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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin
Autoren: Oliver Hassencamp
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er kam herein.
    »Du mußt mir einen Gefallen tun, Robert. Du mußt dem Mädchen Bescheid sagen. Du weißt schon. Ich verreise tatsächlich. Sie hat kein Telefon.«
    »Dann schick ihr ein Telegramm.«
    Karl schüttelte mitleidig den Kopf.
    »Sie ist jung und aggressiv. Ich muß sichergehen, daß sie keine Zicken macht.«
    »Laß mich da raus, Karl«, bat Robert. »Ich bin auch mit Karin befreundet.«
    »Karin ist in diesem Punkt erziehungsgeschädigt. Du hast es ja eben gehört. Nicht jeder hat so eine vernünftige Frau wie du. Ausgerechnet du. Also sei so gut...«
    »So was kann unsere Freundschaft belasten.«
    »Nur Freundschaften kann man belasten. Du sagst ihr, daß ich weg mußte und mich melde, sobald ich zurück bin. Zweiter Stock links, über der Bäckerei, ja?«
    »Ungern.«
    »Tu mir den Gefallen. Ich werf dir auch mal einen Stein in den Garten.«
    »Ich mag die Rolle nicht. Dir fällt sicher noch was Besseres ein.«
    Roberts hilfloser Ausdruck belustigte Karl.
    »Du bist mein bester Einfall. Dir glaubt sie am ehesten.«
    »Wieso mir?«
    »Sie hat es selbst gesagt.«
    »Aber sie kennt mich doch gar nicht.«
    »Der hält dicht — hat sie gesagt. Den Typ kenne ich: harmlos und zuverlässig.«

2. Niemand hineinziehen

    Um eine volle Viertelstunde ist Robert früher aufgestanden. Seit er sich mehr Zeit nimmt, braucht er mehr Zeit, braucht länger zum Rasieren, zum Anziehen. Sowie sich die Gelegenheit bietet, schwelgt er, lebt nicht gerade auf großem Fuß, aber doch Nummern größer. Vor dem Schrankspiegel in der Diele bindet er die uni Krawatte und lächelt über sich. Mit dem Dreifachen seines Gehalts wäre er gewiß kein Verschwender, vielleicht arrivierter Genießer. Doch so ist es nicht.
    »Hm, wie attraktiv.«
    Franziska hat sich an ihn gelehnt, ohne seine Sorgfalt zu stören.
    »Davon kann keine Rede sein, Liebes. Harmlos und zuverlässig — ja. Aber nicht attraktiv. Dazu fehlt mir ein Schuß Leichtsinn.«
    »Dann flirte nicht so mit mir, gestiefelt und gespornt«, sagt sie.
    Es hat tatsächlich etwas Frivoles, frisch gewaschen, mit Aktentasche in der Hand, die bettwarme Haut zu streicheln, unter dem dünnen Hemd, und zu gehen. Wieder ist er der erste von denen, die er kennt. Doch nicht lange. Da kommt sie. Bringt Welt herein, das Café mausert sich zum Dreisternhotel, die Plastikstühle werden zu Ledersesseln, die Männer zu Herren, die respektvoll grüßen, ohne Potenzgockelei.
    »Hallo«, sagt sie, statt Guten Morgen, und Robert antwortet mit einem wohlgelaunten »Willkommen«.
    Er hilft ihr aus dem weichen Mantel. Nein, sie ist nicht so dünn, wie gestern geschildert. Sie ist eher wie Franziska.
    »Wollen wir gleich bestellen«, sagt sie. Er wird mit dem Arm aktiv, und der Ober kommt sogar. Sie bestellen dasselbe, es ergibt sich so. Sie lächelt darüber. Gleich wird er sie fragen, bevor die andern kommen, einfach fragen. Man ist nur außer Übung. Naserümpfend dreht er sich nach den Skatbrüdern um.
    »Was die wieder zusammenqualmen! Gehen wir nachher ein paar Schritte?«
    »Gern. Wir haben ja Zeit.«
    Sie lächeln einander an. Graue Augen hat sie, fällt ihm auf. Flirten sie, die grauen, oder kommt ihm das nur so vor? Eines anderen Gefühls ist er sich sicherer: Hunger hat er, furchtbar Hunger. Da kommt Tiedemann und einer der Herren von der Bank, das Frühstück kommt und ein anderer Herr und noch einer. Das Gespräch tröpfelt; immerhin läßt man sie heute in Ruhe. Robert widmet sich seinem 5 -Minuten-Ei und drei Brötchen. Für die Kosten, einzig begründeter Einwand Franziskas gegen den neuen Rhythmus, hat er eine Ausrede: Mehr zum Frühstück, weniger mittags. Teurer kommt es dennoch, aber letzten Endes raucht er nicht und trinkt nicht. Als der Ober den Kaffee für Tiedemann bringt, verständigen sie sich mit ausdruckslosem Blick und zahlen.
    »So«, Robert steht auf, »ich gehe noch ein bißchen an die Luft.«
    »Gute Idee«, sagt sie und steht gleichfalls auf.
    »Bei dem Wetter?« fragt einer der Herren. Sie gehen nicht weiter darauf ein, nisten sich in ihre Mäntel und hinterlassen ein freundliches Dann-bis-morgen am Tisch. Unter massiven Blicken hält Robert ihr die schwere Tür, sie gehen hinaus, wie Verbündete. Kühle Luft pfeift ihnen entgegen; am Ellenbogen führt er sie auf die windgeschützte Seite. Die Hand bleibt da, greift um, zum Oberarm, in bequemer Höhe.
    »Schön die Luft!« sagt sie.
    »Das können wir ja öfter machen«, sagt er.
    »Ich dachte, Sie gehen lieber
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