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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt
Autoren: Alfred Weidenmann
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wie vom Erdboden verschluckt, wieder hinter all den anderen Menschen und ihren Gesichtern verschwunden. Aber er mußte es noch gehört haben, wie es jetzt wie aus einer Fanfare hinter ihm herklang. Noch lauter, noch viel lauter als zuvor:
    „Abendblatt! Extrablatt! Abendblatt! Extrablatt: Sonderbericht unseres —“
    Dieses Extrablatt war so spannend zu lesen wie ein Kriminalroman.
    „— der junge Reporter, der selbst an der Entdeckung der Falschmünzer wesentlich beteiligt war und dafür die ausgesetzte Belohnung von 5000 DM zugesprochen erhielt, berichtet als Augenzeuge Rechts oben, gleich unter der Schlagzeile, war das Foto von der Verhaftung des Zeitungshändlers abgedruckt.
    „Clemens Krüger im Augenblick seiner Festnahme. Über ihm die Dogge Daniela. Im Hintergrund die Jungen des Abendblattes zusammen mit Kriminalkommissar Haustecher, dessen Verdienste in unserem Bericht ausführlich erwähnt sind
    Aber auch Inge Remo war in Haralds Bericht genannt, Alibaba, die ganze Horde, Kriminalassistent Opitz mit seinem grauen Gummimantel, und insbesondere war deutlich die gefährliche Rolle geschildert, die ein gewisser Mario Potini bei der ganzen Geschichte gespielt hatte.
    Auch war die Rede davon, daß der verhaftete Clemens Krüger bereits mehrfach vorbestraft sei und daß sämtliche Mitglieder der Bande sobald als möglich vor Gericht gestellt würden. Im übrigen wäre dieser „Vogelstimmen-Krüger“ von Beruf ursprünglich Graveur gewesen.
    „Abendblatt! — Extrablatt! Extrablatt!“
    Das war Alibaba. Der Boß höchstpersönlich.
    Er hatte seine drei Routen gefahren, und als er danach wieder zum alten Bombinsky an die Ausgaberampe zurückgekommen war, hatte er sich wie alle anderen Jungen einfach noch einen der abgezählten Blätterstapel für den Verkauf geben lassen. Damit war er zum Großen Stern gefahren und stand nun vor dem breiten Portal des Hotels Monopol. Sein Rad lehnte hinter ihm an einer Telefonzelle.
    „Extrablatt! Extrablatt!“
    Das war jetzt Haralds Stimme. Er hatte ebenfalls in drei Fahrten seine Kioske beliefert, und jetzt stand er etwa so zwanzig Meter von Alibaba entfernt. Dicht neben dem Eingang zur U-Bahn.
    Die beiden Jungen hatten lachend gewettet, wer von ihnen wohl als erster seinen Stapel Blätter verkauft hätte. Jeder von ihnen hatte genau fünfhundert Stück in sein Fahrtenbuch quittiert bekommen.
    Als Harald schließlich sein letztes Blatt aus der Hand gab, war von Alibaba nichts mehr zu hören. Der Rothaarige hatte sich neben sein Rad und hinter eine der Telefonzellen auf den Boden gelegt und tat so, als ob er schliefe. Als ob er schon lange schliefe. Harald mußte ihn regelrecht wachrütteln.
    „Ach so — ja — bist du endlich auch fertig?“
    Der Boß der Abendblatt-Jungen gähnte und rieb sich mit dem Handrücken die Augen.
    Das war natürlich maßlos übertrieben. In Wirklichkeit hatte er kaum eine Minute Vorsprung vor dem anderen gehabt.
    Als ihn Harald jetzt bei den Schultern packte und zu sich hochzog, da grinste er denn auch über sein ganzes breites
    Sommersprossengesicht, und als die beiden Jungen dann nebeneinander auf ihren Rädern saßen und der Hansemannstraße Zufuhren, da spitzte der Rothaarige sogar die Lippen und pfiff wieder mal den Torero-Marsch aus Carmen. So mit Tremolo und Schleifen hintendran. Mit allem Komfort sozusagen. Er war in bester Stimmung.
    Allerdings nur äußerlich und so obenhin.
    In Wirklichkeit sah es unter dem roten Pullover anders aus.
    Der ganze gestrige Abend und dazu noch heute früh die Extrablätter mit Haralds Riesenartikel---
    Daß es eines Tages so oder so ähnlich kommen würde, das hatte der Rothaarige ja geahnt. Schon vom Augenblick an, als Harald zu ihnen gekommen war.
    Aber daß sich seine Befürchtungen so schnell erfüllen würden, das allerdings hatte er nicht erwartet.
    Aber darum ging es jetzt nicht.
    Alibaba sah beim Einbiegen zum Hansaplatz unwillkürlich neben sich. Schön, der da würde also künftig Boß der Horde sein. Daran war wohl nichts mehr zu ändern.
    Aber einiges war noch zu sagen dazu.
    „Du — die ganze Geschichte hätte natürlich auch schiefgehen können — das weißt du hoffentlich? Ich meine die Geschichte an der Baracke. Wenn Haustecher zum Beispiel nicht im richtigen Moment plötzlich dagestanden wäre — wenn sie dich allein geschnappt hätten, genauso, wie du da an deiner Dachrinne gehangen hast — ich weiß nicht — aber sehr freundlich wäre man dann wohl nicht umgesprungen mit
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