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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror
Autoren: Elisabeth Elo
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Stoßzähne im Sand – Mann, ihr habt ja so was von danebengelegen, das ist ja jämmerlich. Und zu allem Überfluss springst du dabei auch noch über die Klinge.«
    »In Ordnung. Dann lass uns das jetzt erledigen.«
    Er wirft einen Blick über die Schulter auf Ziegenbart. »Wie viel Zeit haben wir noch?«
    »Zehn Minuten?« Den Typen scheint die Frage zu nerven.
    Johnny dreht sich wieder zu mir. »Willst du ihn jetzt direkt sehen oder wenn er seinen letzten Atemzug macht oder wenn’s vorbei ist?«
    »Ganz klar die erste Option. Ich kann’s nicht ausstehen, lange warten zu müssen.«
    Noch ein Typ kommt rein. Er ist groß, tritt selbstbewusst auf und trägt einen etwas besseren Anzug. Er fängt an, dem ersten Typen etwas auf Russisch zuzuraunen. Wenn ich näher dran wäre, könnte ich ihn verstehen.
    Ich schaue zu Johnny hinüber, in seinen schmutzigen Jeans und der ölverschmierten Daunenweste. Ich denke an seine abgespannte Frau, seine kreischende Brut und sein beschissenes Haus. Seine abgetragenen Turnschuhe und das völlig grundlose Bedürfnis, mich über die wahre Abscheulichkeit entfesselter Profitgier zu belehren.
    Dann erinnere ich mich, wie Halls Lakai Dennis instinktiv reagiert hat, als ich auf Russisch fluchte. Sie könnte zu Petrenko gehören. Als wäre Jewgeni Petrenko der Boss, vor dem man sich fürchtet. Etwas macht klick. Ich lächle John Oster an. »Du hast hier doch gar nichts zu sagen. Sie haben das Kommando. Du arbeitest für sie, und sie arbeiten für Petrenko. Sie werfen dir ab und zu ein paar Dollars hin und fixen dich damit an. Sie versprechen dir das große Geld, aber sie werden es dir nie geben. Und tief in deinem Herzen weißt du auch, dass du ein Loser bist, genau wie Troy, nur ein paar Sprossen höher auf der Leiter.«
    Sein Gesicht verhärtet sich, und sein rechtes Auge fängt an zu zucken. Leise zischt er: »Was weißt du?« Den Russen brüllt er zu: »Sie ist jetzt so weit.«
    Die beiden Russen kommen herüber.
    »Sdrawstwuitje« , begrüße ich sie.
    Sie wechseln einen Blick. » Sdrawstwuitje« , antwortet der eine.
    »Fallt nicht drauf rein. Sie ist Amerikanerin«, sagt Johnny.
    Ich reiße an den Handschellen und sage bestimmt: »Nehmen Sie die hier ab und holen Sie mir Jewgeni Petrenko ans Telefon. Sie haben die falsche Frau, und er wird sehr wütend werden, wenn er das herausfindet. Beeilung. Toropit’sja .« Mein Russisch ist eingerostet, aber das wenige reicht bereits, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken.
    Ziegenbart wird sofort aktiv, nimmt einen kleinen Schlüssel aus seiner Jackentasche und tritt gehorsam hinter mich.
    »Hört nicht auf sie! Sie hat den Film gedreht!«, brüllt Johnny.
    Ich lächle in die stumpfen Augen des Mannes. » Er hat den Film gedreht. Er will Petrenko erpressen.«
    Der Typ öffnet die Handschellen und wirft sie mit einer ­Portion Selbstgefälligkeit auf den Tisch. Was ihn anbelangt, ist Johnny nur ein amerikanisches Arschloch, während ich quasi eine Verwandte bin. Überall auf der Welt sind die Menschen ihrem eigenen Volk gegenüber loyal.
    »Was machst du da?«, schreit Johnny hysterisch und springt auf.
    Der adrettere Russe hat alles schweigend verfolgt. Er legt dem kleineren Burschen eine Hand auf den Arm. »Zhadat« , sagt er und sieht mich an. »Wir haben noch nie was von Ihnen gehört. Woher wissen wir, dass Sie zu Jewgeni gehören?«
    Ich setze eine gelassene Miene auf, versuche nicht zu blinzeln. »Er zitiert Solschenizyn. Er hat eine fette blonde Frau, der er gern den Ellbogen rubbelt.« Zwar kaum ein Beweis, aber mein Gehirn ist wie ein angstgetränkter Schwamm, und das legt es mir eben in den Mund.
    Ziegenbart wackelt mit dem Kopf, als hätte er gerade einen guten Witz gehört, aber der Große bleibt unbeeindruckt.
    »Das heißt gar nichts! Sie kennt Petrenko von der Galaxy !« Johnny streckt sich über den Tisch und zieht den Laptop zu sich heran. »Hier. Seht euch das an.« Er klickt ein paarmal und dreht den Bildschirm zu den Russen und mir.
    Das sind meine Aufnahmen. Die Narwale strömen durch die Öffnung der Bucht. Sie sind dunkel, genauso wie das aufgewühlte Wasser. Aber man kann sie immer noch sehen. Und hören. Ihre seltsamen Stimmen, die so sind, als wären sie nicht von dieser Welt, kommen aus den Lautsprechern. Dann ist sehr klar und deutlich meine Stimme sowie die von Martin und Parnell zu hören.
    Der große Typ verpasst mir mit dem Handrücken eine Ohrfeige.
    Johnny kommt um den Tisch und reißt mich vom Stuhl. Er packt
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