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Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Martina Kempff
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anzulaufen als Schiffe auf dem Mittelmeer. Nachdem Isaak mit dem Kapitän handelseinig geworden war, nahm er nur eines seiner Maultiere mit in die Stadt.
    Bereits wenige Stunden später erfuhr er, wo der älteste Sohn des Markarios wohnte. Schon früh am nächsten Morgen sprach er in dessen Haus mit ein paar Waren vor, die er schnell auf dem Basar erstanden hatte.
    Das Glück war ihm hold. Die Geschichte über den verlorenen Sohn der Stadt, der als Baumeister in Bagdad zu großem Ruhm gekommen und just zurückgekehrt war, konnte er sich ersparen. Denn noch während er der Hausherrin eine Reihe von angeblich aus Syrien stammenden Halbedelsteinen vorlegte, wurde ein aufgeregter halbwüchsiger Knabe vorgelassen, dem seine Herkunft aus einem Elendsviertel deutlich anzusehen war.
    »Der Mörder ist gekommen!«, erklärte er atemlos und hielt zitternd die Hand auf. »Ich habe ihn gesehen. Er sieht aus wie ein edler Herr aus Syrien. Er hat einen Spießgesellen bei sich, einen jüngeren Araber. Und einen Lastenträger und eine Sklavin.«
    »Wie kannst du so sicher sein, dass er es tatsächlich ist?«, fragte die Frau und verabschiedete Isaak mit einem eindeutigen Blick. Der ließ sich beim Einsammeln seiner Steine Zeit.
    »Er ist es. Ganz sicher! Gebt mir die Belohnung!«, keuchte der Knabe aufgeregt. »Er hat einen verkrüppelten Arm, genau, wie Ihr gesagt habt. Und Frau Theodora hat geweint und ihn geküsst.«
    »Sie wird noch sehr viel mehr weinen«, murmelte die Hausherrin, gebot dem Knaben zu schweigen, rief nach ihrem Gemahl und scheuchte Isaak aus dem Haus.
    Der hatte genug gehört.
    Er passte den Knaben auf der Straße ab und bot ihm ebenfalls eine reiche Belohnung, wenn er ihn zu dem Haus führe, wo der Mörder eingekehrt sei.
    »Ich habe es geschafft!«, jubelte das Kind und plapperte unterwegs munter weiter. Wie stolz seine Mutter auf ihn sein würde! Sein Großvater und sein Vater hätten nahe dem Haus jahrelang vergeblich auf der Lauer gelegen. Sie seien dafür nur mit kleinem Wachgeld abgefunden worden und als arme Leute gestorben. Jetzt aber habe die Not der Familie ein Ende.
    Voller Stolz zeigte der Knabe Isaak den winzigen Ziegenstall hinter der Mauer des verlassenen Nachbargrundstücks, von dem aus Generationen seiner Familie seit Jahrzehnten die Tür des weißen Hauses im Auge behalten hatten.
    Isaak konnte von dem Knaben nicht in Erfahrung bringen, wie der alte Markarios zu Tode gekommen war, aber er wusste, dass sich auch die Oströmer bei ihrer Rache gern an alttestamentarische Vorgaben hielten. Yussufs Schicksal war besiegelt, wenn er länger in der Stadt verweilte. Natürlich könnte er ihn warnen, aber wenn der Mann danach einfach wieder verschwand, war ihm und der Sache des Kalifen wenig gedient. Der störrische Baumeister musste zu seinem Glück schon gezwungen werden.
    Bei der Rückkehr in die Herberge des Damianos hielt der schmächtige Fernhändler den inzwischen ernüchterten Männern des Kalifen vor, der ihnen anvertraute Yussuf ibn Yakub sei einzig durch ihre Fahrlässigkeit in große Schwierigkeiten geraten. Er sei von bösen Männern entführt worden. Um ihn zu befreien und den gleichfalls geraubten Bagdader Schatz wiederzubeschaffen, müssten sie augenblicklich die Herberge verlassen und ihm zu einer anderen etwas weniger behaglichen Unterkunft folgen.
    »Wir warten hier auf die Entführer«, sagte er zu den beiden Männern, als er sie in den engen Ziegenstall lotste. »Die werden in der nächsten Zeit das Haus da drüben aufsuchen. Tut dann genau, was ich euch sage.«
    Fragend sahen ihn die Männer an, als wenig später zwei Menschen, die einen Karren zogen, vor dem weißen Haus stehen blieben. Ein schmaler Mann und eine sehr kräftige Frau.
    Isaak schüttelte den Kopf.
    »Stoffhändler«, sagte er verwundert. Er glaubte nicht, dass sich der Sohn des Markarios einer solchen Tarnung bedienen würde. Wahrscheinlicher war, dass sich Yussuf und sein Sohn angemessene Kleidung für ihr künftiges Leben in Ostrom schneidern lassen wollten.
    Er hatte recht. Die beiden Besucher wurden ohne Umstände ins Haus gelassen. Während der dünne Händler unentwegt verschiedene Stoffrollen, Bänder und teils auch fertige Gewänder aus dem Karren holte und andere wieder zurücklegte, blieb die Haustür offen stehen.
    Isaak beobachtete das Hin und Her interessiert. Für das Geld des Kalifen war Yussuf das Beste offensichtlich gerade gut genug. Der Jude wunderte sich über ein feines Seidenkleid, das der
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