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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Autoren: Sue Townsend
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Geschäftsführer war, haben wir praktisch gar nicht gearbeitet. Wir sind um acht gekommen, ich hab Teewasser aufgesetzt, dann hab ich mit den anderen Mädels im Pausenraum rumgealbert, bis die Kunden an die Tür geklopft haben, damit wir sie reinlassen. Manchmal haben wir zum Spaß so getan, als würden wir sie nicht hören, und erst um halb neun aufgemacht. Ja, mit Bernard war es nett. Schade, dass er weg ist. War nicht seine Schuld, dass unsere Filiale keinen Gewinn gemacht hat. Die Kunden sind einfach weggeblieben.«
    Eva schloss die Augen und tat, als würde sie schlafen, aber Julie redete weiter.
    »Mrs. Damson war gerade drei Tage da, als mein Ausschlag wieder anfing.« Sie schob den Ärmel ihres Pullovers über den Ellbogen und hielt Eva den nackten Arm vor die Nase. »Guck mal, überall.«
    Eva sagte: »Ich kann nichts sehen.«
    Julie schob den Ärmel runter. »Es ist schon besser geworden.« Sie stand auf und strich im Schlafzimmer umher. Sie nahm ein Fläschchen Olaz Regenerist, das Hautverjüngung versprach, lachte kurz auf und stellte es auf den Frisiertisch zurück.
    »Du hast einen Nervenzusammenbruch«, sagte sie.
    »Ach ja?«
    »Das ist das erste Symptom – als ich nach Scotts Geburt plemplem war, bin ich fünf Tage im Bett geblieben. Steve musste zu seiner Bohrinsel zurückfliegen. Ich hatte Angst um ihn, weil Hubschrauber immer abstürzen, Eva. Ich hab nichts gegessen, nichts getrunken, mich nicht gewaschen. Ich hab nur geheult und geheult. Ich hätte so gern ein Mädchen gehabt. Ich hatte doch schon vier Jungs.«
    »Dann hattest du allen Grund, deprimiert zu sein.«
    Ohne Eva zu beachten, fuhr Julie fort: »Ich war so sicher. Ich hatte nur rosa Sachen besorgt. Wenn ich ihn aus dem Kinderwagen nahm, sagten die Leute: ›Ist die süß, wie heißt sie denn?‹ Ich sagte Amalia, denn so hätte ich mein kleines Mädchen genannt. Glaubst du, deshalb ist unser Scott schwul?«
    »Er ist erst fünf«, sagte Eva. »Er ist noch viel zu klein, um irgendwas zu sein.«
    »Letzte Woche habe ich ihm ein kleines Porzellan-Teeservice gekauft. Teekanne, Milchkrug, Zuckerschale, zwei Tassen und Untertassen, kleine Miniaturlöffel, sehr hübsch, mit rosa Rosen drauf. Und er hat auch den ganzen Tag damit gespielt – bis Steve nach Hause kam und drüber gestolpert ist.« Sie lachte auf. »Dann hat er geheult und geheult.«
    »Scott?«, fragte Eva.
    »Nein, Steve! Hör doch zu.«
    »Was hat Scott gemacht?«, sagte Eva.
    »Dasselbe, was er immer macht, wenn’s zu Hause Streit gibt. Er setzt sich in meinen Schrank und streichelt meine Kleider.«
    »Ist das nicht ein bisschen …«
    »Ein bisschen was?« sagte Julie.
    »Ein bisschen komisch?«
    »Findest du?«
    Eva nickte.
    Julie platzierte ihren massigen Körper auf Evas Bett. »Ehrlich gesagt, Eva, werde ich mit meinen Söhnen nicht mehr fertig. Es sind keine schlechten Jungs, aber ich weiß nicht, was ich mit ihnen machen soll. Sie sind so laut und grob zueinander. Was sie für einen Krach machen, wenn sie die Treppe hochrennen, wie sie essen und sich um die Fernbedienung streiten, ihre schrecklichen Jungsklamotten, der Zustand ihrer Fingernägel. Ich und Steve überlegen, ob wir noch mal ein Mädchen versuchen sollen, wenn er nächstes Mal Landurlaub hat. Was meinst du?«
    Eva sagte: »Nein, das verbiete ich!«
    Beide Frauen waren überrascht über die Inbrunst in Evas Stimme.
    Eva schaute aus dem Fenster und sah einen Jungen in ihrem Ahornbaum im Vorgarten herumklettern. Sie deutete mit dem Kopf auf den Baum und meinte beiläufig: »Ist das einer von deinen Jungs?«
    Julie sah aus dem Fenster und lief hin, um es zu öffnen. Sie schrie: »Scott! Komm sofort da runter, du brichst dir noch den Hals!«
    Eva sagte: »Er ist ein Junge, Julie. Pack das Teeservice weg.«
    »Tja, vielleicht klappt’s ja doch noch mit einem Mädchen.«
    Als sie die Treppe nach unten ging, dachte Julie: »Ich wünschte, ich läge im Bett.«

6
    Brianne sah auf ihre Uhr. Es war 11.35 Uhr. Sie war seit 5.30 Uhr wach, dank Poppys chronischem Bedarf an Aufmerksamkeit.
    Poppy hing seit fast einer Stunde mit jemandem namens Marcus an Briannes Telefon.
    Brianne dachte: »Sie trägt mein Bettelarmband und benutzt mein Telefon und ich trau mich nicht, sie zu bitten, mir beides zurückzugeben – nein, es zurückzu verlangen.«
    Poppy sprach ins Telefon: »Du willst mir nicht mal mickrige hundert Pfund pumpen? Du bist so ein Geizhals.« Sie schüttelte das Telefon, dann warf sie es auf das schmale
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