Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus
Autoren: Judith Merkle Riley
Vom Netzwerk:
jedoch eine verständnisvolle Herrscherin. Und ich hatte vor… Ja, das ist gerade frei geworden: Beauvoir? Recht nett gelegen… gesunde Luft, ein hübscher Obstgarten, wenn ich mich recht entsinne. Obst verlängert das Leben… Ich habe ein wunderbares Rezept für eingemachte Holzäpfel, die bei Fieber hervorragend helfen. Ja, ich habe vor, Euch für vergangene und künftige Verdienste um die Krone zur Baronesse zu machen. Nun, seid Ihr nicht dankbar und glücklich?«
    »Sicher, Majestät, ewig dankbar.«
    »Wie schön, daß wir uns verstehen, meine Liebe. Mein Gott, Eure Hände sehen ja furchtbar aus. Dagegen habe ich eine schöne Arznei: reines Olivenöl, natürlich nur erste Pressung, mit einem Destillat aus Ringelblumen und einer Prise, lediglich einer Prise, pulverisierter Mumie, die, wie der gute Doktor Fernel mir versichert, bei der Erneuerung des Fleisches unübertrefflich ist.«
    Die Frau muß von Sinnen sein, dachte Sibille. Eine gute Miene zum bösen Spiel machen, vielleicht entkommst du diesem Irrenhaus. »O ja«, sagte sie, »ich kann es kaum erwarten, sie auszuprobieren.«
    »Einfach wunderbar… Ich werde etwas davon für Euch kommen lassen. Aber zunächst braucht Ihr ein neues Kleid. In diesem könnt Ihr Euch nicht blicken lassen. Ich bin mir sicher, daß die Oberkämmerin das Richtige für Euch hat. Mit ein paar Änderungen… Ach ja, und die Füße – die müssen wir auf jeden Fall verdecken. Wie kommt Ihr nur zu solch großen Füßen? Das war mir bislang noch gar nicht aufgefallen…«
    Völlig von Sinnen, dachte Sibille, während sie hinter der Königin die schmale Treppe hinaufstieg. Ihre Knie waren ganz weich von der ausgestandenen Todesangst und der ganzen Aufregung, und eine dumpfe Furcht legte sich auf ihre Brust, wenn sie daran dachte, was der Königin noch alles einfallen könnte. Nein, sie ist nicht vollends geistig umnachtet, sprach sie sich immer wieder Mut zu. Im Moment war sie wohl etwas durcheinander. Das bringt die Witwenschaft so mit sich. Das und sich der hochnäsigen kleinen Königin der Schotten unterordnen zu müssen. Die hat sie noch nie ausstehen können. Hauptsache, sie ändert ihre Meinung, was meine Entlassung betrifft, nicht. Alles andere muß irres Gerede sein. Als sie das Schlafgemach der Königin betraten, schürte die Dienerin im kalten Licht der Morgendämmerung das Kaminfeuer. Sibille kam alles so unwirklich vor, daß sie sich fragte, ob alles mit rechten Dingen zuging. Dann erteilte die Königin höchstpersönlich der Zofe Anweisungen zur Wiederherstellung von Sibilles Aufzug, und die junge Frau wurde etwas munterer, das Zittern in ihren Knien ließ nach. Wahnsinn bei Hochgestellten ist zu ertragen, solange er für einen selbst vorteilhaft ist, dachte sie. Nun, daraus ließe sich ein kluger kleiner Aphorismus dichten… Ob sie wohl noch daran denkt, daß sie Schirmherrin meiner kleinen dichterischen Angebinde sein wollte… Oder sollte ich vielleicht lieber privat drucken lassen…

    Die Fenster in der Astrologenkammer standen weit offen, damit sich auch der letzte Rauch verziehen konnte. Mittlerweile färbte die aufgehende Sonne die Fensterbank rosig, und draußen begannen die eben erwachten Vögel zu singen. Nostradamus und Nicolas saßen nebeneinander auf dem Bett. Die Stunden seit der Séance dehnten sich für den alten Doktor wie Tage, zumal der junge Mann dem alten Doktor unbedingt sein ganzes Leben erzählen mußte. Wie gut, daß ich nicht Priester geworden bin, dachte Nostradamus. Diese langweiligen Beichten. Da sehnt man sich ja geradezu nach einem Skandal.
    »… dann hat mir mein Vater endlich die Erlaubnis zur Heirat gegeben, und ich bin Tag und Nacht vom Hause meines Vetters in Genua bis nach Paris…«
    »Hmm. Sehr schnell«, pflichtete ihm Nostradamus nickend bei.
    »In Genua habe ich das Bankwesen erlernt. Ich weiß, Ihr haltet das für ein niedriges Gewerbe. So wie ich, das heißt früher einmal. Ich wollte höher hinaus, und da ich keinen Titel haben konnte, dachte ich, daß vielleicht ein Studium – nun, es waren mehrere Studienfächer, die ich… Aber wußtet Ihr, daß Bankiers jeden Tag mit Fürsten verkehren und es zu Ruhm und Ehre bringen können? Seht Euch die Gondis, die Biragues an… Sie haben höchste Höhen erklommen. Dazu gehört ein sehr heller Kopf… ohne Geld kann man nichts Großes bewegen… Am Ende sind es die Bankiers, die über Krieg oder Frieden entscheiden, nicht die Herrscher. Der letzte Krieg…«
    »Mein lieber Junge,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher