Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb
Autoren: Kathleen M. O'Neal
Vom Netzwerk:
zu sprechen, »als Sie das letzte Mal einen dieser Anfälle bekamen, mußten Ihre eigenen Offiziere Sie von der Brücke der Sargonid schaffen. Ihr Stellvertreter, First Lieutenant Jason Woloc, hat berichtet, Sie wären im Delirium gewesen. Wenn ich Sie von diesen Rückblenden befreien soll, müssen Sie mir schon helfen!«
    Jossels sommersprossige Wangen erzitterten, als sie mit den Zähnen knirschte. Einen Moment später senkte sie den Blick und nahm eine vorschriftsmäßige ›Rühren‹-Haltung ein. Auf ihrem blonden Haar zeigte sich im grellen Licht der Deckenbeleuchtung ein silberner Schimmer. »Ich meinte damit, daß mich diese Rückblenden bis vor kurzem niemals ernsthaft beeinträchtigt haben, Doktor.«
    »Wie kurz?«
    Sie schüttelte den Kopf, als wäre sie über seine Frage verärgert. »Warum benutzen Sie nicht einfach die Gehirnsonden, spüren die neuralen Schaltkreise auf, die für die Störungen verantwortlich sind, und ändern die dendritischen Verbindungen, um die Rückblenden zu eliminieren?«
    Lucerne reagierte nervös. Das war in der Tat eine verdammt gute Frage. Die medizinische Wissenschaft war mittlerweile so weit fortgeschritten – insbesondere dank der überraschenden Wendungen in den letzten drei Monaten –, daß nicht einmal der Tod mehr endgültig war, sofern man schnell genug reagieren konnte. »Captain, seit Ihrer Aufnahme in die Akademie wissen wir, daß Ihr Gehirn anders strukturiert ist als andere menschliche Gehirne. Tatsächlich ähnelt es sehr den gamantischen Hirnen.« Er bemerkte das Aufblitzen in ihren Augen und fuhr rasch fort: »Ich will damit nicht behaupten, Sie besäßen gamantisches Blut, Captain. Wir haben den gleichen rezessiven Faktor auch bei Menschen gefunden, die keinerlei gamantische Vorfahren besitzen – so wie bei Ihnen. Aber das ist in diesem Fall auch nicht der springende Punkt. Der Grund, weshalb wir den Ursprung Ihrer mentalen Störungen nicht lokalisieren können, besteht darin, daß Sie offenbar einen Bereich in Ihrem Gehirn haben, der den Sonden nicht zugänglich ist. Wir wissen nicht, weshalb das so ist, aber ich …«
    »Wo befindet sich dieser Bereich? In welchem Teil meines Gehirns?«
    »Im Hippocampus. Dort gibt es übrigens noch ein paar interessante Anomalien: umgekehrte Dendriten, falsch ausgerichtete, pyramidenförmige Zellen, sogar eine Art neurofibrilen … äh, Narbengewebes.«
    Jossels türkisfarbene Augen verengten sich. Sie schwieg einen Moment und ließ den Blick über die weißen Wände und die Betten streichen. »Narbengewebe? Woher? In meiner Kindheit war ich nur selten krank, und soweit ich mich erinnern kann, hatte ich niemals eine ernsthafte Kopfverletzung.«
    »Wir wissen nicht, wieso. Es ist uns früher nie aufgefallen. Was übrigens wirklich eine Überraschung ist, da Magistrat Slothen darauf bestanden hat, bei jeder Ihrer psychischen Untersuchungen anwesend zu sein, seit Sie Ihren Dienst angetreten haben – und er kennt sich mit dem menschlichen Neurosystem wirklich aus. Aber wie auch immer, es scheint sich jedenfalls um ein progressives Phänomen zu handeln. Ich vermute, daß sich das Narbengewebe jedesmal vergrößert, wenn Sie eine dieser Rückblenden haben. Offenbar reagiert das Gewebe auf endogene Ereignisse, indem es einen immer stärkeren Schutzwall um den betroffenen Bereich bildet. Man hat fast den Eindruck, als wäre es regelrecht darauf programmiert, das Narbengewebe zu entwickeln, um jenes Gebiet zu schützen, in dem die Rückblenden ihren Ursprung haben. Sehr merkwürdig. Nun, Captain, lassen Sie uns auf meine ursprüngliche Frage zurückkommen. Wie lange werden Sie schon ernsthaft von diesen Anfällen heimgesucht?«
    »Doktor Lucerne«, erwiderte Jossel beunruhigt. »Wenn ich mich recht an meinen Unterricht in Neurobiologie entsinne, deuten all diese speziellen Anomalien, die umgekehrten Dendriten und so weiter, auf Schizophrenie hin. Wollen Sie damit sagen, ich wäre …«
    »Nein, nein. Ich wollte, ich könnte diese Diagnose stellen.« Das stimmte allerdings. Er hätte keine Probleme, sie einweisen zu lassen, wenn der Fall so klar läge. »Abgesehen von den Rückblenden zeigen Sie keinerlei Verhaltensauffälligkeiten, die für eine derartige Erkrankung typisch wären. Ich habe diese Fakten lediglich erwähnt, um Ihnen zu erklären, weshalb wir die Störungen nicht durch eine Gehirnsondierung eliminieren können. Wie lange schon, Captain?«
    »Wollen Sie mich meines Kommandos entheben lassen?« fragte Jossel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher