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Die Frau am Tor (German Edition)

Die Frau am Tor (German Edition)

Titel: Die Frau am Tor (German Edition)
Autoren: Ben Worthmann
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schmale, niedrige weiße Tür, die er bis dahin übersehen hatte, in der Wand rechts von Haustür, unter dem Treppenaufgang ins Obergeschoss.
    Er zog den Toten über die Schwelle der Küchentür, bis er in der Mitte der Diele lag, und sagte ihr, sie solle ihn nun bei den Füßen nehmen und vorausgehen, während er von hinten den Oberkörper umschlang und ihn ein wenig anhob. Sie zögerte immer noch, und er forderte sie abermals auf.
    “ Nun machen Sie schon!”
    “ Ich...ich kann das nicht.”
    “ Sie müssen.”
    Endlich überwand sie sich. Der Tote war schwer, noch etwas schwerer, als er erwartet hatte, und schon auf halber Höhe der engen Kellertreppe merkte er, wie ihm der Schweiß ausbrach. Die Frau namens Julia Gerlach bat ihn immer wieder um Pausen und stieß kleine verzweifelte Laute aus. Schließlich hatten sie ihn unten, in einem schmalen Gang, von dem mehrere Räume abgingen.
    “ Wo?”, fragte er.
    Sie wies auf die Eisentür am Ende des Ganges.
    “ Holen Sie schon mal den Autoschlüssel, und denken Sie an die Decke”, sagte er. Unterdessen schleppte er den Toten bis zu der Tür, öffnete sie, schleifte ihn hindurch und tastete nach dem Lichtschalter. Schwer atmend lehnte er an der Wand, als sie mit einer grauen Decke zurückkehrte, von der ein muffiger Geruch ausging.
    “ Ist die richtig? Ich habe sie hinten zwischen einigen alten Sachen gefunden”, erklärte sie mit zitternder Stimme und eifrig, so als spiele das eine Rolle.
    Der Wagen war ein silbergrauer Kombi, ein ziemlich neuer Dreier-BMW. Er ließ sie die Heckklappe aufmachen und Platz auf der Ladefläche schaffen, indem sie einiges Zeug, das dort lag, beiseite schob. Er selbst breitete die Decke aus. Dann befahl er ihr erneut, mit anzupacken, und sie wuchteten den Körper hinein und schlugen die Deckenenden über ihn.
    “ So”, sagte er, nachdem er die Heckklappe hinuntergedrückt hatte, “und jetzt müssen wir noch oben saubermachen.”

3.
    “ Und was nun?”, fragte sie eine halbe Stunde später, als er den Wagen aus der Garage setzte und auf die Straße einbog, um schon nach wenigen Metern zu beschleunigen. Sie hatte gar nicht erst Anstalten gemacht, selbst fahren zu wollen und kauerte in ihrem Sitz.
    Obschon es, wie nach den vielen heißen Tagen zuvor, wiederum eine warme Nacht war, hatte sie sich etwas übergezogen, eine kleine Jacke aus Leder, die deutlich zu teuer für diesen Anlass wirkte und knapp saß, was ihre Brust noch voller erschien ließ, als er sie von vorhin in Erinnerung hatte. Er musste ein paarmal dort hinsehen, obwohl er es eigentlich nicht wollte, und auch in ihr mädchenhaftes Gesicht, in dem Anspannung, Angst und Müdigkeit lagen. Sie hatte es sich inzwischen gewaschen, aber auf neues Makeup verzichtet.
    “ Versuchen Sie einfach, sich ein bisschen zu entspannen”, sagte er. Als sie auf der Potsdamer Chaussee waren, der großen Ausfallstraße in Richtung Südwesten, fragte er sie:
    “ Was meinen Sie, hat ihn eigentlich jemand gesehen, als er zu Ihnen kam?”
    “ Wieso, weshalb? Ist das wichtig? Könnte das...irgendwie...gefährlich sein?”, fragte sie erschrocken zurück. Dann überlegte sie kurz. “Nein, ich glaube nicht. Die Nachbarn auf der einen Seite, Burgmüllers, sind gar nicht da, die sind in Urlaub. Und die anderen, die Schöllers, kümmern sich praktisch überhaupt nicht um andere Leute. Aber das tun ja die meisten nicht dort in der Gegend. Wieso wollen Sie das wissen?”
    “ Ach, nur so, schon gut”.
    Wenig später wollte er erneut etwas wissen.
    “ Das Messer – stammte das eigentlich aus solch einem Sortiment, steckte es in einem dieser Blöcke, die man komplett kaufen kann?”
    “ Das Messer, oh Gott”, sagte sie und zuckte zusammen. “Nein, so etwas habe ich nicht. Kein Block. Es hat vorher einfach nur in der Schublade gelegen.”
    “ Das ist gut.”
    “ Aber wieso?”
    “ Vergessen Sie's, denken Sie einfach nicht mehr daran.”
    Die ganze Zeit arbeitete es in seinem Kopf, genau genommen schon seit dem Moment, als er sich erstmals über den Toten gebeugt hatte. Anfangs hatte er vorübergehend erwogen, ihn nach Spandau zu bringen, in der Nähe seiner Adresse. Aber er kannte sich dort nicht aus, wie die meisten Berliner, in deren Augen dieser Bezirk eine Art exterritoriales, nicht wirklich zur Hauptstadt gehörendes Gebiet war; und er wohnte ohnehin erst seit gut drei Jahren in dieser Stadt und war noch längst nicht überall gewesen.
    Am besten würde es sein, in den Grunewald zu
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