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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Pancol
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großen weißen Blumensträuße, die ins Grab geworfen wurden, ein Trauermarsch von Mozart, die Texte, die jedes Familienmitglied vorlas. Henriette Plissonnier hatte den schwarzen Schleier von Jackie Kennedy kopiert und die Mädchen aufgefordert, den Sarg zu küssen, ehe er in die Erde hinabgelassen wurde.
    Auch Joséphine fragte sich, wie sie neun Monate im Bauch dieser Frau hatte verbringen können, von der alle behaupteten, sie sei ihre Mutter.
    An dem Tag, als sie ins CNRS aufgenommen worden war – als eine von drei erfolgreichen Kandidaten unter hundertdreiundzwanzig Bewerbern – und zum nächstbesten Telefon gestürmt war, um ihrer Mutter und Iris die Neuigkeit zu verkünden, hatte sie sich ständig wiederholen, sich geradezu heiser schreien müssen, denn keine von beiden verstand ihre Aufregung! CNRS? Was wollte sie da bloß?
    Sie musste den Tatsachen ins Auge sehen: Die beiden interessierten sich einfach nicht für sie. Sie hatte es schon seit Längerem geahnt, doch an diesem Tag war ihre Vermutung bestätigt worden. Lediglich ihre Hochzeit mit Antoine hatte sie in eine gewisse Erregung versetzt. Ihre Heirat war endlich etwas, was man nachvollziehen konnte. Sie war nicht länger das kleine, tollpatschige Genie, sondern wurde zu einer ganz normalen Frau mit einem Herzen, das erobert werden konnte, einem Bauch, den es zu befruchten galt, einer Wohnung, die sie einrichten musste.
    Aber sehr schnell hatte sich bei Madame und Iris Enttäuschung breitgemacht: Antoine würde ihren Ansprüchen niemals genügen. Sein Scheitel war zu gerade gezogen – wie uncharmant  –, seine Socken waren zu kurz – wie stillos  –, sein Gehalt war zu niedrig und von zweifelhafter Herkunft – er verkaufte Gewehre, wie peinlich  –, aber das Schlimmste, das wirklich Allerschlimmste war, dass die Familie seiner Frau ihn derart einschüchterte, dass er in ihrer Gegenwart unkontrolliert zu schwitzen begann. Kein leichtes Transpirieren,
das dezente Ringe unter seine Achseln gezeichnet hätte, sondern wahre Sturzbäche von Schweiß, die sein Hemd durchtränkten und ihn zwangen, sich zurückzuziehen, um sich abzutrocknen. Eine offensichtliche Beeinträchtigung, die nicht unbemerkt blieb und alle anderen in Verlegenheit brachte. So etwas passierte ihm nur bei den Verwandten seiner Frau. Bei Gunman & Co. hatte er nie geschwitzt. Niemals. »Es liegt bestimmt daran, dass du fast immer draußen an der frischen Luft bist«, versuchte Joséphine ihn zu beruhigen, während sie ihm das frische Hemd reichte, das sie zu jedem Familientreffen mitnahm. »Du könntest nie in einem Büro arbeiten!«
    Plötzlich verspürte sie Mitleid mit Antoine. Sie vergaß ihre Zurückhaltung und erzählte Iris, was passiert war.
    »Ich habe ihn rausgeworfen! Oh, Iris, was soll denn jetzt nur aus uns werden?«
    »Du hast Antoine vor die Tür gesetzt? Endgültig?«
    »Ich habe es nicht mehr ausgehalten. Er ist ja lieb, und die Situation ist gerade nicht einfach für ihn, aber … Ich kann nicht mehr länger mit ansehen, wie er untätig hier herumsitzt. Vielleicht war ich nicht stark genug, aber …«
    »Und du bist sicher, dass das alles ist? Gibt es nicht noch einen anderen Grund, den du mir verschweigst …«
    Iris hatte die Stimme gesenkt. Sie sprach nun in dem Beichtvaterton, den sie immer anschlug, wenn sie ihrer Schwester Vertraulichkeiten entlocken wollte. Vor Iris konnte Joséphine nichts verbergen. Unfähig, ihr den geringsten Gedanken vorzuenthalten, gab sie immer nach. Schlimmer noch: Sie offenbarte jedes Geheimnis. Sie hatte das Gefühl, nur auf diese Weise ihre Aufmerksamkeit erregen zu können, nur auf diese Weise ihre Liebe zu gewinnen.
    »Du weißt nicht, wie das ist, mit einem arbeitslosen Mann zusammenzuleben … Ich habe mittlerweile fast ein schlechtes Gewissen, wenn ich selbst arbeite. Ich verstecke mich zum Schreiben hinter Kartoffelschalen und Kochtöpfen.«
    Sie warf einen Blick auf den Küchentisch und dachte, dass sie ihn noch freiräumen musste, ehe die Mädchen zum Mittagessen nach Hause kamen. Sie hatte es durchgerechnet: Das war billiger, als sie in die Schulkantine zu schicken.
    »Ich dachte, nach einem Jahr hättest du dich daran gewöhnt.«
    »Du bist gemein!«
    »Tut mir leid, Liebes. Aber du schienst dich doch damit abgefunden zu haben. Du hast ihn immer verteidigt … Was hast du jetzt vor?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Ich werde natürlich weiterarbeiten, aber ich muss mir noch etwas nebenher suchen,
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