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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes
Autoren: Steven Erikson
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beäugte Paran. Dieser dünnblütige Bastard hatte es gut. An hundert Fäden wird der Schritt für Schritt zu einem schnuckeligen Posten in irgendeiner friedlichen Stadt hochgezogen.
    Er sah, dass Lorn ihn musterte, als die beiden die Hügelkuppe erreichten. »Hauptmann, ich habe eine Bitte an Euch.«
    Der Hauptmann grunzte. Eine Bitte? Zur Hölle! Die Imperatrix muss jeden Morgen in ihre Schuhe schauen, um sicherzugehen, dass die hier nicht schon drin steht. »Selbstverständlich, Mandata.«
    Die Frau stieg vom Pferd, und Paran folgte ihrem Beispiel. Das Gesicht des Leutnants war völlig unbewegt. War das Arroganz -oder hatte die Mandata ihn zum Nachdenken gebracht?
    »Hauptmann«, begann Lorn, »soweit ich weiß, ist in Kan ein Rekrutierungszug unterwegs. Werden auch Leute von außerhalb der Städte aufgenommen?«
    »In die Armee? Ja, sicher, die meisten kommen sogar aus dem Umland. Die Städter müssten viel zu viel aufgeben. Außerdem erfahren sie die schlechten Nachrichten immer zuerst. Die meisten Bauern haben keine Ahnung, dass in Genabackis so ziemlich alles schief gegangen ist. Viele von ihnen glauben sowieso, dass die Städter zu viel jammern. Darf ich fragen, welchen Hintergrund Eure Frage hat?«
    »Ihr dürft.« Lorn drehte sich um und sah den Soldaten zu, die sich bemühten, die Straße zu räumen. »Ich brauche eine Liste aller Rekruten, die innerhalb der letzten beiden Tage aufgenommen worden sind. Aber ich brauche nur die, die von außerhalb sind; die anderen, die in den Städten geboren wurden, sind unwichtig. Und nur die Frauen und/oder alten Männer.«
    Der Hauptmann grunzte erneut. »Das dürfte eine kurze Liste werden, Mandata.«
    »Das hoffe ich sehr, Hauptmann.«
    »Ihr habt herausgefunden, was hinter dieser Geschichte steckt?«
    Lorn war noch immer damit beschäftigt, den Soldaten unten auf der Straße zuzusehen. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
    Na klar, dachte der Hauptmann, und ich bin der wiedergeborene Imperator. »Wie bedauerlich«, murmelte er.
    »Ach, übrigens«, wandte die Mandata sich ihm zu, »Leutnant Paran gehört jetzt zu meinem Stab. Ich gehe davon aus, dass Ihr die notwendigen Formalitäten erledigen werdet.«
    »Wie Ihr wünscht, Mandata. Ich liebe Papierkram.«
    Die letzten Worte bescherten ihm ein dünnes Lächeln. Dann war es auch schon wieder verschwunden. »Leutnant Paran wird sofort aufbrechen.«
    Der Hauptmann sah zu dem jungen Adligen hinüber und lächelte. Es war ein Lächeln, das alles sagte. Für die Mandata zu arbeiten hieß den Köder an der Angel zu spielen. Die Mandata war der Haken, und das andere Ende der Schnur hielt die Imperatrix in der Hand. Soll er sich ruhig ordentlich winden ...
    Ein säuerlicher Ausdruck glitt über Parans Gesicht. »Jawohl, Mandata.« Er stieg wieder aufs Pferd, salutierte und ritt davon.
    Der Hauptmann sah ihm nach. »Sonst noch etwas, Mandata?«, fragte er die Frau neben ihm. »Ja.«
    Ihr Tonfall veranlasste ihn, sich umzudrehen.
    »Es geht um die Eingriffe der Adligen in die imperiale Kommandostruktur; dazu würde ich gerne die Meinung eines Soldaten hören.«
    Der Hauptmann starrte sie an. »Das ist keine besonders schöne Geschichte.« »Fangt an.«
    Der Hauptmann begann zu reden.
     
    Es war der achte Tag der Rekrutierung, und Sergeant Aragan saß mit trüben Augen hinter seinem Schreibtisch, als ein weiterer Welpe vom Korporal vorwärts gestoßen wurde. Sie hatten hier in Kan ziemlich viel Glück gehabt. Die beste Ernte erhält man in der tiefsten Provinz, hatte Kans Faust gesagt. Alles, was die Leute hier mitkriegen, sind Geschichten. Geschichten fügen dir keine blutenden Wunden zu. Geschichten lassen dich nicht hungrig werden und tragen dir auch keine wunden Füße ein. Wenn du jung bist und nach Schweinestall stinkst und davon überzeugt bist, dass es auf der ganzen verdammten Welt keine Waffe gibt, die dich verletzen kann, dann ist das Einzige, was Geschichten bewirken, dass du gerne an ihnen teilhaben würdest.
    Die alte Frau hatte Recht gehabt. Wie üblich. Diese Menschen hatten so lange unter der Knute gelebt, dass es ihnen mittlerweile gefiel. Nun gut, dachte Aragan, das Lernen fängt hier an.
    Es war ein schlechter Tag gewesen. Angefangen hatte es damit, dass der hiesige Hauptmann mit drei Kompanien davongeprescht war, ohne den geringsten Hinweis - und sei es auch nur ein Gerücht -zurückzulassen, was eigentlich los war. Und als wäre das nicht schon schlimm genug gewesen, war keine zehn Minuten später
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