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Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen
Autoren: Qiu Xiaolong
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hatten wir unsere Verdachtsmomente während unterschiedlicher Phasen des Verfahrens, und wir haben auch darüber gesprochen. Aber es waren Ihre Beobachtungen, die immer wieder neues Licht auf die Situation warfen.«
    »Sie sind sehr diplomatisch, Oberinspektor Chen.«
    »Ganz und gar nicht. Erinnern Sie sich noch an unser Gespräch in der Grünen Weide? Sie haben mich darauf aufmerksam gemacht, daß Wen, trotz Fengs Aufforderung bei seinem letzten Anruf, nicht versucht hat, ihn zu kontaktieren, sobald sie in Sicherheit war?«
    »Ja, das hat mich beschäftigt, aber ich wußte damals ja nicht, ob sie sich tatsächlich an einem sicheren Ort befand. Es war am siebten oder achten Tag nach ihrem Verschwinden, als wir in diesem Restaurant darüber sprachen.«
    »Und dann haben Sie mich im Café Deda davon überzeugt, daß Gu mehr wußte, als er uns erzählt hat. Das hat mich veranlaßt, weitere Nachforschungen anzustellen.«
    »Nein, nein, diese Lorbeeren kann ich nicht beanspruchen. Sie haben doch schon im Club von Gu von Ihren Verbindungen zur Verkehrsüberwachung erzählt…« Auf einen Blick von Chen hin unterbrach sie sich. Hatte er Parteisekretär Li von der Sache mit dem Parkplatz erzählt? Und wußte der überhaupt von dem Besuch im Karaoke-Club?
    »Sie haben im Umgang mit einem Mann wie Gu großes Feingefühl bewiesen, Oberinspektor Chen«, kommentierte Li. »›Eine goldene Schildkröte muß man mit einem süß duftenden Köder locken.‹«
    »Danke, Parteisekretär Li«, erwiderte Chen überrascht. »Und an dem Abend nach der Peking-Oper habe ich Inspektor Rohn zum Hotel begleitet, wie Sie, Parteisekretär Li, es vorgeschlagen hatten. Auf dem Weg tranken wir noch kurz etwas beim Bund-Park, und da erwähnte ich den anderen Fall, der mir am selben Tag zugewiesen worden war – die Sache mit der Leiche im Bund-Park. Inspektor Rohn sagte, daß eine Verbindung zwischen beiden Fällen bestehen könnte. An eine solche Möglichkeit hatte ich zuvor nie gedacht. Aber noch wichtiger war ihre Bemerkung zu den Axtwunden des Opfers, die sie in Zusammenhang mit einem Mafia-Krimi brachte. Dort war ein Mord auf eine Weise begangen worden, die den Verdacht auf eine rivalisierende Organisation lenken sollte …«
    »Die Axtwunden legten einen Triadenmord nahe. Es war eine Unterschrift«, warf Li ein. »Hauptwachtmeister Yu hat das von Anfang an gesagt.«
    »Ja. Sie nennen das den Tod durch die Achtzehn Äxte«, bemerkte Yu. »Die höchste Form der Strafe bei den Fliegenden Äxten.«
    »Stimmt. Und das genau war es, was mich stutzig machte. War diese Art der Unterschrift nicht zu offensichtlich? Deshalb brachte mich Inspektor Rohns Bemerkung auf eine andere Möglichkeit. Das Opfer im Bund-Park konnte von jemandem ermordet worden sein, der einen Mord durch die Fliegenden Äxte vortäuschen und diese in Schwierigkeiten bringen wollte. Die Fliegenden Äxte würden daraufhin versuchen, die Sache aufzuklären, und ihre Aufmerksamkeit von Wen abwenden. Außerdem wäre auch die Polizei abgelenkt. Und wer würde, einmal vorausgesetzt, daß es so war, von einer solchen Aktion profitieren? Jemand, dem noch mehr daran gelegen war, Wen zu finden.«
    »Langsam beginne ich zu begreifen«, sagte Yu.
    »Also gebührt Ihnen doch der Lorbeer, Inspektor Rohn. Trotz meines Mißtrauens war ich genauso verwirrt wie alle anderen. Ich war nicht in der Lage, die Teile zu einem stimmigen Ganzen zusammenzufügen. Ihre Kommentare haben mir wirklich weitergeholfen.«
    »Vielen Dank, Inspektor Rohn«, sagte Li. »Das ist ein wunderbares Beispiel für die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den Polizeikräften unserer beiden Länder. Man fühlt sich an das Tai-Chi-Symbol erinnert, yin ergänzt yang …« Hier unterbrach er sich durch ein Hüsteln und hielt sich die Hand vor den Mund.
    Sie verstand. Als hochrangiger Parteikader mußte Li seine Worte mit Bedacht wählen, selbst beim Gebrauch einer so harmlosen Metapher, die jedoch im Alten China auch die Vereinigung des weiblichen mit dem männlichen Prinzip versinnbildlichte.
    »An jenem Abend erhielt ich dann einen Anruf des Alten Jägers«, fuhr Chen fort. »Er berichtete, daß Gu sich nach einer vermißten Frau aus Fujian erkundigt habe. Das überraschte mich. Gu hatte uns von einem mysteriösen Besucher aus Hong Kong erzählt. Warum war Gu plötzlich an einer Frau aus Fujian interessiert? Der Abend am Bund-Park hat mich also zum ersten Mal auf die richtige Spur gebracht.«
    »Der Park ist eben, gemäß der
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