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Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)
Autoren: Melissa Fairchild
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rief er. »Dann geschieht euch nichts.«
    »Du kannst nicht entkommen!«, schrie Kellen. Seine Stimme war so heiser wie seine Haut entzündet. Offenbar ging seine Abneigung gegen Wasser weit über bloßen Widerwillen hinaus. Von seinem Körper wehte der vertraute ekelhaft muffige Gestank zu ihnen hinüber. »Ich werde dich finden, ganz gleich, wohin du auch fliehst. Du wirst diesen Thron besteigen!«
    »Hör nicht auf ihn!«, protestierte Arethusa. »Ich bin hier, um dich nach Hause zu holen, Avi. Wenn du bei mir bleibst, brauchst du nie wieder Angst vor Kellen zu haben. Bei mir bist du sicher, denn dort gehörst du hin.«
    »Erzählt mir nicht, wohin ich gehöre«, entgegnete Avi. »Ihr alle beide nicht. Ich kann das selbst entscheiden!« Dann wandte er sich an Hannah. »Achtstein, Neunstein, eins ist Schmu…«
    Kellen humpelte vorwärts. Er verzog das Gesicht und streckte die Hände aus. Kurz schossen blaue Flammen heraus, verloschen aber rasch wieder. »Stell dich nicht gegen mich, Avi. Sonst sorge ich dafür, dass du es den Rest deines Lebens bereust.«
    »Bei mir wirst du es gut haben, Avi«, sagte Arethusa und kam ebenfalls näher. »So war es doch schon immer, seit du ein Baby warst.«
    »Du hast dich bereits in meiner Kindheit nicht für mich interessiert«, schleuderte Avi ihr entgegen. »Und jetzt bin ich dir auch einerlei.«
    »Es gibt kein Entrinnen«, drohte Kellen.
    »Ich habe dich immer geliebt, Avi«, säuselte Arethusa.
    »Weißt du was?«, meinte Avi. »Ich glaube, das stimmt sogar. Doch die alltägliche Versorgung hast du Iphigenia überlassen. Sie hat sich um mich gekümmert, mir Wiegenlieder vorgesungen …«
    Hand in Hand liefen Avi und Hannah mitten durch den Kreis und durch Lücke Nummer acht, machten kehrt und sprangen durch Nummer neun. Nun war nur noch eine Lücke übrig: Nummer eins.
    Als Kellen sah, dass Arethusa einen weiteren Schritt vorwärtsmachte, näherte er sich ebenfalls.
    »Eins ist Schmu…«, sagte Brucie, die auf seiner Schulter saß. »Avi, du musst dich an die letzte Zeile erinnern.«
    Avi schloss die Augen. Wie einem Gedächtnis auf die Sprünge helfen, das gar nicht vorhanden war? Er kam einfach nicht darauf. »Ich kann nicht«, stöhnte er.
    Zögernd setzte Arethusa den ersten Fuß in den Steinkreis. Hannah klatschte in die Hände. »Königsstein sagt, das Kind bist du!«, rief sie.
    »Was?«, meinte Brucie.
    »Das ist die letzte Zeile«, verkündete Hannah.
    »Woher weißt du das?«, wunderte sich Avi.
    Hannah verzog verlegen das Gesicht. »Ich war sicher, es schon einmal irgendwo gehört zu haben, konnte mich aber nicht erinnern, wo. Es war in der Zelle, kurz bevor Levi die Seite herausgerissen hat. Ich habe ihm über die Schulter geschaut und sie gelesen. Königsstein sagt, das Kind bist du!«
    Avi küsste sie fest auf den Mund.
    »Ähem«, räusperte sich Brucie. »Wenn sie sich irrt, ist es aus mit uns. Warum bist du so überzeugt?«
    Avi machte sich von Hannah los und lächelte erst sie und dann Brucie an. »Weil ich ihr vertraue«, antwortete er.
    Sie ließen die letzte Lücke aus und rannten zum Königsstein. Als sie sich an seine bemooste Oberfläche drückten, ging am Horizont die Sonne auf und schickte ihre ersten Strahlen über die Feenfelder und in die Mitte von Stonehenge. Plötzlich warfen die Steine lange Schatten, und der Boden, auf dem sie standen, kippte langsam zur Seite.
    Am Rand des Steinkreises erhob sich Geschrei und Geheule. Die Elfensoldaten packten Arethusa und zogen sie zurück in einen Wirbel aus Schwanenflügeln. Auch Kellen wurde von seinen treuen Elitesoldaten gerettet. Jedoch weitete sich der Umfang des Steinkreises genauso schnell aus, wie sie die Flucht ergriffen, und hielt mit ihnen Schritt.
    Der Boden kippte nicht nur, sondern begann auch, sich zu drehen. Eine Macht, die stärker war als die Schwerkraft, presste Avi und Hannah fest an den Königsstein. Es war, als rührten sie sich nicht von der Stelle, während sich die Welt ringsherum bewegte.
    Nicht die Welt, dachte Avi benommen. Welten.
    Die Landschaft veränderte sich. Der unregelmäßig verlaufende Waldrand wich zurück, die Raine der Felder wurden gerade und regelmäßig, und eine Straße entstand. Aus einer Stadt in der Ferne stieg Rauch auf.
    Der Boden wirbelte immer schneller im Kreis, bis alles nur noch verschwommen wahrzunehmen war. Der Königsstein bekam einen Riss, der genau durch die Mitte verlief. Avi hielt sich mit aller Kraft fest und klammerte sich dabei an Hannah.
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