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Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)

Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse der Fürstin von Cadignan (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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berühmtesten Künstlern in größter Zierlichkeit ausgeführt worden. Da die Fürstin nur noch zwei oder drei Angehörige dieser Sammlung empfing, so nannte sie dieses Album scherzhaft ›das Buch ihrer Irrtümer‹. Das Unglück hatte diese Frau zu einer guten Mutter gemacht. Während der fünfzehn Jahre der Restauration hatte sie sich zu gut amüsiert, um an ihren Sohn zu denken; aber als die erlauchte Egoistin sich in die Verborgenheit zurückzog, sagte sie sich: wenn sie die Mutterliebe bis zum Äußersten trieb, so würde diese Mutterliebe ihre ganze Vergangenheit der Sünden lossprechen – eine Absolution, die jeder Mensch von Empfindung bestätigen mußte, da man einer ausgezeichneten Mutter alles vergibt. Sie liebte ihren Sohn um so inniger, als sie sonst nichts zu lieben hatte. Georg von Maufrigneuse gehört im übrigen zu jenen Kindern, die allen Eitelkeiten einer Mutter schmeicheln können, und so war es kein Wunder, wenn sie ihm jedes Opfer brachte. Sie mietete ihm einen Stall und eine Remise; und er wohnte in dem darübergelegenen Zwischenstock, der aus drei entzückend eingerichteten Zimmern bestand; sie legte sich selber vielerlei Entbehrungen auf, um ihm ein Reitpferd, ein Wagenpferd und einen jungen Diener halten zu können. Sie behielt nur ihre Zofe und als Köchin eins ihrer einstigen Küchenmädchen. Der Diener des Herzogs hatte jetzt einen etwas schweren Dienst. Toby, der ehemalige Reitknecht des verstorbenen Beaudenords, denn das war der Spaß, den der bankerotte Elegant der vornehmen Welt bereitete – jener junge Reitknecht, der mit fünfundzwanzig Jahren noch immer auf vierzehn geschätzt wurde –, mußte die Pferde striegeln, Coupé und Tilbury waschen, seinen Herrn begleiten, die Wohnung in Ordnung halten und bei der Fürstin im Vorzimmer stehen und die Besuche melden, wenn die Mutter seines Herrn einmal irgendeine hervorragende Persönlichkeit empfing. Wenn man bedenkt, welche Rolle unter der Restauration die Herzogin von Maufrigneuse, eine der Königinnen von Paris, deren glänzendes und luxuriöses Dasein vielleicht das der reichsten Modedamen von London in den Schatten stellte – wenn man bedenkt, welche Rolle sie damals gespielt hatte, so hat es etwas Rührendes, sie in ihrem bescheidenen Schneckenhaus der Rue Miromesnil zu sehen, wenige Schritte von ihrem ungeheuren Palast entfernt, der keinen Käufer fand, der reich genug gewesen wäre, um ihn zu bewohnen, und daher unter dem Hammer der Spekulation zertrümmert wurde. Jene Frau, für deren Bedienung kaum dreißig Dienstboten ausgereicht hatten, die die schönsten Empfangsräume von Paris besaß und die reizendsten kleinen Gemächer, und die so herrliche Feste gab, lebte jetzt in einer Wohnung von fünf Zimmern: einem Vorzimmer, einem Eßzimmer, einem Salon, einem Schlafzimmer und einem Ankleidezimmer, mit zwei Frauen zu ihrer Bedienung.
    »Oh, sie ist reizend gegen ihren Sohn,« sagte die schlaue Marquise d'Espard, »und zwar ohne jede Affektation; sie ist glücklich. Man hätte nicht glauben sollen, daß eine so leichtsinnige Frau imstande wäre, so beharrlich an einem Entschluß festzuhalten, deshalb ermutigt unser guter Erzbischof sie auch; er ist gut gegen sie, und er hat die alte Gräfin von Cinq-Cygne überredet, ihr einen Besuch zu machen.«
    Gestehen wir übrigens: man muß Königin sein, um in edler Weise abdanken und von einer hohen Stellung hinabsteigen zu können, die dennoch niemals ganz verloren ist. Nur jene, die das Bewußtsein haben, an sich nichts zu sein, bedauern ihren Sturz oder murren und reden von einer Vergangenheit, die niemals wiederkommt, weil sie sich sagen müssen, daß man nicht zweimal im Leben Erfolg hat. Da die Fürstin gezwungen war, den seltenen Blumen zu entsagen, in deren Mitte sie zu leben pflegte und die ihre eigene Erscheinung so reizend hervorhoben – denn es war unmöglich, sie nicht mit einer Blume zu vergleichen –, so hatte sie ihr Erdgeschoß vorsichtig ausgesucht, sie erfreute sich hier eines hübschen kleinen Gartens voller Büsche und mit einem Rasen, dessen Grün ihre friedliche Klause freundlich belebte. Sie mochte etwa zwölftausend Franken jährlicher Rente haben, und selbst dieses mäßige Einkommen bestand nur aus einer jährlichen Unterstützung, die die alte Herzogin von Navarreins, eine Vaterschwester des jungen Herzogs, zahlte und die bis zum Hochzeitstage des jungen Mannes laufen sollte, sowie aus einer zweiten Unterstützung, die die Herzogin von Uxelles ihr von ihrem
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