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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank
Autoren: Gunnar Staalesen
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und trat auf die steile Straße hinaus. Die Pflastersteine unter meinen Füßen waren rund und glatt, und es roch stark und faulig nach Meer, so wie es öfter riecht, an feuchten Tagen im November. Die Schatten von Bybrua fielen dunkel und düster über die Dächer, wie die Ankündigung eines Unwetters.

6
    Ich ging zurück in Richtung Zentrum. Von einer Telefonzelle aus rief ich die Ölgesellschaft an, bei der Arne Samuelsen angestellt war. Nachdem ich von diversen Vermittelungszentralen hin und her verbunden worden war, landete ich bei der Personalabteilung, wo eine kurzangebundene Frauenstimme sich als Frau Andersen vorstellte, mit Betonung auf der letzten Silbe, und fragte, was ich wünsche.
    »Ich versuche, jemanden zu finden, der bei Ihnen angestellt ist, Arne Samuelsen aus Bergen, und ich wüßte gern, ob Sie Informationen darüber …«
    »Sorry, aber diese Art von Informationen geben wir nicht jedem.«
    »Ich bin im Auftrag der Familie hier, und …«
    »In keinem Fall übers Telefon.«
    »Ich kann gern persönlich vorbeikommen, wenn …«
    Sie sagte schnell wie eine routinierte Sprechstundenhilfe in einer Zahnarztpraxis: »Paßt es Ihnen um 13.40 Uhr?« Ich sagte, daß mir das paßte.
    »Gut. Dann habe ich zehn Minuten Zeit. Wir werden sehen, was wir tun können.«
    Ich sagte »Danke«, aber sie hatte schon aufgelegt. Draußen vor der Telefonzelle fielen die ersten Flocken nassen Schnees langsam auf die Stadt nieder. Am Gemüsemarkt stand Alexander Kielland und starrte blind über den Hafen. Eine Möwe strich dicht über seinem Zylinder vorbei, ohne zu landen, und auf dem Markt gab es wenig Gemüse.
    Das Telefonbuch und der Stadtplan sagten mir, daß die Ölgesellschaft ihr Büro so weit vom Zentrum entfernt hatte, daß ich mich entschloß, ein Taxi zu nehmen.
    Der Taxifahrer war einer von der wortkargen, steifen Sorte und schien sich um das Lenkrad zu krümmen, als hätte er etwas vor mir zu verbergen.
    Die amerikanische Ölfirma hatte sich mitten auf einem Feld ein paar Kilometer östlich der Stadt installiert. Das vier Etagen hohe Gebäude war aus grauem Beton. Der Name leuchtete rot ganz oben an der Fassade und war von weit her zu sehen. Innen war der Bau mit Leichtmetallplatten ausgekleidet, in Beige und Burgunder, abwechselnd an Decke und Wänden, je nachdem, in welcher Etage man sich befand. Der Kontrast zwischen den Farben und der metallenen Oberfläche vermittelte mir ein deutliches Gefühl von Science-fiction. Ich mußte an der Pförtnerloge einchecken und der Pförtner – ein Mann in den Vierzigern, der aussah, als sei mit ihm nicht gut Kirschen essen – prüfte über Telefon, ob ich wirklich erwartet wurde. Dann wies er mich höflich zu einem der Fahrstühle.
    Der Fahrstuhl war groß, geräumig und lautlos. Durch versteckte Lautsprecher strömte süße und sanfte Wiener Musik wie dünner Tee in den quadratischen Raum. Ein Hauch von An der schönen blauen Donau – und dann war ich oben.
    Vor der Fahrstuhltür war eine weitere Pförtnerloge, diesmal besetzt mit einer Frau. Sie sah aus, als könne sie einen Spaß verstehen, aber dafür war keine Zeit. Sie wies mich energisch zur dritten Tür rechts und nahm ein Telefon ab, ehe ich die Gelegenheit hatte, mich zu bedanken.
    Ich klopfte an und ging durch die burgunderfarbene Tür hinein, die mit den Buchstaben DG gekennzeichnet war. Ich entschlüsselte den Code schnell und fand heraus, daß ich in Raum G, vierte Etage, ging.
    Ein Mann Ende Zwanzig, in einem grauen, engsitzenden Anzug, glattrasiert und mit wohlfrisiertem, dunklem Haar, stand rasch von einem Schreibtischstuhl auf und kam mir mit einem burgunderfarbenen Terminkalender in der einen und mit einem beigen Kugelschreiber in der anderen Hand entgegen. An den Wänden hingen große, dramatische Zeichnungen von Ölplattformen bei hohem Seegang. Am Ende des Raumes war eine weitere Tür mit den Buchstaben DH. Der junge Mann warf einen schnellen Blick hinunter auf meine nicht ganz frisch geputzten Schuhe und fragte dann formell: »Veum?«
    Ich nickte, und er sah auf seine elektronische Armbanduhr. »Frau Andersen ist in vier oder fünf Minuten frei. Seien Sie so nett und nehmen Sie dort drüben Platz.« Er deutete auf einen der vier beigen Ledersessel, die um einen ovalen Plastiktisch standen, der erstaunlicherweise schwarz war. Dann nahm er selbst hinter dem Schreibtisch Platz, wo er unbegreifliche Dinge mit einem kleinen Taschenrechner und einem Computer ausführte.
    Eine große, viereckige Uhr
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