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Die Geisel

Titel: Die Geisel
Autoren: Michael Katz Krefeld
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seit längerer Zeit unter Schlafmangel. Sie selbst sah nach einem aufreibenden Tag auch nicht besser aus. Außerdem wirkten sie ein bisschen frustriert, als glaubten sie selbst nicht an den Erfolg ihrer Ermittlungen. »Das muss eine sehr anstrengende Arbeit sein«, sagte Maja.
    »Ja, wir haben alle Hände voll zu tun«, entgegnete Katrine Bergman und gab Maja rasch eine Liste mit den Präparaten, nach denen sie suchten. Maja erkannte den mürrischen Unterton wieder, den Katrines Stimme immer schon gehabt hatte.
    Sie nahm die Liste, setzte sich an den Computer und tippte ihr Passwort ein.
    »Maja ist ein Genie, wenn’s um solche Sachen geht«, bemerkte Skouboe und trat näher an sie heran.
    Maja überflog das Papier mit dem Briefkopf des Rechtsmedizinischen Instituts. Es war ein Bericht, der das Ergebnis von drei individuellen toxikologischen Untersuchungen zusammenfasste. Die Präparate, die gefunden wurden, waren Maja sehr vertraut. Als Erstes wurde Flunitrazepam genannt, besser bekannt als Rohypnol. Es handelte sich um ein Beruhigungsmittel, das schnell abhängig macht. Der Wirkstoff wird vom Körper rasch aufgenommen und führt zu heftigen Reaktionen. Während der Rausch anhält, vergessen die Konsumenten in der Regel sämtliche Sorgen.
    Maja gab das entsprechende Suchwort ein.
    »Wenn wir nur nach Flunitrazepam suchen, wird die Liste sehr lang sein.«
    Skouboe warf einen Blick auf die Liste und nickte.
    »Das ist richtig. In den Vororten wimmelt es nur so von Workaholics, die Beruhigungsmittel nötig haben.«
    »Gut, wenn es möglich ist, dann kombinieren Sie eben gleich verschiedene Begriffe. Dann können wir uns das später sparen«, sagte Katrine Bergman.
    »Okay«, entgegnete Maja und sah sich die anderen Präparate an, die bei den Opfern nachgewiesen worden waren. Das nächste kannte sie aus ihrer Zeit in der Notaufnahme. Natriumoxybat - im Volksmund auch als Fantasy oder Liquid Ecstasy bezeichnet - war die meistbenutzte Substanz bei Sexualdelikten unter Drogeneinfluss. Sie hat sowohl euphorisierende als auch halluzinatorische Wirkung und macht ihre Opfer vollkommen willenlos. Maja schauderte bei dem Gedanken, der Täter könnte den von ihm entführten und ermordeten Kindern diese Substanz eingeflößt haben.
    »Ich glaube, es gibt keinen Grund, auch nach Natriumoxybat zu suchen.«
    »Warum nicht?«, fragte Katrine.
    »Obwohl der Wirkstoff in einer ganzen Reihe von Medikamenten gegen Narkolepsi vorhanden ist, werden im Bericht so hohe Dosierungen genannt, dass sie unmöglich von diesen Medikamenten stammen können.«
    »Woher sollen sie sonst stammen?«
    Maja zuckte die Schultern. »Ich glaube, der Täter hat den Stoff auf der Straße gekauft. In konzentrierter Form.«
    »Wie er zum Beispiel in Fantasy vorkommt?«, fragte Tom Schæfer.
    Maja nickte. »Ja, das ist sehr gut möglich.«
    Er zog einen Block aus der Tasche und machte sich Notizen. »Was ist mit dem letzten Präparat?«
    »Ja, das ist interessant. Clozapin wird in der Regel bei psychischen Erkrankungen wie etwa Schizophrenie verschrieben.«
    »Haben Sie irgendeine Idee, warum der Täter dieses Mittel einsetzen sollte?«, fragte der Kommissar.
    Katrine Bergmans Mundwinkel zuckten. Wahrscheinlich hielt sie die Frage für überflüssig, ließ Maja jedoch antworten.
    »Clozapin hat dieselbe abstumpfende Wirkung wie Rohypnol. Vielleicht deswegen.«
    Sie tippte Clozapin ein und suchte in der Patientendatei. Von den gut dreitausend Patienten, die im Ärztehaus registriert waren, passte das von ihr vorgegebene medizinische Profil auf hundertsechsundsiebzig Personen.
    »Angesichts der Tatsache, dass alle Opfer sexuell missbraucht wurden und neunundneunzig Prozent aller Serienmörder männlich sind, können wir die weiblichen Patienten ruhig ausschließen«, sagte Katrine.
    Nachdem Maja die Frauen aussortiert hatte, blieben immer noch dreiundachtzig Kandidaten übrig. Sie klickte auf Drucken und drehte sich mit ihrem Stuhl halb herum. »Sie können den Ausdruck am Empfang abholen.«
    »Vielen Dank für die Hilfe«, sagte Tom Schæfer.
    Katrine Bergman nickte Maja kurz zu. »Ja, danke … und willkommen zu Hause«, fügte sie kühl hinzu.
    Maja nickte bedächtig zurück. Immer noch dieselbe Zicke, dachte sie. Dieselbe Katrine.
    Als die beiden Beamten aus der Tür waren, drehte sich Skouboe zu Maja um. »Scheint ja eine ziemliche Kratzbürste zu sein. Kennst du sie etwa?«
    Maja atmete tief durch und schüttelte den Kopf. »Nein … Das heißt ja, wir sind
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