötzlich gar nicht mehr so scharf auf die Liebe.« Ich wünschte jetzt, dass ich netter zu ihr gewesen wäre. »Aber ich liebte dich immer noch.« Tat sie das? »Ich ging mit Clara zu mehreren Basketballspielen, und danach tranken wir meistens mit Tom und seinen Freunden noch ein Bier. Immer nur Gelächter. Er hat mich nie bedrängt, mit ihm zu schlafen. Ich hatte auch gar keine Lust dazu. So dachte ich mir, dass es eigentlich gar keinen Grund gäbe, dir davon zu erzählen. Außerdem hatte ich festgestellt, dass du dich immer mehr verändertest. Ich wusste, dass du mich gerne stark haben wolltest. Ich hab’s versucht … aber dabei habe ich mich ja gerade auch verändert. Tom hat etwas in mir aufgerüttelt. Wir kauften Schallplatten, hörten sie gemeinsam an, gingen miteinander ins Kino. Es war alles so einfach, wenn ich mit ihm zusammen war. Highschoolboys erschienen mir auf einmal gar nicht mehr so jung. In der Nacht, in der wir den Kometen gesehen haben, haben Tom und ich zum ersten Mal miteinander geschlafen.« Ich konnte nicht umhin zusammenzuzucken. »Ich konnte es dir nicht sagen. Für dich war es ja schon Superscheiße, dass ich nicht gekommen war. Es hätte sich so angehört, als wenn ich die ganze Zeit schon etwas vor dir verborgen hätte. Ich machte es dann mit all dem Glimmerzeug wieder gut, versuchte es wenigstens. Ich hatte Angst, dich zu verlieren. Aber ich konnte dir nicht alles von meinem wahren Ich geben, weil ein Teil davon schon bei Tom war. Ich fühlte mich so schuldig …« Ihre Worte sprangen jetzt flüssig aus dem Mund wie ein im Frühjahr zum ersten Mal auf die Wiese frei gelassenes Fohlen. »… ich konnte einfach nicht mehr die ganze Zeit für dich stark sein. Mit diesem Gewichtheber da, das war wirklich Scheiße von mir. Ich war ein richtiges Arschloch.«
    »Nein.«
    »Ich wollte dir gerade von Tom erzählen, als Mr. Hargrove ins Klassenzimmer gestiefelt kam. Du weißt schon, an dem Nachmittag. Aber ich hatte das Gefühl, ich hätte so viel Macht, ich würde dich so schwer verletzen – da konnte ich es nicht tun. Und dann hast du so glücklich ausgesehen, als ich mit dir wegfahren wollte. Und ich war auch froh, froh, dass du mich immer noch so gern hattest. Ich wollte die Dinge klären. Aber diese letzte Nacht im Motel … Wir – wir … Ich hatte gar nicht gewusst, dass wir im Grunde so wütend aufeinander gewesen waren. Ich wusste, dass ich dir am nächsten Morgen sagen musste, dass mich etwas in eine andere Richtung von dir wegzöge. Arnie, ich habe nie wirklich geglaubt, dass du schwul bist …«
    »Annie. Es ist okay. Weil wir nun aufgehört haben, ein Liebespaar zu sein, heißt das ja noch lange nicht, dass wir nicht…«
    »Arnie, es ist alles so komisch. Wenn ich mit Tom zusammen war, wollte ich ihn. Er war jeden Nachmittag bei mir, als ich krank war.«
    »Ich wäre auch gern bei dir gewesen.«
    »Ich weiß. Ich weiß, wie viel ich dir bedeute. Ich fühle mich immer noch mit dir verbunden. Wenn ich mit dir zusammen war, habe ich kaum an Tom gedacht. Ach, ich weiß nicht, ich muss immer noch an unsere schönen Zeiten denken. Ich habe nie wirklich gewollt, dass das mal aufhört. Auch jetzt spüre ich es wieder, ganz stark.«
    Sie griff mit ihrer Hand nach meinen im Gips versteckten Fingern und streichelte die Kuppen, die daraus hervorlugten. Ich spürte ihre vertraute Wärme. Auch ich musste an die Augenblicke denken, in denen wir uns durch solche
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