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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Autoren: Katherine Pancol
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geschah.
    Sie wirkte bis über beide Ohren verliebt. In einen gewissen Philippe Dupin, der in seinem Cut vor Behagen schnurrte. »Wer ist das? Wer ist das?«, fragten sich die Gäste und musterten ihn verstohlen. Niemand kannte ihn. Iris berichtete, dass sie sich im Flugzeug kennengelernt hätten, es sei »love at first sight« gewesen. Ein schöner Mann, dieser Philippe Dupin. Den begehrlichen Blicken der Frauen nach zu urteilen, ohne Zweifel einer der schönsten Männer, die die Welt je gesehen hatte! Er stach aus der Schar der Freunde seiner Frau hervor mit einer Nonchalance, in die sich ein Hauch amüsierter Verachtung mischte. »Was macht er denn so …? – Er ist Geschäftsmann … – Und warum so schnell? Glaubst du …?« Niemand wusste etwas Genaues, und die Gerüchteküche brodelte. Die Mienen der Eltern des Bräutigams zeigten die gleiche verhaltene Geringschätzung wie die ihres Sohnes, was darauf hindeutete, dass dieser eine Mesalliance einging. Die Gäste wandten sich enttäuscht ab. Iris amüsierte niemanden mehr. Iris brachte niemanden mehr zum Träumen. Mit einem Schlag war sie entsetzlich normal geworden, und das war in ihrem Fall ausgesprochen stillos. Manche brachen den Kontakt ab. Sie war tief gefallen, und ihre Krone rollte über den Boden.
    Iris erklärte, das sei ihr schnurzpiepegal, und beschloss, sich mit Leib und Seele ihrem Mann zu widmen.
    Philippe Dupin platzte beinahe vor Selbstgewissheit. Er hatte eine auf internationales Wirtschaftsrecht spezialisierte Kanzlei gegründet und sich anschließend mit mehreren führenden Anwälten in Paris, Mailand, New York und London zusammengeschlossen. Er war ein
gewiefter Anwalt, den nur die scheinbar aussichtslosen Fälle reizten. Er war erfolgreich und konnte nicht nachvollziehen, warum es nicht einfach jeder genauso machte wie er. Sein Motto war simpel: »Wer etwas wirklich will, der schafft es auch.« Er lehnte sich in seinem großen schwarzen Ledersessel zurück, streckte die Arme aus, ließ die Fingerknöchel knacken und sah sein Gegenüber dabei an, als verkünde er eine Binsenweisheit.
    Mit der Zeit hatte seine Haltung auf Iris abgefärbt, und sie hatte Begriffe wie »Zweifel«, »Angst« oder »Zögern« aus ihrem Wortschatz gestrichen. Auch Iris war nun blasiert geworden, und ihre Überzeugungen waren wie in Stein gemeißelt. Ein Kind hatte zu gehorchen und hervorragende Schulnoten nach Hause zu bringen, ein Mann verdiente das Geld und ernährte seine Familie, eine Frau führte den Haushalt und machte ihrem Mann Ehre. Iris blieb schön, geistreich und verführerisch und vertrieb sich die Zeit mit Massagen, Joggen, Besuchen bei der Kosmetikerin und Tennis im Racing Club. Natürlich hatte sie keine wirklichen Aufgaben, aber »es gibt Frauen, die ihren Müßiggang überfrachten, und Frauen, die ihn beherrschen, das ist eine Kunst«, erklärte sie. Es war offensichtlich, dass sie sich der zweiten Gruppe zurechnete und die überforderten Müßiggängerinnen zutiefst verachtete.
    Das ist einfach nicht meine Welt, dachte Joséphine, während sie dem maschinengewehrartigen Geplauder ihrer Schwester lauschte, die nun auf ihre Mutter zu sprechen kam.
    Jeden zweiten Dienstag empfing Iris Madame, wie sie sie nannten, zum Abendessen, und bei diesen Gelegenheiten hatte die gesamte Familie ihre Erzeugerin zu verhätscheln. Glückliche Gesichter und Lächeln waren bei diesen Familienessen Pflicht. Unnötig zu erwähnen, dass Antoine sich mit gewissem Erfolg bemühte, diesen Zusammenkünften fernzubleiben, und immer eine passende Entschuldigung fand, um abzusagen. Er mochte weder Philippe Dupin, der sich stets bemüßigt fühlte, seine Ausführungen mit Untertiteln zu versehen, wenn er mit ihm redete – »die COB, also die Commission des Opérations de Bourse, die Börsenaufsicht, Antoine«  –, noch Iris, die ihm mit jedem Wort das Gefühl gab, ein alter Kaugummi zu sein, der unter der Sohle ihrer Pumps klebte. »Und wenn sie mich begrüßt, kommt es mir
immer so vor, als wollte sie mich mit ihrem Lächeln aufsaugen und in eine andere Dimension katapultieren!«, beklagte er sich. Tatsächlich hatte Iris keine besonders hohe Meinung von Antoine. »Na, hat sich bei deinem Mann etwas getan?«, war ihr Lieblingssatz, woraufhin Joséphine unweigerlich stotterte: »Nichts, immer noch nichts.«
    »Aha, also noch alles beim Alten!«, entgegnete Iris dann mit einem Seufzen und fügte hinzu: »Kein Wunder, so hohe Ansprüche bei so geringen
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