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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
Autoren: Diane Ducret
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darüber mündlich aussprechen würden. Aber Sie haben mir noch nie geschrieben, dass ich kommen soll. Sonst muss ich annehmen, dass ich wohl nicht Ihre Auserwählte für Sie bin.
    Nun will ich schließen und verbleibe mit herzlichen Grüßen

Ihre Anna N.
     
     
    Das Unbewusste, die höhere Instanz der Verführung
    Die verführerische Wirkung, die Hitler auf die Frauen hatte, war also sehr ausgeprägt. Sie schreiben ihm, treten für ihn und seine Sache ein und teilen seine Vision einer großdeutschen Nation. Ist dies nicht die ultimative Verführung, eine Form sexueller Hörigkeit, die umso stärker wirkt, je tiefer sie im Unbewussten wurzelt? Im Vergleich mit anderen Ländern war die Psychoanalyse in Deutschland zu jener Zeit bereits gängige Praxis, und so erhalten wir auch von dieser Seite wertvolle Aufschlüsse über die intimen Verknüpfungen des Hitlerbildes mit der weiblichen Psyche – in den Träumen, die Patientinnen ihren Analytikern anvertrauen [14] :
     
Ich träume sehr oft von Hitler oder Göring. Er will was von mir, und ich sage nicht: „Aber ich bin doch ehrbar“, sondern: „Aber ich bin doch keine Nazi“, und da gefalle ich ihm noch besser.
     
    Eine Hausangestellte von dreiunddreißig Jahren:
     
Ich bin im Kino, sehr groß, sehr dunkel. Ich habe Angst, eigentlich darf ich nicht da sein, ins Kino gehen dürfen nur Parteigenossen. Dann kommt Hitler, ich habe noch größere Angst. Aber er erlaubt mir nicht nur zu bleiben, sondern setzt sich neben mich und legt seinen Arm um meine Schulter.
     
    Eine Hausfrau:
     
Ich sehe, als ich vom Einholen komme, dass auf der Straße getanzt werden soll – wie in Frankreich am Bastilletag –, weil ein Feiertag zur Erinnerung an den Reichstagsbrand ist. Man sieht überall Freudenfeuer – Quadrate sind mit Seilen abgesperrt, und die Paare gehen unter den Seilen durch wie Boxer … Ich finde das sehr hässlich. Da umfasst mich jemand mit starken Händen von hinten und zieht mich durch ein Seil auf die Tanzfläche. Als wir zu tanzen anfangen, erkenne ich, es ist Hitler, und finde alles sehr schön.
     
    Eine andere Hausfrau:
     
Lange Tische stehen auf dem Kurfürstendamm, an denen dichtgedrängt viele braungekleidete Menschen sitzen. Neugierig setze ich mich auch, aber abseits, am Ende eines leeren, einsamen Tisches. Da erscheint Hitler, anheimelnderweise im Frack, mit großen Packen Flugblättern, die er eilig und achtlos verteilt, und zwar so, dass er je einen Pack an je einem der Tischenden hinwirft, und die Sitzenden reichen sie dann weiter. Es sieht so aus, als bekäme ich nichts. Da legt er plötzlich, ganz gegen die bisherige Übung, einen Packen behutsam vor mich hin. Dann reicht er mir mit einer Hand ein einzelnes Flugblatt, während seine andere Hand über mich hinstreichelt, von den Haaren über den Rücken hinab.
     
    Hitler teilt also mit einer Hand Propagandamaterial aus, während er mit der anderen liebkost.
     
     
    Für die Liebe zum „Duce“
    Auch der „Duce“ ist für die Frauen ein Gott, den sie anbeten können, ein Souverän, den sie verehren, der ideale Mann. Komtessen, Bäuerinnen, Nonnen und Prostituierte schreiben ihm, um ihm ihre Bittgesuche und Wünsche vorzutragen, und seien sie noch so klein. Er ist der Vater, der Ratgeber, der Herrscher über das Bewusstsein, der Wächter über ihre Ehre. Und so erhält er pro Monat 30.000 bis 40.000 Briefe, die im Staatsarchiv des EUR, des von Mussolini gebauten Stadtviertels in Rom, archiviert werden, dem Privatsekretariat des „Duce“. Einige auf herausgerissenen Heftseiten, andere auf kostbarem, handgeschöpftem Bütten.
    Die Italienerinnen haben ein sehr enges Verhältnis zum „Duce“. Und anders als Hitler lässt dieser sich gerne auf dieses Spiel ein. Er gibt ihnen etwas zurück, beantwortet ihre Briefe, bemüht sich, ihre Wünsche zu erfüllen. Einige seiner leidenschaftlichsten Bewunderinnen durften sich gar seiner flüchtigen Gunst erfreuen. Sie wurden in den Palazzo Venezia auf ein Schäferstündchen geladen.
    Von weiblicher Seite akzeptierte er selbst Kritik an seiner Politik und seinem Handeln. Vorwürfe ließ er sich gefallen, sofern sie von einer Frau geäußert wurden. Hätte man den Kritiker nicht sofort verhaftet, wäre er ein Mann gewesen? Frauen lässt Mussolini Dinge durchgehen, die kein Mann sich je hätte erlauben dürfen. Er ist für ihre Liebe und ihre Leidenschaftsbezeugungen ebenso offen wie für ihren Hass. Dazu steht er. Und so offenbaren die Briefe an den
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