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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon
Autoren: Phil Rickman
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Überkleid und einen Musselinschal, damit ihr Hals keinen Zug bekam. Unter uns konnten wir die Spitze des Kreuzes sehen, das die Stelle markierte, wo Cate Borrow begraben lag, dahinter die Abtei wie eine zerbrochene goldene Krone.
    «Hast du ihn wirklich nicht gesehen?», fragte sie. «Er hat ein paar Augenblicke lang genau neben dir gestanden.»
    Ich schüttelte den Kopf. Sie meinte den Abt. Cowdray hatte gesagt, dass in jener Nacht mehr Leute auf dem Tor gesehen worden waren als dann herunterstiegen.
    «Ich habe nur einen Phönix gesehen, der aus dem Licht der Fackeln entstand», sagte ich. «Ich bin eben nur ein langweiliger Bücherwurm, der das Zweite Gesicht nicht besitzt.»
    Sie lachte laut, was bestimmt wehtun musste.
    Und ich fragte mich noch immer, was von alledem echt gewesen war und was nur der Traum oder die fehlgeleitete Vorstellungskraft eines Mannes, der seit einem Tag nichts mehr gegessen und noch länger nicht geschlafen hatte. Ich hatte niemandem erzählt, dass ich Nostradamus getroffen hatte. Als Carews Männer Meadwell durchsuchten, war er schon fort. Ebenso wie die Statuen und das Tabernakel in der Kapelle.
    Gegen Fyche gab es laut Carew kaum stichhaltige Beweise. Allerdings vermutete Dudley, dass Fyche zu viel über Carew wusste und der ihn deshalb nicht vor Gericht stellen wollte. Dennoch würde Fyche wohl nicht mehr lange das Amt des Friedensrichters innehaben.
    Sein Sohn würde ohne kirchliche Beerdigung beigesetzt werden.
Er hat den Dolch gegen den Oberstallmeister Ihrer Majestät erhoben,
hatte Carew mit milder Stimme gesagt.
Was hätte ich da tun sollen?
Ich überlegte, warum Fyche seinen bösartigen Sohn unbedingt als Mönch hatte ausgeben wollen. Hatte er wirklich geglaubt, dass man ausgerechnet Stephen die wiederaufgebaute Abtei anvertrauen würde, wenn Maria Stuart erst auf dem Thron saß und der Papst erneut das Oberhaupt der englischen Kirche war?
    Irrsinn! Andererseits hatten viele Äbte und Bischöfe dem Teufel noch näher gestanden …
    War Bruder Michael in Begleitung seines Freundes Matthew Borrow wieder nach Frankreich zurückgekehrt? Wenn man wirklich davon ausgehen wollte, dass Michel de Nostredame hinter dieser ungeheuerlichen Intrige steckte, dann konnte es dafür kaum einen stichhaltigeren Beweis als seine Freundschaft mit Borrow geben.
    Was für ein Mensch war das nur?
    Warum waren weder seine Frau noch seine Tochter selbst im Angesicht des Strangs bereit gewesen, die Stimme gegen ihn zu erheben?
     
    †
     
    In der Woche nach Dudleys Abreise hatte ich sowohl an Benlows Beerdigung wie auch an der erneuten Beisetzung der vielen Knochen aus seinem Keller teilgenommen. Sie wurden auf der Gänsewiese hinter der Johanniskirche begraben. Dann hatte ich Mistress Cadwaladr einen Besuch abgestattet. Nachdem Borrow die Stadt verlassen hatte und Fyches Position unsicher war, kam die Wahrheit langsam ans Licht. Monger fiel wieder ein, dass
jemand
dem Abt vorgeschlagen hatte, die Schätze der Abtei nach Frankreich zu schaffen, damit sie der katholischen Kirche erhalten blieben. Das war in den frühen Dreißigern gewesen, kurz nachdem Heinrich sich zum Oberhaupt der englischen Kirche erklärt hatte. War dieser Vorschlag von Fyche gekommen, dem Schatzmeister der Abtei? Das erschien mir ziemlich wahrscheinlich. Aber Richard Whiting, der durch und durch Engländer gewesen war, hatte sich von dem Plan nicht überzeugen lassen und fest daran geglaubt, dass der Schatten von Cromwells Hand niemals auf das Fundament des Christentums in England fallen würde. Und tatsächlich hatte es fünf Jahre gedauert, bis es dann doch geschah.
    Von Mistress Cadwaladr erfuhr ich, dass Cate Matthew Borrow kennengelernt hatte, als er die Abtei besuchte, um dem Abt eine Beule aufzustechen. Die ungebildete Küchenmagd war für den Doktor eine ungewöhnliche Brautwahl.
    Zweifellos war sie sehr schön gewesen, aber sie hatte bereits ein Kind erwartet.
    Gab es je ein Weib, das einem Manne dankbarer gewesen wäre?,
hatte Mistress Cadwaladr gesagt.
Sie wäre für
ihn gestorben, glaube ich.
    Und das war sie auch.
    Meiner Meinung nach hatte Borrow gewusst, dass seine Mission in Glastonbury Jahre dauern könnte. Er benötigte ein Weib, um die anderen Frauen und ihre ehrgeizigen Väter in Schach zu halten. Hätte er zu viele Angebote abgelehnt, wäre es den Leuten vielleicht merkwürdig vorgekommen. Oder man hätte ihn für einen Sodomiten gehalten. Er suchte eine leicht kontrollierbare Frau …
    «Von geringer
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