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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben
Autoren: Emile Zola
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Zimmermannsgesellen, der seinen Handel mit Holz aus dem Norden mit der kühnen Unternehmungslust eines abenteuerlichen Kopfes führte, eine äußerst gefährdete Firma vorgefunden. Da er wenig tatkräftig und gewohnheitsmäßig vorsichtig war, hatte er sich damit begnügt, durch gute Ordnung die Lage zu retten und auf ehrliche Weise vom sicheren Gewinn sein Leben zu fristen. Der einzige Roman seines Lebens war seine Heirat, er heiratete eine Lehrerin, der er in einer befreundeten Familie begegnet war. Eugénie de la Vignière, eine Waise, Tochter einer ruinierten Junkerfamilie aus dem Cotentin2, gedachte ihren Ehrgeiz auf ihn zu übertragen. Doch er, der nur über eine lückenhafte Ausbildung verfügte und erst spät in ein Internat geschickt worden war, schreckte vor den großen Unternehmungen zurück, setzte den Herrschergelüsten seiner Frau die Trägheit seiner Natur entgegen. Als ihnen ein Sohn geboren wurde, übertrug sie ihre Hoffnung auf ein großes Vermögen auf dieses Kind, steckte es ins Gymnasium, hielt es selber jeden Abend zum Arbeiten an. Indessen sollte ein letztes Unheil ihre Berechnungen durchkreuzen: Chanteau, der seit seinem vierzigsten Lebensjahr an der Gicht litt, bekam schließlich so schmerzhafte Anfälle, daß er die Absicht äußerte, seine Firma zu verkaufen. Das hieß, man würde in Mittelmäßigkeit leben und die kleinen Ersparnisse in der Zurückgezogenheit aufzehren müssen; man würde den Jungen später ohne den Rückhalt der ersten zwanzigtausend Francs Jahreszinsen, die sie für ihn erträumt hatte, ins Leben schicken müssen.
    Da wollte sich Frau Chanteau wenigstens um den Verkauf kümmern. Der Gewinn mochte sich auf etwa zehntausend Francs belaufen, wovon das Ehepaar üppig leben könnte, denn sie liebte es, Gäste zu empfangen. Sie war es, die einen Herrn Davoine ausfindig machte und auf den Gedanken kam, folgende Berechnung anzustellen: Davoine würde den Holzhandel für hunderttausend Francs kaufen, allerdings würde er davon nur fünfzigtausend zahlen; da die Chanteaus ihm die restlichen fünfzigtausend belassen müßten, würden sie seine Teilhaber bleiben und am Gewinn beteiligt sein. Dieser Davoine schien ein Mann von kühnem Verstande zu sein; selbst wenn man zugab, daß er nicht mehr aus der Firma herausholte, so kam für sie dabei immerhin eine gesicherte Summe von fünftausend Francs heraus; zusammen mit den dreitausend Francs Zinsen der als Hypothek sicher angelegten fünfzigtausend würde das insgesamt achttausend Francs Jahreszinsen ergeben. Damit würde man sich gedulden, würde man die Erfolge des Sohnes abwarten, der sie aus ihrem mittelmäßigen Leben herausholen sollte.
    Und die Dinge wurden denn auch so geregelt. Chanteau hatte gerade zwei Jahre zuvor ein Haus am Meer, in Bonneville, erworben, ein Gelegenheitskauf, der sich ihm beim Zusammenbruch eines zahlungsunfähigen Kunden geboten hatte. Statt es wiederzuverkaufen, wie Frau Chanteau eine Weile die Absicht hatte, entschied sie, daß man sich dorthin zurückziehen solle, wenigstens so lange, bis sich Lazares glänzende Erfolge einstellten. Auf ihre Empfänge zu verzichten, sich in einem gottverlassenen Nest zu vergraben war für sie Selbstmord; doch sie überließ ihr ganzes Haus Davoine, der sonst hätte anderswo mieten müssen, und sie brachte den Mut auf, sparsam zu leben, bei der beharrlichen Vorstellung, später eine triumphale Rückkehr nach Caen zu halten, wenn ihr Sohn dort eine bedeutende Stellung einnähme. Chanteau stimmte allem zu. Was seine Gicht betraf, so würde sie sich an die Nähe des Meeres gewöhnen müssen; im übrigen waren von drei zu Rate gezogenen Ärzten zwei so freundlich gewesen, zu erklären, der Seewind würde den Allgemeinzustand bedeutend kräftigen. Eines Morgens im Mai also zogen die Chanteaus fort, um sich endgültig in Bonneville einzurichten, und ließen den damals vierzehnjährigen Lazare im Gymnasium zurück.
    Seit sie sich heldenhaft von allem losgerissen hatten, waren fünf Jahre vergangen, und um ihre geschäftlichen Angelegenheiten stand es immer schlechter. Da sich Davoine in große Spekulationen stürzte, behauptete er, ständig Vorschüsse zu benötigen, setzte er von neuem den Gewinn aufs Spiel, so daß die Bilanzen jeweils fast mit Verlust abschlossen. In Bonneville mußte man sich deshalb darauf beschränken, von den dreitausend Francs Jahreszinsen zu leben, und zwar so dürftig, daß man das Pferd hatte verkaufen müssen und daß Véronique den Gemüsegarten
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