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Die geheimnisvollen Zimmer

Titel: Die geheimnisvollen Zimmer
Autoren: Sven Elvestad
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ihm die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Während seines Gespräches mit Frau Hjelm hatte sein Argwohn sich außerordentlich verstärkt; aber ganz unerwartet waren außerdem noch etliche neue Dinge an den Tag gekommen.
    Was hatte Bengt bei der »Modedame« zu suchen? Offenbar war sie ebenso erstaunt gewesen über seinen plötzlichen Eintritt wie er selbst.
    Während Krag in tiefes Sinnen versunken seines Weges ging, hörte er plötzlich jemanden hinter sich her laufen. Er wandte sich rasch um und gewahrte einen jungen Mann, der sich ihm in höchster Eile näherte. Krag blieb stehen.
    »Wollen Sie mich sprechen?« fragte er, als der andere ihm nahe genug war, um ihn zu hören.
    »Ja, ich habe eine Botschaft für Sie.« »Von wem?«
    »Von Frau Hjelm. Ich bin ihr Knecht.«
    Der Mann sah sich vorsichtig um, als fürchte er, daß jemand sie belauschen könne.
    »Ich bringe einen Brief«, flüsterte er. »Ich soll Sie bitten, ihn zu lesen und dann nur ja oder nein zu sagen.«
    Krag nahm schnell das weiße Kuvert, das in der Hand des Mannes leuchtete. Er riß es auf und nahm einen kleinen Briefbogen heraus. In größter Eile hatte eine zierliche Damenhand darauf geschrieben:
    ›Ich muß Sie unbedingt sprechen, ehe Sie abreisen.‹
    Eine Unterschrift fand sich nicht darunter.
    »Nun?« fragte der Mann gespannt.
    »Sie kennen vielleicht auch den Inhalt des Briefes?« fragte Krag.
    »Nein, den kenne ich nicht.«
    »Sagten Sie, Frau Hjelm habe ihn geschrieben?«
    »Ja, sie schrieb ihn in der Halle, wo ich darauf warten mußte.«
    »War sie allein?«
    »Ja, aber der junge Aakerholm befand sich im Zimmer nebenan.«
    »Gut. Sie können Frau Hjelm von mir grüßen, und ich werde heute abend tun, was sie wünscht.«
    Der Mann zog die Mütze und wollte in die Villa zurückeilen, aber Krag hielt ihn fest. »Hören Sie«, sagte er, »wo wohnt der Herr, der gestern abend bei Frau Hjelm zu Besuch war und ihr Haus einige Minuten vor elf verließ?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Krag mußte darüber lächeln, daß seine kleine List so leicht gelungen war.
    »Nun«, sagte er, »es ist ja schließlich auch ganz gleichgültig. Grüßen Sie Frau Hjelm.«
    Damit setzte er seinen Weg fort.
    Als er in Kvamberg ankam, traf er den Arzt auf dem Hof. Er sah sehr erregt aus.
    »Ich muß dich sofort sprechen«, sagte er.
    Die beiden Herren gingen in ihre Zimmer hinauf.
    Doktor Rasch schloß die Tür und nahm eine Haltung an, die andeutete, daß er eine wichtige Mitteilung zu machen hatte.
    »Während deiner Abwesenheit hat sich hier etwas ereignet«, sagte er, »etwas ganz Unerwartetes.«
    »Hat man vielleicht den Mann aus dem Pavillon gesehen?« fragte Krag in vollkommen gleichgültigem Ton.
    »Nein.«
    »Was hat sich denn sonst ereignet?«
    »Die Polizei ist hier.«
    »Wirklich?«
    »Ein Vorgesetzter mit zwei Schutzleuten. Sie fordern eine gerichtliche Untersuchung betreffs Aakerholms Tod.«
    »Schön«, sagte Krag und setzte sich ruhig an seinen gewohnten Platz am Kamin.
    »Du bist also nicht im geringsten überrascht?« fragte der Arzt erstaunt.
    »Nein«, antwortete der Detektiv, »nur unerwartete Dinge überraschen mich, lieber Doktor, und das hier kann ich wirklich nicht unerwartet nennen. Ich habe es nämlich selbst veranlaßt.«
    »Du?!«
    »Ja. Ich mußte bei der jetzigen Sachlage die Polizei zuziehen, damit eine Berührung der Leiche verhindert werde. Eine solche ist nun natürlich verboten worden?«
    »Ja, ich hörte den Koch davon reden.«
    »So ist es in Ordnung.«
    »Was beabsichtigst du selbst zu tun?« fragte Doktor Rasch ungeduldig.
    »Ich reise ab.«
    »Was sagst du!?«
    »Ich reise heute vormittag ab. Meine Tasche ist bereits gepackt.«
    »Wann kommst du wieder?«
    »Heute nacht. Aber das darf niemand wissen.«
    »Oh, ich verstehe. Du willst Bengts Argwohn einlullen. Während er dich weit fort wähnt, bist du in Wirklichkeit in seiner unmittelbaren Nähe und beobachtest ihn.«
    »Stimmt. Ich komme heute abend um elf Uhr hierher zurück. Du mußt dafür sorgen, daß ich ungesehen hereinkomme. Das Fenster deines Zimmers geht ja nach dem Park hinaus. Es muß um elf Uhr dunkel sein, aber du mußt wach bleiben und beobachten, was sich ereignet. Habe auch ein Seil bei der Hand. Alles andere überlasse mir.«
    »Ich will alles nach deinen Angaben erledigen«, erwiderte der Arzt. »Aber nun bin ich sehr neugierig, zu erfahren, welches Resultat dein Gespräch mit Frau Hjelm hatte.«
    »Es ergab nichts Besonderes.«
    »Hat sie etwas
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