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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley
Autoren: Monica McInerney
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geholfen.«
    Luke hatte ziemlich betreten dreingeblickt.
    Als Lola die Tür hinter sich zuzog und zum Ausgang ging, glaubte sie, Geraldine hinter dem Fenster zum Speisesaal zu sehen. Sie winkte ihrer Schwiegertochter fröhlich zu. Falls Geraldine das sah – sie reagierte nicht. Weder Manieren noch Persönlichkeit, dachte Lola. »Bis nachher!«, rief sie für alle Fälle in die Runde. »Ich fahre in die Stadt! Mache mich ein wenig nützlich!«
    Eine Stunde später hatte sich Lolas Stimmung indes verdüstert. Sie hatte entschieden andere Reaktionen auf die Weihnachtsaktion des Valley View Motels erwartet. Ja, es waren zahlreiche E-Mails gekommen, doch aus den vielen Anfragen hatte sich keine einzige Buchung ergeben. Der Himmel möge verhüten, dass sie Weihnachten tatsächlich allein verbringen musste. Lola spähte durch den Vorhang, der Büro und Laden trennte – eine einsame Kundin stöberte herum, damit kam Margaret allein zurecht.
    Lola runzelte die Stirn, als sie noch einmal ihre E-Mails checkte. Keine einzige Buchung? Wieso denn nicht? Sie klickte wahllos auf eine Anfrage. Unter dem Namen des Absenders stand eine Handy-Nummer. War es gängige Geschäftspraxis, telefonisch nachzuhaken? Ja? Nein? Ausprobieren! Sie holte ihr Handy aus der Tasche. Auch darüber hatte Luke gestaunt. »Du hast ein Handy?«
    »Nur vorübergehend. Ich spare auf ein iPhone«, hatte Lola erwidert. Wahrheitsgemäß.
    Beim dritten Läuten wurde abgehoben. Lola sagte mit ganz besonders höflicher Stimme: »Guten Tag. Mein Name ist Lola Quinlan. Ich wollte Sie um Ihre Mithilfe bitten. Wir führen eine Umfrage zum Thema Online-Werbung durch. Nein, bitte, legen Sie nicht auf, es wird nicht lange dauern. Lassen Sie mich gleich zur Sache kommen. Sie haben eine Auskunft beim Valley View Motel eingeholt, dort aber nicht gebucht. Wieso nicht?« Sie hörte eine Weile zu. »Nein, das ist nicht teuer. Nicht im Vergleich zu anderen Motels. Wirklich? Für drei Übernachtungen inklusive Weihnachtsmenü? Tja, das ist wirklich ein Schnäppchen. Da hätte ich auch zugegriffen.« Sie führte drei weitere Telefonate. Zwei Mal hörte sie das Gleiche – die Befragten hatten ein besseres Angebot gefunden. Ein Dritter hatte sich entschieden, Weihnachten doch zu Hause zu verbringen.
    Lola klickte sich durch mehrere Ordner, bis sie die Datei mit der Weihnachtsanzeige fand. Jim hatte ihr die Fassung gegeben, die er an die einschlägigen Hotelportale gemailt hatte. Lola hatte ein wenig daran herumgefeilt und den Text an weitere Anbieter geschickt, aber offensichtlich hatte sie nicht genug daran gefeilt. Luke hatte ihr einen Vortrag über sogenannte Meta-Tags gehalten, also Worte, so hatte er erklärt, die jemand beim Suchen – beim »Surfen«, hatte sie ihn korrigiert – am häufigsten eingeben würde. Also hatte Lola Jims Anzeige umgeschrieben, bis darin jedes nur erdenkliche weihnachtliche Wort erschien. Weihnachten. Christmas Pudding. Weihnachtsmann. Stille Nacht. Ilex. Kommen Sie in unser wunderschönes Ho-Ho-Hotel! Das Valley View war zwar streng genommen ein Motel, aber in dem Fall … Das Angebot umfasste drei Übernachtungen mit Frühstück und ein dreigängiges Weihnachtsmenü – Truthahn mit sämtlichen Beilagen! Lola hatte eigenmächtig hinzugefügt, dass jeden Gast ein Überraschungsgeschenk erwartete. Überraschen würden die Geschenke wahrlich – bislang waren es ein Reisewecker, ein hölzerner Bilderrahmen, ein hoffentlich vollständiges Puzzle und eine schreiend rote Krawatte –, alles Spenden an den Wohltätigkeitsladen. Lola hatte selbstverständlich dafür gezahlt. Großzügig.
    Sie spähte noch einmal durch den Vorhang. Die Kundin war fort, Margaret staubte die Regale ab. »Alles okay, Margaret?«
    »Ich zähle die Minuten, Lola!«, rief Margaret zurück.
    Mist! Margaret hatte leider nicht vergessen, dass sie gleich an den Rechner durfte. Rasch schrieb Lola ihre Mail an Ellen, liebe Grüße, was gibt’s Neues? , dann konzentrierte sie sich wieder auf ihr Weihnachtsproblem. Sie schloss die Augen, um sich zu sammeln und an die Tipps aus dem Marketingkurs zu erinnern, den sie im Vorjahr online absolviert hatte. Springt die Überschrift ins Auge? Ja. Ist das Angebot verständlich? Ja. Unwiderstehlich? An der Stelle war ihr wohl ein Fehler unterlaufen. Dem Angebot in seiner aktuellen Form war zu leicht zu widerstehen. Aber wann war ein Angebot unwiderstehlich?
    Wenn es gratis war?
    In weniger als einer Minute war die neue Anzeige fertig. Umso
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