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Die Gabe des Commissario Ricciardi

Die Gabe des Commissario Ricciardi

Titel: Die Gabe des Commissario Ricciardi
Autoren: Maurizio de Giovanni
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hat die Leichen gesehen, die Tür war offen und nicht aufgebrochen, was bedeutet, dass die Signora ihren Mörder selbst reingelassen hat. Aber wenn sie es gewesen wären, die die Garofalos getötet haben, wären sie dann nicht geflohen, anstatt, ohne etwas zu stehlen, zum Wirtshaus zu gehen und den Pförtner zu rufen? Außerdem beweist der Fußabdruck im Blut, dass die Frau schon tot war, als der Junge hineinschaute.
    – Ich glaube auch nicht, dass sie es gewesen sind. Außerdem kennen wir Namen und Anschrift, wir finden sie also, wenn wir wollen. Du weißt ja, ich halte nichts davon, die Leute einzusperren, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Vielleicht wissen
wir bald mehr darüber, was passiert ist. Sind der Doktor und der Fotograf schon da?
    – Noch nicht, Commissario. Ich habe sie vom Präsidium aus anrufen lassen, bevor wir losgegangen sind, sie müssten jeden Moment hier sein. Ich habe natürlich wie immer nach Doktor Modo verlangt.
    Ricciardi stimmte ihm zu:
    – Gut gemacht, er ist der Einzige, dem ich vertraue, die anderen fabrizieren immer irgendeinen Murks. Ruf doch kurz diesen Ferro, den Pförtner, rein. Ich möchte ihn etwas fragen.
    Der Pförtner hatte sich wieder etwas gefasst, schien es Ricciardi. Die Jacke war ordentlicher zugeknöpft, der Hut saß gerade und der Mann hatte sich gekämmt.
    – Hier bin ich, Commissario, zu Ihren Diensten. Ich habe die Neugierigen nach Hause geschickt; Ihr Kollege hat mir dabei geholfen. Es sind Fischer, hier passiert selten was, wer weiß, was sie zu sehen hofften.
    – Ich wollte Sie nach dem Mädchen fragen, der Tochter der Garofalos. Wie alt ist sie und wie sind ihre Schulzeiten?
    – Nun, Commissario, das Mädchen heißt Benedetta, wie ich Ihnen schon sagte, es ist acht oder neun Jahre alt und geht bei den Nonnen zur Schule, in der Riviera di Chiaia, nicht weit von hier, aber auch nicht so nah, dass sie allein hingehen könnte. Ihre Tante holt sie ab, Schwester Veronica, sie ist die Schwester der Mutter und unterrichtet genau die Kinder in diesem Alter.
    Ricciardi hakte nach:
    – Um wie viel Uhr hat die Tante sie heute Morgen abgeholt?
    – Wie immer früh, gegen acht. Ich war hier und habe sie gegrüßt, eine nette Nonne, sie hat das Mädchen geholt und ist
gegangen. Diese Schwester Veronica hat vielleicht eine Stimme … sehr eigentümlich und penetrant. Sie redet am laufenden Band. Die arme Kleine müsste meiner Meinung nach schon halb taub sein.
    – Nichts Außergewöhnliches also. Um acht lebten sie noch und um eins, als die Dudelsackpfeifer kamen, waren sie tot. Haben Sie den Hauptmann denn zur Arbeit gehen sehen?
    Ferro mied Ricciardis Blick.
    – Ich erinnere mich nicht genau, Commissario. Ich war ein paar Mal weg, man muss auch mal zur Toilette, ich hab' die Pflanzen im Hinterhof gegossen, war kurz einkaufen … Nein, ich erinnere mich nicht, ihn weggehen gesehen zu haben, auch nicht zurückkommen.
    Maione zuckte mit den Schultern:
    – Na, Ihnen entgeht aber auch gar nichts, stimmt's, Ferro?
    – Was soll ich machen, Brigadiere, ich bin allein, habe weder Frau noch Kinder, die mir zur Hand gehen könnten.
    Maione sah Ricciardi an und breitete hilflos die Arme aus:
    – Tja, Commissario. Um zu erfahren, wann und wie dieser Mord passiert ist, müssen wir wohl auf Doktor Modo warten.

IV
    Und Doktor Modo kam, das Gesicht tief in seinem Schal vergraben, den Hut fest auf die Ohren gedrückt, um sich vor dem eisigen Wind zu schützen, gefolgt vom Polizeifotografen, und wie üblich in Rage:
    – Ach natürlich, ihr schon wieder, wusst' ich's doch! Wer sonst hätte mich wohl höchstpersönlich herbeordert? Nun, meine Herren, damit muss jetzt ein für alle Mal Schluss sein. Ich krieg ja schon Angst, wenn im Krankenhaus das Telefon klin
gelt. Jedes Mal, wenn das Ding losgeht, gibt's Ärger, und immer steckt ihr dahinter!
    Maione grinste:
    – Da ist leider nichts zu machen, Dottore, schuld sind Sie selbst, weil Sie immer da sind. Nehmen Sie doch mal frei, dann arbeiten wir mit einem Ihrer Kollegen zusammen und merken endlich, dass es noch bessere Ärzte gibt.
    Modo drohte Maione mit der Faust.
    – Dann muss ich mich wohl damit abfinden, denn einen besseren als mich gibt es nicht. Habt ihr eigentlich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, dass eure blutigen Angelegenheiten immer bei Hundewetter stattfinden? Entweder es gießt in Strömen, wie bei dem armen Jungen vor zwei Monaten, oder es weht ein eiskalter Wind, dass einem die Ohren abfallen. Und jedes Mal
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