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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Pancol
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der ihr ihre ganze Zeit raubte, und fragte immer wieder: »Wann ziehen wir denn endlich um? Shirley ist doch nicht mehr da, worauf warten wir noch, um nach Paris zu ziehen?« Joséphine dachte immer häufiger darüber nach. Sie begann, sich Wohnungen in Neuilly anzuschauen, damit Zoé nicht all ihre Freunde verlor. Hortense hatte erklärt, dass Neuilly ihr sehr recht sei. »Da gibt es Bäume, eine Metrostation und ordentliche Busverbindungen, die Leute sind gut gekleidet und gut erzogen, da werde ich nicht mehr das Gefühl haben, in einem Reservat zu leben. Aber so oder so,
sobald ich mein Abitur in der Tasche habe, bin ich weg, ich gehe ins Ausland und baue mir da mein eigenes Leben auf.«
    Sie erwähnte ihren Vater nicht mehr. Jedes Mal, wenn Joséphine sie fragte: »Ist alles in Ordnung, Liebes, bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Willst du nicht darüber reden?«, zuckte sie gereizt die Schultern und erwiderte: »Wir haben doch alles geklärt, oder?« Sie hatte Joséphine gebeten, den Fernseher wieder aus dem Keller zu holen, nachdem die Prüfungen vorbei waren. Sie wollte Modesendungen im Kabelfernsehen sehen. Joséphine war froh darüber, dass ihre Tochter auf andere Gedanken kam, und abonnierte das Senderpaket, das Hortense ausgesucht hatte.
    Und so machte Joséphine eines Sonntags Mitte Juni den Fernseher an. Sie war allein zu Hause, Hortense war ausgegangen, und sie wartete darauf, dass sie wiederkam. »Schalt heute Abend das Dritte ein«, hatte Hortense gesagt, »es könnte sein, dass du mich siehst … Verpass mich nicht, es dauert nicht lange.«
    Es musste etwa halb zwölf Uhr abends sein, und bei jedem Geräusch im Treppenhaus spitzte sie die Ohren. Sie hatte Hortense Geld für ein Taxi gegeben, aber die Sorge war stärker als sie. Ihr war einfach nicht wohl zumute, wenn sie wusste, dass Hortense abends allein unterwegs war. Allein im Taxi, allein in diesem Vorort, allein im Treppenhaus. Wenn Gary sie begleitete, war es anders. Schon aus dem Grund ist es gut, dass wir umziehen, dachte sie. Neuilly ist so ruhig und friedlich. Dort werde ich mir weniger Sorgen machen, wenn sie abends weggeht …
    Geistesabwesend blickte sie auf den Bildschirm, wechselte den Sender, schaltete zurück auf das Dritte und hielt nach Hortense Ausschau. »Wenn Sie möchten, komme ich vorbei und leiste Ihnen Gesellschaft«, hatte Luca vorgeschlagen, »ich werde mich auch gut benehmen!« Aber sie wollte nicht, dass ihre Tochter sie in Begleitung eines Mannes sah, der ihr Liebhaber war. Es gelang ihr noch nicht, ihre beiden Leben miteinander zu verknüpfen. Das Leben mit Luca und das Leben mit ihren Töchtern.
    Sie schaltete um und glaubte, Hortense zu sehen. Sie richtete sich auf. Es war Hortense. Das Interview hatte gerade erst angefangen. Ihre Tochter besaß eine unglaubliche Bildschirmpräsenz, eine natürliche
Schönheit. Und sie wirkte vollkommen unbefangen. Man hatte sie geschminkt und frisiert, was sie älter und reifer erscheinen ließ. Joséphine schrie vor Bewunderung auf. Sie ähnelte Ava Gardner. Der Moderator stellte sie vor, nannte ihr Alter und erzählte, dass sie gerade die Abiturprüfungen hinter sich hatte …
    »Ist alles gut gegangen?«
    »Ja, ich glaube schon«, antwortete Hortense mit leuchtenden Augen.
    »Und was wollen Sie anschließend machen?«
    So, dachte Joséphine. Gleich wird sie sagen, dass sie gerne Mode entwerfen würde, wird erwähnen, dass sie im Herbst eine Ausbildung in London anfangen wird, fragen, ob nicht ein Designer an ihrem Talent interessiert sei. Sie ist so viel mutiger als ich. Sie ist so tüchtig, so zielstrebig. Sie weiß ganz genau, was sie will, und vergeudet keine Zeit damit, anderen etwas vorzumachen. Und tatsächlich hörte sie ihre Tochter darüber reden, dass sie gerne in die so hermetisch abgeschottete Welt der Mode eindringen wolle. Sie betonte, dass sie im Oktober nach London gehen werde, um dort eine Ausbildung zu beginnen, aber falls ein Pariser Couturier ihr im Juli, August oder September ein Praktikum ermöglichen könnte, wäre sie hocherfreut.
    »Aber Sie sind heute nicht nur deswegen hier«, unterbrach der Moderator sie trocken.
    Es war derselbe, der Iris geschoren hatte. In Joséphine regte sich ein furchtbarer Verdacht.
    »Nein. Ich bin hergekommen, weil ich etwas über ein bestimmtes Buch zu sagen habe«, erklärte Hortense langsam und deutlich. »Ein Buch, das in letzter Zeit großen Erfolg hatte, Die demütige Königin  …«
    »Sie behaupten, dieses
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