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Die Frauen des Journalisten (German Edition)

Die Frauen des Journalisten (German Edition)

Titel: Die Frauen des Journalisten (German Edition)
Autoren: Gerlind Schmidt
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Röder die Telefonnummer von Paul Lienhardt.
    „Hallo Paul, hier ist Wolfgang. Ich...“
    Paul unterbrach ihn sofort: „Du brauchst gar nicht weiter zu sprechen. Ich bin schon informiert.“
    „Es erstaunt mich immer wieder, wie so was bei dir funktioniert.“
    „Berlin ist eben ein Dorf, auch wenn wir euch Ostler dazubekommen haben. Also, wann treffen wir uns?“
    „Ich sitze schon in meinem Auto und fahre jetzt in die Kanzlei zurück. Sagen wir, in eineinhalb Stunden?“
    „ Alles klar. Ich mache mich auf den Weg. Bis dann.“
     
    Anders als die beiden Freunde war Paul Lienhardt ein echter Berliner. Er kam von ganz unten. Hinter der Mauer geboren, hatte er schon früh Kontakte zu kriminellen Kreisen der Berliner Szene gehabt. Über ein Jahr hatte er hinter Gittern verbracht. Monatelang eingesperrt zu sein, das war für ihn die Hölle gewesen. Er liebte seine Freiheit und Unabhängigkeit über alles. In dieser Zeit des Eingesperrtseins war ihm klar geworden, ein kriminelles Leben würde ihn immer wieder zurück in den Knast bringen. Nicht noch einmal wollte er Tage seines Lebens verlieren, deshalb musste er seinem Leben einen anderen Sinn geben. Darüber begann er damals in seiner Zelle nachzudenken.                                               
    Ohne Verpflichtungen gegenüber anderen Menschen brauchte er eigentlich nicht viel für sein Leben. Lienhardt war nie verheiratet gewesen, es hatte sich nicht ergeben. Er war nicht besonders schön, seine Nase war ein wenig zu groß, dafür waren die schmalen Lippen interessant. In den dunklen Haaren zeigten sich früh graue Strähnen. Weil er nur mittelgroß war, ein wenig untersetzt, sahen Anzüge an ihm oft fremd aus. Er bevorzugte deshalb bei allen Gelegenheiten zeitlose Kleidung, wie Jeans und Pullover, gelegentlich ein Hemd.  Er war eben nur ein kleiner Ganove, der  für Frauen nicht interessant war.
    Lienhardt hatte einen ganz normalen Schulabschluss, für noch mehr Bildung war das Interesse bei ihm nie vorhanden gewesen. Erst die Zeit in der JVA brachte ihn zum Nachdenken und so stand eines Tages sein Entschluss fest; sein Leben sollte, nein musste eine andere Richtung nehmen, er brauchte ein Ziel. Während seiner Haftzeit begann er zu lesen. Vorher waren Bücher für ihn kaum eines Blickes wert gewesen. Nun aber musste die Zeit ausgefüllt werden. Zuerst las er Kriminalromane, einfache, solche ohne komplizierte Handlung. Dann Bücher, die sich mit Wirtschaftsspionage befassten, in denen clevere Männer komplizierte Fälle aufklärten. Und da begann in Lienhardt plötzlich etwas zu reifen, er sah einen Weg vor sich.  Aus dem, was er bisher kennengelernt hatte, ließ sich doch ein Beruf machen. Mit seinem Wissen, mit seiner Beobachtungsgabe, seiner Ausdauer konnte er doch Geld verdienen. Also begann er schon während seiner Haft das Berliner Branchenbuch zu studieren, suchte  sich alle Detektive zusammen, die die Stadt aufzuweisen hatte. Sobald er dann entlassen war, fing  er an sie der Reihe nach aufzusuchen. Sehr viele waren es nicht, dem eingemauerten Westberlin fehlte das Hinterland.
    Gleich in einem der ersten Gespräche begriff er, dass sein Vorhaben so einfach kaum zu realisieren sein würde. Die Stadt wartete nicht auf noch einen Detektiv. Schon gar nicht auf einen, der noch keiner war, einen der ohne jegliche Erfahrung und Ausbildung war. Sein dritter Kontakt führte ihn zu einem älteren Mann, in einem Hinterhaus, mit einem winzigen Büro, spärlich möbliert, kaum Akten. Der Mann betrachtete ihn sehr genau, so als könne er damit auch sein Innerstes erkennen.  Lienhardt stand vor ihm wie ein Schuljunge, unbewegt. Dann deutete der Alte auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    „Sie kommen aus dem Knast.“
    Erstaunt sah ihn Lienhardt zuerst an, dann an sich herunter.
    „Nein, an Ihnen ist nichts haften geblieben.“, grinste der Mann.
    „Später werden Sie wissen, woran man erkennt, woher jemand kommt. Also, erzählen Sie mal, wie sind denn Ihre genauen  Vorstellungen von dem Gewerbe?“, wollte er nach einer Weile wissen.
    „Heißt das...“
    Mit einer energischen Handbewegung deutete der Alte an, dass Lienhardt antworten   sollte. Lienhardt gab sein Wissen aus den gelesenen Büchern zum Besten, worüber der Mann herzlich lachen musste.
    „Junger Mann, ich bin früher Polizist gewesen. Ich kenne das Geschäft also von ganz unten.  Bücher sind zum Lesen da, die hat sich jemand ausgedacht,
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