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Die Flammende

Die Flammende

Titel: Die Flammende
Autoren: Katharina Kristin; Diestelmeier Cashore
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sie fest und riss ihnen die Klauen aus oder ihre leuchtend bunten Schuppen oder Büschel ihrer Haare oder Federn. Als der Junge zehn Jahre alt war, überraschte Larch ihn eines Tages, als er einem Kaninchen von der Farbe des Himmels den Bauch aufschlitzte.
    Sogar, wie es so blutend, zitternd und mit weit aufgerissenen Augen dalag, fand Larch das Kaninchen schön. Er starrte es an und vergaß, was er von Immiker gewollt hatte. Es war so traurig, zu sehen, wie etwas so Kleinem und Hilflosem, etwas so Schönem zum Spaß Schaden zugefügt wurde. Das Kaninchen begann Geräusche zu machen, ein entsetzliches panisches Quieken, und Larch hörte sich selbst wimmern.
    Immiker warf Larch einen Blick zu. »Es tut ihm nicht weh, Vater.«
    Augenblicklich fühlte Larch sich besser, jetzt, wo er wusste, dass das Monster keine Schmerzen litt. Aber dann stieß das Kaninchen ein ganz leises, verzweifeltes Jaulen aus, und Larch war verwirrt. Er sah seinen Sohn an. Der Junge hielt dem zitternden Wesen einen Dolch, von dem das Blut tropfte, vor die Augen und lächelte seinen Vater an.
    Irgendwo tief unten in Larchs Verstand regte sich ein leiser Verdacht. Larch fiel wieder ein, was er von Immiker gewollt hatte.
    Â»Ich habe eine Idee«, sagte Larch langsam, »was es mit deiner Gabe auf sich haben könnte.«
    Immikers Blick begegnete ruhig und vorsichtig Larchs. »So?«
    Â»Du hast gesagt, die Monster übernehmen mit Hilfe ihrer Schönheit die Kontrolle über meinen Verstand.«
    Immiker senkte den Dolch und sah seinen Vater mit schräg gelegtem Kopf an. Da war etwas Seltsames im Gesichtsausdruck des Jungen. Fassungslosigkeit, dachte Larch, und ein seltsames amüsiertes Lächeln. Als spielte der Junge ein Spiel, das er zu gewinnen gewohnt war, und diesmal hatte er verloren.
    Â»Manchmal glaube ich, dass du die Kontrolle über meinen Verstand übernimmst«, sagte Larch, »mit Hilfe deiner Worte.«
    Immikers Lächeln wurde breiter und dann fing er an zu lachen. Das Gelächter machte Larch so glücklich, dass er ebenfalls zu lachen anfing. Wie sehr er dieses Kind liebte. Die Liebe und das Gelächter perlten aus ihm heraus, und als Immiker auf ihn zukam, breitete er die Arme weit aus. Immiker stieß Larch den Dolch in den Magen. Larch stürzte wie ein Stein zu Boden.
    Immiker beugte sich über seinen Vater. »Du warst wunderbar«, sagte er. »Ich werde deine Hingabe vermissen. Wenn man doch jeden so leicht kontrollieren könnte wie dich. Wenn doch nur alle so dumm wären wie du, Vater.«
    Es war eigenartig zu sterben. Kalt und schwindelerregend wie der Sturz durch die Berge von Monsea. Aber Larch wusste, dass er nicht durch die Berge von Monsea fiel; im Sterben begriff er zum ersten Mal seit Jahren ganz deutlich, wo er war und was mit ihm geschah. Sein letzter Gedanke war, dass es nicht Dummheit gewesen war, die es seinem Sohn erlaubt hatte, ihn so leicht mit Worten zu verzaubern. Es war Liebe gewesen. Larchs Liebe hatte verhindert, dass er Immikers Gabe erkannte, denn schon vor der Geburt des Jungen, als Immiker nicht mehr war als ein Versprechen in Mikras Körper, war Larch bereits verzaubert gewesen.
    Eine Viertelstunde später brannten Larchs Leiche und sein Haus, und Immiker saß auf dem Rücken seines Ponys und bahnte sich einen Weg durch die Höhlen Richtung Norden. Es war befreiend, wieder unterwegs zu sein. Er war seiner Umgebung und seiner Nachbarn in letzter Zeit überdrüssig geworden und er war ruhelos. Bereit für mehr.
    Er beschloss diesen neuen Lebensabschnitt durch eine Änderung seines törichten, sentimentalen Namens einzuläuten. Die Leute dieses Landes hatten eine eigenartige Art, Larchs Namen auszusprechen, und Immiker hatte immer gefallen, wie das klang.
    Er änderte seinen Namen in Leck.
    Ein Jahr verging.

Teil Eins
    Monster

Es überraschte Fire nicht, dass der Mann im Wald auf sie geschossen hatte. Was sie überraschte, war, dass er aus Versehen auf sie geschossen hatte.
    Der Pfeil traf sie mitten in den Arm und schleuderte sie seitlich gegen einen Felsbrocken, was ihr den Atem nahm. Sie stürzte zu Boden, warf ihren Bogen weg und tastete nach dem Messer in ihrem Stiefel. Der Schmerz war so stark, dass sie ihn nicht ignorieren konnte, aber dahinter konzentrierte sie ihren Geist, machte ihn kalt und klar wie einen einzelnen Stern am schwarzen Winterhimmel. Wenn es ein kaltblütiger Mann war, der
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