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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin
Autoren: Oliver Hassencamp
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Franziskas Wunsch nicht nur im Kopf, sondern spricht mit allen Nuancen der Mentalität, beherrscht den gesamten Gestenschatz der großen italienischen Oper. Und das gesamte Personal spielte mit.
    »Das Kleid wird selbstverständlich zurückgenommen.«
    Franziska bedankt sich noch einmal und stellt fest, wie wichtig es doch sei, Sprachen zu beherrschen. Ihr wäre der Umtausch nicht gelungen. Sidonie ist mit dem Streitobjekt vor einen Spiegel getreten und hält es an sich. »Ihnen wird es sicher passen«, sagt Franziska spontan. »Sie sind schlanker, zierlicher als ich. Und zu der braunen Haut...«
    Wohlgefällig betrachtet Sidonie ihr Spiegelbild. Franziska schaut ihr über die Schulter.
    »Wissen Sie, ich habe es gestern gleich gemerkt, daß es mir nicht paßt. Aber mein Mann war so begeistert. Das und kein anderes! hat er gesagt. Da wollte ich ihm die Freude nicht verderben.«
    Auf einmal sieht sie überanstrengt aus, die braungebrannte Frau, der Mund hat einen bitteren Zug.
    »Die Farbe macht mich bei künstlichem Licht blaß. Und das steht mir nicht«, sagt sie, legt das Kleid weg, nimmt mit sicherem Griff die drei teuersten Modelle vom Haken und reicht sie Franziska.
    »Probieren Sie doch mal.«
    Franziska lacht.
    »Wie mein Mann! Der würde auch nie etwas Preiswertes erwischen. Der greift immer zum Teuersten.« Sidonie ist ganz bei der Sache. Wie eine Direktrice nimmt sie sich ihrer an, hilft, begutachtet, macht Komplimente. Franziska wird es fast peinlich.
    »Ich komme lieber noch einmal mit meinem Mann.«
    »Trauen Sie sich nicht zu, das selbst zu entscheiden?« Franziska hebt die Schulter. »Geschmacklich ist er einfach sicherer als ich. Und ihm soll es doch gefallen.« Sidonie hält ihr das dritte Kleid hin. »Wenn ihm das nicht gefällt, ist ihm nicht zu helfen.« Es klingt heftig. »Und der Preis?«
    Sidonies Stimme wird mild:
    »Da ist kaum ein Unterschied. Bei diesem Wetter muß man sich verwöhnen, sonst ist es zum Verzweifeln.«
    »Ich mag Regen«, Franziska lächelt ihrem Spiegelbild zu, »da sind die Menschen ruhiger und nicht so lebensgierig.«
    Über den Spiegel schaut Sidonie in Franziskas Augen. Bis Franziska sagt:
    »Eigentlich haben Sie recht. Ich nehme es.«
    Mit eigenem Wortschatz bezahlt sie die Differenz.
    »Ich finde es reizend von Ihnen, daß Sie mich beraten haben. Allein bin ich ziemlich hilflos. Vielen Dank.«
    »Sie haben mir auch geholfen«, sagt Sidonie. »Ich war nervös, war deprimiert, und Sie haben mich wieder ins Lot gebracht.«
    »Und Sie haben mich aufgemöbelt. Ich brauche manchmal einen Tritt, leider.«
    Hierzu äußert sich Sidonie nicht, während sich Franziskas Sympathie für sie weiter steigert:
    »Wir Frauen sollten uns überhaupt viel mehr solidarisieren!«
    Sidonie muß sich zurückhalten, sonst trinken sie noch irgendwo einen Kaffee miteinander. Mit großem Interesse betrachtet sie Seidentücher, stellt Fragen an die Verkäuferin, bis Franziska sich noch einmal verabschiedet und das Geschäft verlassen hat.
    »Eine sympathische Frau!« berichtet Franziska später im Hotel. »Weißt du, die Dunkle vom Strand, mit dem älteren Mann.«
    Gewohnt, mit Zufällen zu rechnen, ist Robert über das, was sie ihm da von ihrem Einkauf erzählt, doch mehr als verwundert. Mit geröteten Backen sitzt er im Bett und schaut ihr zu, wie sie das neue Kleid anzieht und sich vor ihn hinstellt. Sie sieht wirklich sehr hübsch aus. Und Sidonie hat es für sie ausgesucht. Was will sie damit bezwecken? Franziska aushorchen? Fürchtet sie seine Entscheidung?
    Es regnet noch.
    Und weil es noch immer regnete, fuhren sie nach dem Mittagessen mit den Kindern zu einer Grotte, wo sie spielen konnten mit den englischen und portugiesischen Kindern, die schon da waren, als sie eintrafen. Auch der endlich ausgeschlafene Pappi spielte anfangs mit, war aber nicht unbedingt bei der Sache.
    Hat Sidonie die Begegnung mit Franziska gesucht? Oder war es Zufall?
    Lange durften die Kinder herumtoben, weil sie heute früher ins Bett mußten, und wenn sie müde waren, hatten es die Eltern leichter mit ihnen.
    Denn heute abend gehen die Eltern allein zum Essen. In das bekannte, kleine Restaurant, wo man zwei Tage vorher den Tisch bestellen muß, eine Winzigkeit von Tisch, eng zwischen den anderen Winzigkeiten und mit großem Schild: Riservato.
    Viele Arme setzten sich in Bewegung, das große Angebot mit der kleinen Fläche zu vereinbaren. Alles gibt es da, was das Meer vor der Tür auf den Teller bringt, sofern es
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