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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby
Autoren: Vern Sneider
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jedoch schüttelte den Kopf.
„Nein — erst muß ich mir alles genau angesehen haben.“ Und er trat an einen der
Stühle heran und beäugte ohne Scheu die dort sitzende Dame. „Gucken Sie bloß,
Fisby, sie hat genauso ein Gesicht wie meine Frau — ich meine, ebenso oval.“ Er
schnippte mit den Fingern. „Donnerwetter, wie war das doch gleich? Welche
Frisur fand meine Frau immer für ovale Gesichter am geeignetsten?
Mittelscheitel oder Seitenscheitel? Fräulein, probieren Sie doch mal einen
Mittelscheitel“, wandte er sich an die Friseuse.
    Aber die starrte ihn nur entgeistert
an, weil sie kein Wort verstand, während das Gesicht der Kundin auf dem Stuhl nur
allzu deutlich höchsten Unwillen verriet. Fisby wurden die Knie weich. Das
Getuschel wurde lauter, und man hörte ein paar auf den Oberst gemünzte bissige
Bemerkungen. Fisby blickte hilfesuchend um sich, und da fielen seine Augen auf
einen Gegenstand, der auf dem Lacktisch lag.
    „Herr Oberst“, sagte er schnell,
„sehen Sie doch mal — das interessiert Sie sicherlich.“ Aber der Oberst winkte
ungnädig ab. „Stören Sie mich jetzt nicht, Fisby. Sie sehen doch, ich bin beschäftigt.“
Und wie im Selbstgespräch fuhr er fort: „Oder hat meine Frau gesagt, daß jemand
mit einem ovalen Gesicht überhaupt keinen Scheitel tragen sollte? Verflucht
noch mal, daß ich mich nicht genau erinnern kann!“
    In seiner Verzweiflung unternahm Fisby
einen neuen Vorstoß: „Herr Oberst, das wäre aber doch ein wunderbares Geschenk
für Ihre Frau!“
    Bei diesen Worten drehte sich der
Oberst blitzschnell um, und Fisby, die gute Gelegenheit beim Schopfe packend,
hielt einen kleinen länglichen Kasten aus poliertem Holz hoch, an dem oben und
an den Seiten Schlitze angebracht waren und worin sich ein Schubfach mit
Räucherkerzen befand.
    Der Oberst kam neugierig näher, und
Fisby zündete eine der kleinen Kerzen aus Aloeholz an und ließ den duftenden
Rauch aufsteigen. „Wenn sich Ihre Frau einmal das Haar parfümieren will,
braucht sie nur den Kopf an das Kästchen zu legen — und schon ist es
geschehen“, erläuterte Fisby stolz.
    Der Oberst nickte bewundernd: „Das ist
wirklich nett.“
    „Und es ist verhältnismäßig billig“, fiel
Fisby schnell ein. „Ich glaube, es kostet nur zehn Yen — das sind ungefähr
fünfundsechzig Cents.“
    Der Oberst nahm den kleinen Kasten in
die Hand, besah ihn sich von allen Seiten und meinte dann: „Fisby, den nehme
ich!“ Und nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: „Ich nehme sogar gleich zwei.
Wenn die Mutter meiner Frau nicht auch einen bekommt, gibt’s nur Ärger.“
    „Dann müssen wir noch in Fräulein
Susanos Kosmetiksalon gehen, Herr Oberst“, antwortete Fisby. „Hier haben sie
nämlich nur den einen. Wollen Sie mir bitte folgen?“
    Er schob den Binsenvorhang zur Seite
und ließ den Oberst vorangehen, drehte sich dann schnell noch einmal zu den
Damen im Schönheitssalon um und legte höflich, wie um Entschuldigung bittend,
die Hand an die Mütze.
    Sie gingen die Straße hinunter, an
Nakamuras Einrichtungshaus vorüber, wo in dieser Woche Holzkohleöfen aus Ton
und seidene Kissen ausgestellt waren, an dem amerikanischen Laden, der Tabak,
Seife, Zahnpasta und andere Marketenderware verkaufte, an Gushis
Herrenschneiderei und an Frau Shimabukus Konfektionsgeschäft vorbei.
    Plötzlich erklang ein Gong, und der
Oberst blickte überrascht um sich. Von überall kamen die Menschen aus den
Läden, Kunden ebenso wie Verkäufer, und die Kutscher hielten ihre Wagen an und
entfernten sich ebenfalls. „Was ist denn los, Fisby?“ fragte der Oberst. „Ist
irgendwo Feuer ausgebrochen?“
    „Feuer?“ erwiderte Fisby, der nicht
gleich begriff, was der Oberst meinte. „Ach so — weil eben der Gong ertönte.
Nein, das ist das Zeichen dafür, daß es Zeit zur Frühstückspause ist. Wir
nennen das hier Kobiru.“
    „Und da lassen die Leute so einfach
ihre Läden im Stich?“
    „Ja freilich, denn Kobiru will keiner
hier verpassen. Wollen Sie vielleicht im Cha ya auch einen kleinen Imbiß zu
sich nehmen? Wir können die Geschenke auch später noch kaufen.“
    „Das wäre gar nicht schlecht“, nickte
der Oberst.
    In diesem Augenblick trat ein ziemlich
korpulenter, durchaus wohlsituiert wirkender Herr in einem weißen Anzug
amerikanischer Herkunft aus einem breiten, niedrigen Gebäude und ging dicht vor
ihnen die Straße hinunter, wobei er immerzu „Baa... baa... baa“ vor sich hin
summte.
    „Fisby, was ist denn mit
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