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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus
Autoren: Judith Merkle Riley
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wußte er.
    »Dann wird die Geschichte von einem Geschöpf aufbewahrt, das nicht nur schlecht Ordnung hält, sondern obendrein ein verantwortungsloses Kleinkind ist…«
    »Michel, wenn du so schlecht gelaunt bist, mag ich mich nicht mehr mit dir unterhalten«, tat der Engel beleidigt. »Reise nach Haus und laß dir von deiner Frau eine anständige Mahlzeit kochen, andernfalls kann ich dir nicht mehr Gesellschaft leisten, Fluch hin, Fluch her.«
    »Man verwendet hier nicht genügend Knoblauch«, brummelte Nostradamus. Doch Anael war bereits verschwunden.

Epilog
    E s war ein Sommerabend – so heiß, daß selbst die Zikaden keinen Schlaf fanden und die Sterne vor Hitze flackerten. In Nostradamus' Garten in Salon plätscherte ein Springbrunnen im dunklen Schatten der Bäume. Die Fensterläden der Schlafzimmer waren geöffnet, um eine nächtliche Brise einzulassen, wenn sie sich denn einstellte. Doch oben im Haus waren die Fensterläden fest verriegelt, und durch die Ritzen war der flackernde Schein einer Kerze zu sehen. Der alte Prophet beschwor wieder einmal die Geister der Zukunft.
    Unter seiner weißen Wahrsagerrobe aus Leinen trug der alte Zauberer nur sein Unterhemd, und dennoch rann ihm der Schweiß über den Körper. Den Doktorhut hatte er nicht abgelegt, auch nicht seinen Ring mit den sieben mystischen Symbolen und die Medaille am Band, die er von der Königin von Frankreich für seine außerordentlichen Verdienste erhalten hatte, denn selbst Geister erfordern ein gewisses Maß an Förmlichkeit in der äußeren Erscheinung. Mit seinem Zauberstab aus Lorbeer setzte er das Wasser in Bewegung und wiederholte die geheiligten Worte, bis er spürte, daß sich der vertraute Schatten hinter ihm erhob.
    »Nun, Nostradamus, die Versuchung war wohl einfach zu groß. Man sollte meinen, du hättest es satt, einen Blick in die Zukunft zu tun«, erklang Anaels Stimme, dessen unsichtbare Anwesenheit die Luft in dem stickigen Raum zum Vibrieren brachte.
    »O Geist, zeige mir eine Vision von den Wundern der fernen Zukunft«, skandierte der alte Prophet, während er mit dem Zauberstab das Wasser in der Wahrsageschale aus Messing umrührte. Als sich das Wasser beruhigte, sah er eine Stadt mit funkelnden Türmen und holzverkleideten niedrigen Häusern. In einem Hafen mit blauem Wasser erblickte er sonderbare Boote ohne Segel. Die Straßen waren staubfrei und mit irgendeinem glatten Material gepflastert, und sie wimmelten von merkwürdig aussehenden Leuten und plumpen Gefährten, die sich von allein bewegten, ohne daß auch nur ein einziges Pferd zu sehen war. Die Straßenschilder konnte er nicht lesen, sie waren in einer Schrift geschrieben, die ihm unbekannt war.
    »Das ist nicht Frankreich«, sagte er, hingerissen von dem, was er sah.
    »Sei froh«, bemerkte der Geist. Nostradamus beobachtete einen Mann, der stehenblieb und nach oben schaute. Hoch über der Stadt blitzte etwas Metallisches – ein Vogel, nein, ein Ding, das wie ein Vogel geformt war – am blauen Himmel. Der Mann beschattete die Augen mit der Hand und spähte kurz hinauf, dann ging er achselzuckend weiter.
    In diesem Augenblick verschlang ein riesiges Feuer jählings die ganze Stadt, der entsetzte Prophet nahm nur noch einen Blitz wahr und dann Rot – nichts als ein Meer von Rot. Nostradamus blinzelte und sah, wie sich über der Stadt eine pilzförmige Wolke blähte, während das Metallding davonflog. Als sich die Wolke verzogen hatte, war alles in Schwarz getaucht, und vereinzelte Feuer brannten dort, wo eben noch die Stadt gewesen war.
    »Anael, was war das?« Nostradamus fühlte, wie ihm die Worte im Hals steckenblieben.
    »Es geschieht zweimal. Sogar der Wind wird vergiftet.«
    »Zwei«, flüsterte Nostradamus, und seine Hand zitterte, als er mit dem Federkiel auf einem Bogen Papier kratzte: In der Nähe eines Hafens und in zwei Städten werden zwei Geißeln auftreten, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat…
    »Was bedeutet das«, rief er verzweifelt. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Woher soll ich das wissen?« erwiderte Anael. »Ich bewahre doch nur alles auf, ich mache es nicht.«
    »Ich habe gedacht, vielleicht hat Er dir etwas gesagt.«
    »Er denkt nicht wie du und ich, Michel. Dabei wirst du es belassen müssen.«
    »Dann zeige mir etwas Fröhliches, Anael, sonst bricht mir das Herz.«
    »Oh, dann rühre das Wasser um, Michel, ich habe genau das Richtige für dich. Das habe ich eigens für dich aufgehoben.« Anaels obere Hälfte verschwand, und es
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