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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman
Autoren: Ben Aaronovitch
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Nicholas, »nicht wie Busenfreunde. Schon wegen dem nicht, was sich dann zutrug.«
    Ich fragte ihn, was sich dann zutrug.
    »Na, der zweite, der mörderische Gentleman, der setzt sich eine Mütze auf, schlüpft in eine rote Jacke, zieht einen Stock oder Prügel heraus und schleicht sich so still und leise, wie sich ein Zechpreller davonschleicht, von hinten an den ersten Herrn heran und schlägt ihm säuberlich den Kopf ab.«
    »Sie machen sich wohl über mich lustig«, sagte ich.
    »Nein, aber nein, nicht doch, niemals!«, versicherte Nicholas und bekreuzigte sich. »Ich schwöre es bei meinem eigenen Tod, und das ist der heiligste Eid, den ein Geist ablegen kann! War ein entsetzlicher Anblick, der Kopf flog runter und das Blut sprudelte oben raus.«
    »Was machte der Mörder dann?«
    »Nun, nachdem er sein Geschäft erledigt hatte, machte er sich davon, die New Row runter, schneller als ein Köter hinter einer läufigen Hündin herrennt.«
    Ich dachte kurz nach. New Row führte zur Charing Cross Road hinunter, ideal, um ein Taxi oder einen Minibus oder sogar einen der Nachtbusse zu nehmen. So hätte der Killer innerhalb einer Viertelstunde aus dem Zentrum von London verschwinden können.
    »Aber das war noch nicht das Schlimmste«, fuhr Nicholas jetzt etwas lauter fort. Anscheinend legte er großen Wert darauf, dass man ihm aufmerksam zuhörte. »Der mörderische Gentleman, der hatte was   … Unheimliches.«
    »Unheimlich?«, fragte ich. »Dabei sind Sie doch selber ein Geist.«
    »Nun, ich mag ein Geist sein«, erklärte Nicholas würdevoll, »aber das bedeutet eben auch, dass ich etwas Unheimliches erkenne, wenn ich es sehe.«
    »Und was genau haben Sie gesehen?«
    »Der mörderische Herr wechselte nicht einfach nur Hut und Mantel, sondern auch sein Gesicht«, sagte Nicholas. »Jetzt sagt bloß, das ist nicht unheimlich!«
    Jemand rief meinen Namen. Lesley war mit dem Kaffee zurück.
    Während ich kurz zu ihr hinüberblickte, verschwand Nicholas.
    Ich stand da und starrte wie ein Idiot ins Leere, bis Lesley noch einmal rief: »Willst du nun einen Kaffee oder nicht?«
    Ich trabte über das Kopfsteinpflaster hinüber, wo Lesley, der Engel, mit dem Styroporbecher auf mich wartete. »War irgendwas los, während ich weg war?«, fragte sie. Ich schüttelte stumm den Kopf und nippte an meinem Kaffeebecher. Die Worte
Ich habe gerade mit einem Geist gesprochen, der alles beobachtet hat
kamen mir nicht mal ansatzweise über die Lippen.
     
    Am nächsten Tag wachte ich gegen elf Uhr auf   – viel früher, als ich geplant hatte. Lesley und ich waren um acht Uhr abgelöst worden, waren zum Wohnheim zurückgetrottet und sofort ins Bett gesunken. In getrennte Betten, leider.
    Ein Zimmer im Wohnheim eines Polizeireviers hat einige Vorteile: Es ist billig, nahe am Arbeitsplatz und befindet sich nicht im Haus meiner Eltern. Es hat aber auch ein paar Nachteile: Man muss sich die Unterkunft mit Leuten teilen, deren Fähigkeit zum Zusammenleben mit anderen, normalen Menschen ziemlich schwach entwickelt ist und die gewohnheitsmäßig schwere Schuhe tragen; jeder Schichtwechsel klingt wie eine niedergehende Gerölllawine. Und wenn man den Kühlschrank öffnet, findet man so viele Hinterlassenschaften, dass jeder Mikrobiologe vor Neid grün anlaufen würde.
    Ich blieb noch eine Weile in meinem standardmäßig schmalen Wohnheimbett liegen und starrte das Poster von Estelle an, das ich an der gegenüberliegenden Wand aufgehängt hatte. Ist mir egal, was die Leute sagen, manist doch nie zu alt, um mit dem Anblick einer schönen Frau aufzuwachen.
    Ich lag zehn Minuten lang so da, in der Hoffnung, dass die Erinnerung daran, dass ich mit einem Geist gesprochen hatte, allmählich wie ein Traum verblassen würde. Das geschah aber nicht, deshalb stand ich auf und ging unter die Dusche. Heute war ein wichtiger Tag, und ich musste auf Zack sein.
    Entgegen der verbreiteten Meinung ist die Metropolitan Police von London immer noch eine Organisation der Arbeiterklasse und lehnt als solche jede andeutungsweise Manifestation einer Offizierskaste ab. Das ist der Grund, warum jeder neu ausgebildete Constable ohne Rücksicht auf seinen Bildungsgrad erst mal eine zweijährige Probe- oder Anwärterzeit als gewöhnlicher Streifenpolizist absolvieren muss. Schon deshalb, weil nichts den Charakter besser festigt, als von den Mitbürgern beschimpft, bespuckt oder angekotzt zu werden.
    Gegen Ende der Anwärterzeit beginnt man dann, sich auf eine Stelle in
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