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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt
Autoren: Alfred Weidenmann
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    Die beiden bogen jetzt vom Hansaplatz in die Kieler Straße ein. Der Verkehr belebte sich hier bereits wieder. Und es wäre ratsamer gewesen, nicht wie ein Hochzeitspaar nebeneinander zu fahren. Trotzdem blieb Alibaba so dicht neben Harald, daß sich beinahe ihre Lenkstangen berührten.
    ,,— und das mit Mario — daß du ihn geradezu aufgefordert hast, alles zu verraten und Bulle zu gehorchen bis zu den durchgeschnittenen Fahrradreifen — das alles hätte umsonst sein können. Wäre dann Verrat gewesen und gemeine Sabotage —
    Harald sagte kein Wort. Er sah nicht einmal auf. Sein Blick blieb immer einige Meter vor das Vorderrad auf die Straße gerichtet.
    „--zugegeben — es war ein tolles Ding. Eine einmalige Chance sozusagen. Mit einem Schlag im Mittelpunkt. Angestaunt. Bewundert — verstehe vollkommen. Aber — meinst du nicht, daß auch das Risiko verdammt dick war? Kurz, bei allem etwas egoistisch viel an sich und nur wenig an die anderen gedacht? Zu wenig. Von mir ganz zu schweigen“, Alibaba zog die Nase hoch. Das Ding juckte ihn schon seit dem Aufstehen.
    „— wohlverstanden, das soll kein Vorwurf sein — dazu hätte ich kein Recht. Es ist ja alles gutgegangen. Und am Ende hat die Horde ja nur profitiert an allem. Da wäre es dann völliger Quatsch, so oder so zu fragen. Aber — ich meine nur — für die Zukunft — wenn du nämlich Boß bist, daß du dann an alle denkst, an alle fünfzig Mann und nicht nur an dich — Auf! Tempo! — Wir kommen noch rüber!“
    Alibaba hob sich ruckartig aus seinem Sattel. Das Stopplicht an der Bogenbrücke sprang nämlich schon auf Gelb. Harald konnte im Augenblick also gar nichts erwidern. Der Rothaarige war ihm plötzlich zwei, drei Radlängen voraus.
    Und diesen Abstand hielt Alibaba hartnäckig bis zum Hinterhof des Abendblattes. Und auch dort ließ er Harald nicht zu Wort kommen. Kaum war er nämlich von seinem Rad gesprungen, rief er die Horde zusammen. Dabei sprach er so, als ginge es um die nebensächlichste Sache der Welt.
    „Wenn ihr mal ‘ne Minute zuhören wollt. Ich habe da noch etwas zu sagen —“
    Alibaba hockte auf einem Stapel Bretter. Sein linkes Knie bis dicht unters Kinn gezogen. Er hatte dabei irgendeine Schraube zwischen den Fingern. Die mußte hier an der Erde gelegen haben. Auf diese Schraube schaute er, während er sie drehte und sich mit ihr beschäftigte.
    „— es ist jetzt schon über ein halbes Jahr her, daß ihr mich zum Boß gewählt habt. Das ist ‘ne verdammt lange Zeit, in der sich vieles geändert hat. Ich möchte, daß heute wieder neu gewählt wird. Gerade heute —“
    Das klang wohl etwas anders, aber im Grunde war es genau dasselbe, wie wenn ein Ministerpräsident in seinem Parlament die Vertrauensfrage stellt.
    Brille war der erste, der sofort von seiner Kiste heruntersprang. „Ist ja Unsinn. Was soll sich denn geändert haben?“
    Alibaba schaute überhaupt nicht auf. Diese verdammte Schraube drehte sich pausenlos zwischen seinen Fingern.
    „— wir haben richtiggehend gestreikt inzwischen, wir sind berechtigt, mit einer Abordnung von drei Mann an den Redaktionssitzungen teilzunehmen, und — dann ist Harald jetzt bei uns. Er hat das ,Grüne Band* gewonnen, er ist nicht gerade dumm Alibaba grinste, die ganze Falschmünzergeschichte geht auf sein Konto. Sein Artikel heute in diesem Extrablatt ist eine regelrechte Sensation Jetzt endlich hob Alibaba seinen Kopf und sah sich unter den Jungen um. Die Schraube, mit der er sich bisher so eingehend beschäftigt hatte, warf er dabei in hohem Bogen hinter sich.
    „— es ist schwer zu sagen, wer jeweils Anrecht darauf hat, Boß zu sein. Man kann die Menschen nicht einfach auf ‘ne Waage stellen und dann ihre Gewichte miteinander vergleichen. Am deutlichsten und zuerst spürt man es immer selbst. Ob man nämlich dem anderen überlegen ist oder nicht. Und was Harald betrifft, so muß ich zugeben, daß ich seit gestern nacht das Gefühl habe, zwei oder drei Kilo leichter zu sein.
    Ich schlage also vor, daß er Boß wird---“
    Alibaba knöpfte sich unwillkürlich seinen Hemdkragen auf. Es war ihm verdammt heiß geworden unter seinem Pullover.
    „Wer hier Boß ist, bestimmt die Horde!“ Brille war aufgesprungen und warf seine Hände in die Luft. „Einen Boß wechselt man nicht wie ein Hemd oder wie ein Paar ausgelatschte Stiefel. Wenn wir dich nicht mehr wollen, werden wir dir das schon sagen. Vorerst wollen wir dich noch — !“
    Brille nahm in seiner
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