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Die Frau im Fahrstuhl

Die Frau im Fahrstuhl

Titel: Die Frau im Fahrstuhl
Autoren: Helene Tursten
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Selbstmord begangen. Es gibt keinen Abschiedsbrief. Hingegen hat er an verschiedenen Stellen des Hauses Bilder seiner verstorbenen Frau aufgestellt.«
    »Und eines auf seinen Computer installiert«, ergänzte Tommy.
    »Ja. Das auch. Das könnte man für eine Art Abschiedsbrief halten, wenn es nicht um Lars Svensson ginge. Das passt nicht zu dem Eindruck, den ich bei unserem ersten Besuch von ihm gewonnen habe.«
    Tommy nickte.
    »Hast du eine andere Theorie?«, fragte er.
    Irene schwieg lange und dachte nach.
    »Nein«, sagte sie schließlich und seufzte.
    Im Auto wurde es wieder still. Erst als sie auf den Parkplatz des Präsidiums einbogen, brach Tommy das Schweigen.
    »Eines gibt mir zu denken.«
    »Was?«
    »Die Fotos wurden im Sommer aufgenommen. Lars Svensson hat gesagt, dass sie sich im September kennen gelernt hätten und ein halbes Jahr lang verheiratet gewesen seien. Sie seien glücklich gewesen. Hat er das nicht gesagt?«
    »Ja. Ich meine auch, mich zu erinnern, dass er so was gesagt hat.«
    »Dann kann also Lars Svensson die Fotos von Evalis nicht gemacht haben.«
    Irene dachte darüber nach, während sie einparkte. Erst als sie den Zündschlüssel herumgedreht hatte, wandte sie sich an Tommy.
    »Du hast Recht. Aber wer hat sie dann fotografiert?«, meinte sie.
    »Keine Ahnung.«
    »Spielt das eine Rolle? Svensson hat die Bilder vielleicht irgendwo gefunden, und sie haben ihm gefallen. Wahrscheinlich war ihm egal, dass nicht er sie geknipst hatte.«
    »Wahrscheinlich. War auch nur ein Gedanke.«
    Irene nickte. Es passte wirklich einiges nicht zusammen. Aber sie hatte keinen konkreten Anhaltspunkt. Es gab keine richtigen Beweise, sondern es war eher etwas in ihrem Unterbewusstsein, was ihr keine Ruhe ließ. Ein Irritationsmoment, das sie nicht loswurde. Wie ein winziger spitzer Stein im Schuh.
     
    Am Tag darauf kam die Videokassette zurück, die Irene aus dem Wohnzimmer mitgenommen hatte.
    »Das Video ist durchgesehen. Es handelt sich um mehrere Clips«, meinte der Mann von der Spurensicherung.
    Der Film war zwanzig Minuten lang und zeigte nur Szenen von Evalis. Sie ritt auf einem Pferd, badete in einem See, ruderte mit einem Kahn und wanderte im Gebirge. Eine lange Sequenz zeigte sie beim Flechten eines Blumenkranzes für das Mittsommerfest. Sie lachte oft und wirkte fröhlich. Als der Film zu Ende war, sagte Tommy: »In diesem Film ist sie jünger. Auch auf den Fotos aus dem Haus ist sie jünger. Wieso hat er einen Film über Evalis zusammengeschnitten?«
    »Aus Trauer natürlich. Der trauernde Witwer sieht sich den Film mit seiner geliebten Ehefrau immer wieder an, während er die Tabletten mit Schnaps runterspült, um Selbstmord zu begehen«, antwortete Irene.
    »Falsch! Der Videorekorder war gar nicht an.«
    »Stimmt. Aber etwas in der Art.«
    »Tja. Vielleicht.«
    Irene murmelte eine Antwort, die er nicht verstand. Nach einer Weile sagte sie dann mit Nachdruck: »Nein! Er ist nicht plausibel. Aber ich weiß nicht, wie alles zusammenhängt.«
     
    Hinter den schmutzigen Fensterscheiben strahlte eine wunderbare Maisonne. Frau Professor Yvonne Stridner merkte das nicht. Sie war in die Papiere vertieft, die vor ihr auf dem Schreibtisch lagen. Langsam dämmerte es ihr, was das Ergebnis der Analysen zu bedeuten hatte. Sie wusste nicht, wie sie mit diesem Ergebnis umgehen sollte. Das war ungewohnt und frustrierend. War es möglich gewesen? Aber wie?
    Fast widerwillig richtete sie ihren Blick auf den Monitor ihres Computers: Sie hatte eine Mail erhalten.
     
    »Hallo Yvonne!
    Ich komme am Mittwoch gegen 17 Uhr in Landvetter an. Können wir uns abends treffen? Ich muss mit einem vernünftigen Menschen sprechen. Die Beerdigung ist am Donnerstag. Alles Liebe! Hillevi.«
     
    Heute war Montag. In zwei Tagen würde Hillevi also aus Südamerika eintreffen, und in fünf Tagen würde das Doppelbegräbnis der Eheleute Svensson stattfinden. Yvonne Stridner sah sich den Laborbefund erneut eingehend an. Sie musste mit Hillevi sprechen. Obwohl sie ihre beste Freundin war, konnte sie ihr ein paar unbequeme Fragen nicht ersparen. Sie zog die Tastatur ihres Computers zu sich heran und schrieb eine Antwort-Mail:
     
    »Hallo Hillevi!
    Natürlich können wir uns Mittwochabend treffen. Um 20 Uhr bei mir zum Essen. Ich bin die ganze Woche Strohwitwe. Wir sind ungestört. Alles Liebe! Yvonne.«
     
    Die neue Frisur steht ihr überhaupt nicht, war Yvonne Stridners erster Gedanke. Hillevi hatte immer lange Haare gehabt. Bei der
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