Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin
Autoren: Oliver Hassencamp
Vom Netzwerk:
entspannen. »Wenn was ist, weck mich«, sagt Robert.
    »Ich glaube, er wird schlafen«, sagt Franziska.
    »Gute Nacht, Liebes.«
    Robert schläft wieder gut. Sehr gut sogar.
    »Martin geht’s schon viel besser«, erfährt er von seiner frühmunteren Frau. Er setzt sich auf, streckt sich und gähnt. Drüben ist über die Toppen geflaggt.
    Na also.
    Leichtfertig bekleidet, daß der Sittenrichter in ihm alarmiert wird, geht sie auf den Balkon und hängt ihr vom Duschen nasses Frotteetuch über das Geländer. Was sie damit signalisiert, ist jetzt gleichgültig. »Robert!«
    Traurig klingt sein Name; Franziska ist hereingekommen: »Unser Ehepaar ist nicht mehr da.«
    Das versteht er nicht, muß sich erklären lassen: Es handelt sich um die reizende Frau mit dem älteren Mann. Noch einmal muß er fragen, woher sie das wisse.
    »Sie haben da drüben gewohnt. Auf gleicher Höhe, und sie hat auch ihre Badesachen immer säuberlich hinausgehängt. Genau wie du.«
    »Und jetzt sind sie auf einmal weg, die Sachen?« fragt er. Franziska schüttelt den Kopf.
    »Die Sachen nicht. Die Leute.«
    Das bringt ihn aus den Federn. Drüben am Geländer lehnt ein junger Mann mit Bodybildung. Besuch vielleicht? Ein Sohn vom alten Robert aus erster Ehe? Im Zimmer stehen zwei stramme Beine, hinter einem weißen Kleid kommt der Kopf einer sehr jungen Frau zum Vorschein. Sie tritt heraus, läßt sich von dem Bodygebildeten den Reißverschluß zuziehen. Beide gehen ins Zimmer zurück.
    »Schade. Mit denen hätten wir uns anfreunden können. Die waren wirklich nett.«
    Robert schaut auf die Uhr. Sie verfolgt seinen Blick.
    »Warum sagst du nichts? Du hast doch auch immer hinübergeschaut.«
    Jennifer ist herübergekommen.
    »Meinst du die Frau, die immer mit dem Pappi so lang geschwommen ist?«
    Franziska lacht.
    »Was redest du denn da? Es muß heißen: die Frau, die immer so lang geschwommen ist wie der Pappi.«

11 . Korrekt mit Mogeln

    Noch weiß Robert nicht, wie ihm geschehen ist. Mit gebräunten Händen hält er sich an der Platte des neuen Schreibtisches fest, um ganz sicher zu sein, daß er es ist, der dahinter sitzt. Vertrautes nach dem Urlaub ein wenig fremd, ein wenig beengend zu empfinden, das hätte ihn nicht überrascht, wenn es noch das Vertraute wäre. Doch alles ist anders. Das Zimmer, der Teppich die Vorhänge, der Ausblick. Hier oben, wo er seinen Fähigkeiten nach, wie er findet, schon lange sitzen müßte, hier im Bereich der schalltoten Korridore sitzt er jetzt.
    Was er eigentlich ist, weiß noch niemand. Am allerwenigsten Robert selbst. Aber alle sind nett zu ihm, die eleganten Erzengel der Chefetage, und sogar sein Intimfeind, der alte Syndikus, gleich nebenan, hat sich schon einen freundlichen Satz abgerungen. Mürrisch hat ihn nur der Chef empfangen.
    »Ich habe Sie heraufgeholt, damit Sie sich einarbeiten in meinen Kram, mich unterstützen und mir einiges abnehmen. Eine sogenannte geregelte Arbeitszeit kann ich nicht immer garantieren. Das wird anders ausgeglichen. Überlegen Sie es sich. Sie können auch ablehnen.«
    Damit hat ihn der Chef vor drei Tagen überrascht. Vor drei Tagen hat ihn auch Franziska überrascht: mit dem Führerschein. Robert dachte schon, ihr Elan sei, wie sooft, wieder eingeschlafen. Diesmal hat sie durchgehalten, ohne ihm ein Wort zu sagen, erst die Tatsache bekanntgegeben.
    Sidonie ist auch heute nicht gekommen, nicht ins Appartement, nicht ins Café. Einer der Herren von der Bank wußte endlich Genaueres: Die allseits Geschätzte habe unbezahlten Urlaub genommen. Es werde gemunkelt, daß sie nicht mehr zurückkomme, vielmehr ins Ausland gehe.
    »Nach Paris?«
    Die Frühparker nahmen Roberts Frage mit lauerndem Erstaunen auf, das sich mit dem Nachsatz, sie habe einmal angedeutet, sich beruflich verändern zu wollen, wahrscheinlich Paris, sogleich wieder in Arglosigkeit zurückverwandeln ließ. Das leuchtete Tiedemann ein. »Wer in der Welt zu Hause war, kommt nicht mehr von ihr los.«
    Robert hatte genickt und gelächelt. Die Veränderungen sind ihm über den Kopf gewachsen. Das Telefon stört seine Gedanken.
    »Der Chef möchte Sie sprechen«, sagt eine noch ungewohnte Stimme. Es sind nur ein paar Schritte über den Korridor, vorbei an Erzengel Angela hinter der Schreibmaschine. Der gepflegte Sechziger steht in seinem zu großen Zimmer.
    »Kommen Sie mit zum Lunch?«
    Darauf ist der stille Vorausbearbeiter nicht gefaßt. Er sucht nach Worten, um die beiden Substantive Mittagspause und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher