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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Pancol
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Buch sei in Wahrheit nicht von der vermeintlichen Autorin, Iris Dupin, geschrieben worden, sondern von Ihrer Mutter …«
    »Ganz genau. Und als Beweis habe ich Ihnen den Laptop meiner Mutter gezeigt, auf dem sich alle aufeinanderfolgenden Fassungen des Buchs befinden …«
    Deshalb konnte ich ihn heute Morgen nirgends finden! Ich habe ihn überall gesucht. Zuletzt dachte ich, ich hätte ihn bei Luca vergessen …
    »Und ich muss hinzufügen«, fuhr der Moderator fort, »dass wir vor der Sendung einen Notar hinzugezogen haben. Dieser hat nicht nur festgestellt, dass auf dem Laptop tatsächlich die verschiedenen Fassungen des Manuskripts abgespeichert sind, sondern auch, dass er Ihrer Mutter, Madame Joséphine Cortès, gehört, die als Historikerin am CNRS beschäftigt ist …«
    »Sie ist Expertin für das zwölfte Jahrhundert, genau die Zeit, in der das Buch spielt…«
    »Sie sagen also, dieses Buch wurde nicht von Ihrer Tante geschrieben, denn wir dürfen nicht vergessen, dass Iris Dupin Ihre Tante ist, sondern von Ihrer Mutter?«
    »Ja«, bestätigte Hortense mit fester Stimme, den Blick direkt in die Kamera gerichtet.
    »Sie wissen, dass diese Enthüllung einen fürchterlichen Skandal hervorrufen wird?«
    »Ja.«
    »Sie lieben Ihre Tante sehr …«
    »Ja.«
    »Und trotzdem gehen Sie das Risiko ein, sie zu zerstören, ihr ganzes Leben zu zerstören …«
    »Ja.«
    Ihre Ruhe war nicht gespielt. Hortense antwortete, ohne zu zögern, ohne zu erröten, ohne zu stottern.
    »Und warum tun Sie das?«
    »Weil meine Mutter mich und meine Schwester alleine großzieht, weil wir nicht viel Geld haben, weil sie sich für uns abrackert und weil ich nicht möchte, dass sie um ihre Beteiligung am Erlös des Buches betrogen wird.«
    »Das heißt, Sie tun es allein des Geldes wegen?«
    »Ich tue es vor allem, damit meiner Mutter Gerechtigkeit widerfährt. Und in zweiter Linie wegen des Geldes. Für meine Tante, Iris Dupin, war das Ganze bloß ein Spaß, sie hatte sicher nicht damit gerechnet, dass das Buch ein solcher Erfolg wird. Ich finde es nur gerecht, dass meine Mutter bekommt, was ihr zusteht …«
    »Wenn Sie schon vom Erfolg dieses Buches sprechen, können Sie uns dazu genauere Zahlen nennen?«
    »Natürlich. Bis zum heutigen Tag wurden fünfhunderttausend Exemplare verkauft, es wird in sechsundvierzig Sprachen übersetzt, und Martin Scorsese hat die Filmrechte erworben …«
    »Fühlen Sie sich übervorteilt?«
    »Es ist so, als hätte meine Mutter ein Lotterielos gekauft und meine Tante den Gewinn eingesteckt … Mit dem Unterschied, dass man für den Kauf eines Loses dreißig Sekunden braucht, wohingegen meine Mutter ein Jahr an diesem Buch gearbeitet hat und es im Grunde die Frucht jahrelanger Forschungen ist! Ich finde es nur gerecht, wenn sie dafür auch entsprechend belohnt wird …«
    »In der Tat«, bekräftigte der Moderator. »Sie sind übrigens heute in Begleitung eines Anwalts hierher gekommen. Maître Gaspard vertritt auch zahlreiche Stars aus dem Showbusiness, Mick Jagger zum Beispiel. Maître Gaspard, verraten Sie uns, was man in einem solchen Fall tun kann.«
    Der Anwalt stürzte sich in einen weitschweifigen Monolog über Plagiate, die Arbeit von Ghostwritern, die verschiedenen Prozesse, die ihm bekannt waren und in denen er selbst Mandanten vertreten hatte. Hortense hörte zu. Sie saß kerzengerade und blickte immer noch direkt in die Kamera. Sie trug ein grünes Poloshirt von Lacoste, das ihre funkelnden Augen und den rötlichen Schimmer ihres Haars betonte. Joséphines Blick wurde von dem kleinen Krokodil auf ihrer Brust angezogen.
    Nachdem der Anwalt geendet hatte, wandte sich der Moderator ein letztes Mal an Hortense, die zum Abschluss die brillante Laufbahn ihrer Mutter am CNRS, ihre Forschungen über das zwölfte Jahrhundert und ihre furchtbare Bescheidenheit erwähnte, die ihre eigene Tochter wahnsinnig machte.
    »Wissen Sie«, schloss Hortense, »für ein Kind, und es ist noch nicht so lange her, dass ich ein Kind war, ist es wichtig, seine Eltern bewundern zu können, ein Kind muss davon überzeugt sein, dass seine Eltern stark sind, stärker als alle anderen. Die Eltern bilden einen Schutzwall vor der Außenwelt. Man will nicht wissen, ob sie schwach sind, ratlos, ob sie zögern. Man will nicht einmal wissen, ob sie Probleme haben. Man muss sich in ihrer Nähe sicher fühlen können. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass meine Mutter nicht robust genug
wäre, um sich Respekt zu
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