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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley
Autoren: Monica McInerney
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ein Computer, nein, dort gab es Modem, Scanner, Drucker und sogar eine kleine Kamera.
    »Ladys, dies ist unser Portal in das World Wide Web«, hatte Lola verkündet, als alle Geräte installiert waren, und den erstaunten Blick von Luke, ihrem jungen Freund und Computerguru, sehr genossen. Selbstverständlich wusste sie von der Existenz des Internets. Von E-Mails. Blogs. Sie verbrachte abends Stunden vor dem Radio, über Zeitschriften, vor Fernsehdokumentationen – wie hätten die neuen Medien an ihr vorübergehen können? Sie hatte darauf gebrannt, bei alldem mitzumachen. Und als die Hardware endlich vor ihr stand, war das für sie so selbstverständlich wie … Hm, welcher Vergleich passte da am besten? Für Bill Gates das Geldverdienen? Luke hatte auch gestaunt, dass sie wusste, wer Bill Gates war. Was hatte Luke denn gedacht, dass sie ihre vierundachtzig Lebensjahre in einer Isolationszelle verbracht hatte?
    Sie konnte es kaum erwarten, wieder Hand an die Tastatur zu legen. Es gab so viel zu tun! Absoluten Vorrang hatte, sich über die aktuelle Lage in Sachen Motel und Weihnachten zu informieren, doch sie wollte auch Ellen eine E-Mail schicken. Lola sah ihre Urenkelin nicht annähernd so oft, wie ihr lieb gewesen wäre, höchstens einmal im Jahr, doch dank Brief, Telefon und neuerdings E-Mail blieb die Verbindung ungebrochen. Im Moment schrieben sie sich regelmäßig. Lola hatte sogar gelernt, Fotos von sich selbst per E-Mail zu versenden. Auf Ellens Drängen hin. Denn aus irgendeinem Grund amüsierte sich Ellen über Lolas Kleidungsstil.
    Aber hallo, Ur-coole-Oma! , hatte in ihrer letzten E-Mail gestanden. Tagsüber schon pinkfarbene Strumpfhosen und ein Kleid mit Leopardenmuster? Da kann Lady Gaga einpacken!
    Lola hatte diese Lady Gaga erst einmal googeln müssen, doch was sie dann sah, hatte sie keinesfalls beleidigt, sondern inspiriert. Wobei ihr einfiel – sie war noch nicht fertig angezogen. Für das Motel reichte es, aber für den Laden musste sie sich noch ein wenig aufrüschen. Lola ging in Zimmer elf – ihr momentanes Zuhause in den fünfzehn Räumen des Motels, mit einem schönen Ausblick auf die Hügel und einen halben Weinberg. Jim und Geraldine lebten als Eigentümer im Privatquartier, doch Lola hatte sich eines der Zimmer aussuchen dürfen.
    Sie hatte ihrem Outfit aus violettem Hosenanzug und goldenem Gürtel gerade den letzten Schliff verpasst – und sich eine große rosa Blüte in ihr kurzes, weißes Haar gesteckt –, da ächzte schon Lukes alter Corolla die Auffahrt hinauf. Ach, das war ein feiner Kerl. So zuverlässig. Und so helle.
    Der dreiundzwanzigjährige Luke nämlich hatte den Wohltätigkeitsladen mit Computertechnik ausgerüstet. Im Anschluss an seine Elektrikerlehre war Luke nach Adelaide gezogen, hatte sich zum IT-Fachmann weitergebildet und stieg nun bei einer erfolgreichen Computerfirma die Karriereleiter hoch. Um den Laden kümmerte er sich, wenn er nach Clare kam, zu seiner Mutter Patricia, die dort ebenfalls ehrenamtlich arbeitete. Es war sein »Feierabend-Job«, ein Liebesdienst. Anfangs hatten sich einige Damen gegen die neue Technik gesperrt, doch mittlerweile war aus ihnen der reinste Computerclub geworden. Lola hatte einen Zeitplan aufstellen müssen, damit sie überhaupt noch an den Rechner kam. Das war nicht einfach, angesichts der regen Aktivitäten ihrer ältesten Freundin Margaret mit ihrem Online-Bridge-Club, der Umtriebe von Patricia mit ihrer Etsy-Einkaufswut und Kay mit ihren achthundert Facebook-Freunden. Und dann waren da noch Joan, die regelmäßig ihre Katzenvideos aufYouTube postete, eine andere Dame, die jeden Sonntag mit ihrem Sohn in Kopenhagen skypte, und Bill, ihr Mann für alle Fälle, der zwar stets betonte, dass er aus Prinzip keinen Fernseher hätte, sich aber stundenlang durch die Online-Mediatheken sämtlicher Sender schaute. Das war schon recht beachtlich. Schließlich lag ihr durchschnittliches Menschen-Alter bei fünfundsiebzig. Ihr durchschnittliches Computer-Alter, laut Luke, bei Mitte zwanzig. »Ihr Oldies kapiert aber schnell«, hatte er bei einer ersten Einführung gestaunt. »Ich war mir nicht sicher, ob ihr damit überhaupt klarkommen würdet.«
    »Ich darf mir den Hinweis erlauben, dass ich selbstständige Steuerprüferin war«, hatte Margaret pikiert verkündet.
    »Ich Vorsitzende des Gemeinderats«, hatte Joan gesagt.
    Kay, die Milch-Farmerin, hatte ihre Hände vorgezeigt. »Die hier haben mehr als tausend Kälbchen auf die Welt
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