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Die Flotte der Caer

Die Flotte der Caer

Titel: Die Flotte der Caer
Autoren: Horst Hoffmann
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in welcher Lage sich sein Kapitän befand, und riss den Gegner zurück. Schützend stellte er sich vor Yorgst, schlug Caer mit dem Schwert zurück und half dem Kapitän mit der freien Hand auf die Beine.
    Ein neuer schrecklicher Stoß traf die Ranua. Wasser schoss sprudelnd aus den gesplitterten Planken. Der Bug eines Caer- Dreimasters schob sich über die Reling. Einen Moment lang starrte Yorgst in die toten Augen der Galionsfigur. Weitere Caer sprangen auf die Ranua herüber. Yorgst wusste in diesem Moment nicht, was er tat. Die Ranua war verloren. Der Krieger, der ihn eben noch gerettet hatte, starb mit einem Pfeil im Hals.
    Yorgst sah die Bugstange des Caer-Schiffes über sich und zögerte keinen Augenblick. Er sprang in die Höhe, bekam die Seile zu fassen, in denen die Galionsfigur hing. Furchtbarer Schmerz in der linken Schulter drohte ihm die Sinne zu rauben. Er presste die Zähne aufeinander. Seine Finger umklammerten die Seile, und er angelte sich daran hoch. Mit fast übermenschlicher Kraft brachte der Tainnianer die Arme über die Seile. Yorgst achtete nicht auf das, was unter ihm vorging. Immer noch wurde gekämpft, aber die noch lebenden eigenen Krieger waren an den Fingern einer Hand abzuzählen. Yorgst schob auch die Beine über die Seile. In einem letzten Kraftakt arbeitete er sich zu dem Toten vor, der in den Seilen wie in einem Netz lag, und packte ihn mit beiden Armen. Dann wälzte er sich, die Leiche fest umklammert, auf den Rücken und stieß sie ins Meer.
    Er wusste nicht, ob seine Aktion beobachtet worden war. Er lebte. Keine Pfeile schwirrten heran, nur einige verirrte Geschosse prallten gegen den Bug des Caer-Schiffes, der sich regelrecht in den Leib der Ranua fraß.
    Yorgst verlor das Bewusstsein. Anstelle des ins Meer geworfenen Toten hing er als neue Galionsfigur in den Seilen. Sein letzter Gedanke war der, dass er seine Männer nicht verraten hatte, dass er das, was er getan hatte, tun müsste, um eine Chance zu haben, weiterkämpfen zu können, wenn die Ranua in den Fluten versunken war - für Tainnia, für den Herzog, für Elvinon.
    Und doch hätte er keinen größeren Fehler begehen können. Yorgst sollte es schon bald erfahren - dann, als es für eine Umkehr zu spät war.
    Er hatte nur den Bug des Caer-Schiffes gesehen, nicht das Heck mit den Aufbauten und dem Altar. Nicht den schwarzgekleideten Priester, der beschwörend seine Hände in die Luft gestreckt hatte - nach Süden.
    Unter ihm starb der letzte seiner Krieger. Yorgst hätte das Ende der Ranua nicht sehen können, selbst wenn er bei Bewusstsein gewesen wäre. Seine Augen waren nicht offen wie die der toten Galionsfiguren. Und er hörte nicht den Schrei des Caer, der ihn entdeckte.
    *
    Zagend und bebend stand sie da in ihrem weiten roten Gewand aus durchsichtigem Material, am Hals in einem goldenen Bund geschlossen, mit halblangen und weit ausfallenden Ärmeln. Die zierlichen, aber festen schwarzen Sandalen waren schmutzbedeckt wie ihre Knöchel.
    Nyala von Elvinon, die Tochter jenes verbitterten Mannes, der von seinem Turm am Hafen aus mit ansehen mussten, wie sich die Straße der Nebel in ein Meer der Flammen verwandelte; ein Massengrab für ungezählte Krieger von Caer und Elvinon, eine Gruft für ehemals stolze Schiffe. Sie stand im Schatten einer mächtigen Eiche, die allein ihr hier Schutz versprach. Hinter ihr lag unüberschaubares Gelände, kleine Hügel, Sträucher und Bäume. Dort lagen die von den Caer getöteten Männer ihres Vaters.
    Nyala sah sich immer wieder um. Sie konnten überall sein, die Teufel von der Insel. Noch rührte sich nichts. Vor ihr befanden sich die Wasserfälle von Cythor, hinter denen Mythor verschwunden war. Niemand war jemals von hinter den stürzenden Wassern zurückgekehrt. Diejenigen, die wie Nyala vom Hauch des Todes berührt worden waren und kehrtgemacht hatten, bevor sie hinter den Wasserfall gelangen konnten, waren in der Regel dem Wahnsinn verfallen und schließlich erbärmlich dahingesiecht.
    Nyala hatte solche Männer gesehen, den irren Schimmer in ihren Augen, und nur der Gedanke an diese Bedauernswerten hatte sie davon abgehalten, Mythor zu folgen, als sie diesen kalten Hauch verspürte.
    Mythor aber hatte seinen Weg fortgesetzt, den Weg, der ihm vorgezeichnet zu sein schien. Nyalas Überzeugung, in ihm den Sohn des Kometen gefunden zu haben, war noch stärker geworden. Mythor hatte nicht gezaudert. Mit sicheren Schritten war er hinter dem Vorhang des herabstürzenden Wassers
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